Brustkrebs Eine Ärztin als Krebspatientin – „Das war schon eine besondere Erfahrung!"
Ich bin gerne Ärztin. Anderen Menschen helfen zu können, macht mich glücklich. Ich glaube an die moderne Medizin, bilde mich regelmäßig fort und verfolge auch andere medizinische Bereiche und Disziplinen. Die Onkologie fand ich immer schon besonders spannend, vor allem die Fortschritte der letzten Jahre in der Therapie beeindruckten mich. Wahrscheinlich war das auch der Grund, dass mich die Diagnose nicht so erschütterte, wie bei Betroffenen, die wenig oder gar nichts über die Krankheit wissen.
Es war eine Ironie des Schicksals
Die Diagnose Brustkrebs erfolgte im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung. Ich freute mich auf das Gespräch mit der Kollegin, denn ich hatte einige Tage zuvor einen interessanten Artikel zum Thema Brustkrebstherapie gelesen. Es ging um neue Methoden beziehungsweise zielgerichtete Wirkstoffe, die einen Tumor effektiver bekämpfen sollen als die konventionelle Chemotherapie. Ironie des Schicksals! Kaum zu glauben, dass ich mich schon wenig später selbst einer Krebstherapie unterziehen sollte. Meinen Vorsorgetermin hatte ich rund zehn Monate zu spät anberaumt: Ich arbeitete viel in meiner Praxis, darüber hinaus fehlte noch krankheitsbedingt eine meiner wichtigsten Mitarbeiterinnen. Der eigene Arztbesuch musste also warten. Peinlich war zudem die Tatsache, dass ich meine Brust offensichtlich nicht gründlich genug abgetastet hatte. Beim Tastbefund stellte meine Frauenärztin nämlich einen Knoten fest. Wenn auch recht tief sitzend, war er letztlich eindeutig zu spüren. Ich kam mir vor wie eine medizinische Anfängerin. Studentin im ersten Semester. Ich merkte, ich lief rot an. Ich wusste aber sofort, dass solche Befunde in meinem Alter selten gutartig sind. Diese Befürchtung bestätigten die nachfolgenden Untersuchungen. Die Diagnose lautete letztendlich Brustkrebs im Stadium II. Nicht so schlimm, die Therapieoptionen waren vielfältig. Ich war vorbereitet und gespannt, was mich in den nächsten Monaten erwarten würde.
Der Onkologe war irritiert
Während mir der Onkologe in einer Hamburger Klinik die Diagnose erläuterte, fing ich an, Therapiemöglichkeiten zu diskutieren und auch sofort zu hinterfragen. Auf diese Weise kam ich also doch noch zu meinem geplanten Fachgespräch. Der Kollege war sichtlich irritiert und sagte mir, dass die finale Therapiestrategie noch gar nicht gefallen sei. Dann ließ er sich aber tatsächlich auf ein Fachgespräch ein. Ich merkte zwar, dass mein angelesenes onkologisches Wissen nur relativ oberflächlich war, dennoch bestätigten sich meine eigenen Prognosen: Die Chancen einer vollständigen Heilung waren gut, auch dank der neuesten zielgerichteten Medikamente. Am folgenden Tag fand die Tumorkonferenz statt. Ich konnte die Ergebnisse kaum erwarten. Nicht, weil ich Angst um meine Zukunft gehabt hätte. Nein, weil ich hoffte, man würde die neuen Wirkstoffe bei mir anwenden. Ich war tatsächlich neugierig, ob diese Medikamente wirklich das schafften, was die Fachzeitschriften so vielversprechend berichteten. Etwas nervös machte mich einzig – das muss ich zugeben – eine noch ausstehende Entscheidung des Chirurgen. Die Frage lautete, ob brusterhaltend operiert werden konnte. Der Tumor befand sich nämlich in einer schlecht zu operierenden Position. Am späten Nachmittag hatten die Experten schließlich den Behandlungsplan aufgestellt. Die gute Nachricht lautete: Meine Brust musste aller Voraussicht nach nicht abgenommen werden.
Freude über die Therapieentscheidung
Ansonsten erhielt ich eine Therapie fast wie erwartet und das freute mich: Auf die Operation sollte eine sogenannte adjuvante Behandlung folgen. Sie dient der Senkung des Rückfallrisikos. Hierzu wählte man aufgrund meines Tumorstadiums eine Chemotherapie kombiniert mit zielgerichteten Antikörpern. Operiert wurde ich gleich am nächsten Tag. Alles verlief nach Plan. Ich erholte mich schnell und schon bald begann die medikamentöse Behandlung. Offen gestanden hatte ich die unterschätzt: Es gab Tage, an denen ich ziemlich durchhing, allerdings nur körperlich. Gleichzeitig wusste ich aber auch: Dies bedeutete, die Medikamente wirkten bei mir. Das machte mich seelisch noch stabiler. Alles in allem verkraftete ich die Behandlungen recht gut. Zwar fielen mir erwartungsgemäß die Haare aus und ich trug vorübergehend eine lästige Perücke, was meiner Eitelkeit zu schulden ist – ansonsten gab es aber keine bösen Überraschungen. Eine Krebstherapie am eigenen Leib durchzumachen, war schon eine besondere Erfahrung.
Diese Aussage mögen einige für sonderbar halten und vielleicht hätte ich bei einem höheren Tumorstadium das Ganze etwas anders betrachtet. Aber die Onkologen so hautnah bei der Arbeit zu erleben, war einfach interessant. Und ich möchte an dieser Stelle allen Betroffenen Mut zusprechen. Denn ich weiß, sie sind in guten Händen.