Gebärmutterhalskrebs Wie fühlt es sich an, wenn plötzlich eine Nachricht alles ändert?
Das ist jetzt ziemlich genau sechs Jahre her. Ich fühlte mich gut, machte regelmäßig Sport und hatte keine körperlichen Beschwerden. Allerdings verspürte ich seit einigen Monaten beim Geschlechtsverkehr ein unangenehmes Ziehen im Unterleib. Anfänglich machte ich mir darüber keine Gedanken. Als es jedoch nicht besser wurde und leichte Schmerzen hinzukamen, suchte ich meine Frauenärztin auf.
Aufgrund meiner geschilderten Symptome führte sie dann diverse Ultraschalluntersuchungen durch und machte Abstriche. Dazu gehörte auch ein sogenannter Pap-Abstrich vom Muttermund, mit dem sich Zellveränderungen erkennen lassen.
Nach sechs Tagen kam dann der Anruf – vormittags um 10:30 Uhr. Ich behandelte gerade einen Patienten mit Nasennebenhöhlen-Problemen. Die Nachricht lautete: Es wurden Krebszellen entdeckt!
Ich war überhaupt nicht vorbereitet
Das traf mich völlig unvorbereitet. Ich ließ allen angemeldeten Patienten an diesem Tag absagen. Ich war fix und fertig. Zwar prognostizierte mir meine Gynäkologin einen vermutlich kleinen Eingriff, aber das beruhigte mich überhaupt nicht. Wenn auch nicht in der Onkologie, war ich dafür schon zu lange im Geschäft. Ich wusste, dass die Folgeuntersuchungen auch ganz andere Prognosen ergeben können.
Ich rief meinen Mann an. Er kam sofort und wir verabredeten, den Kindern nichts zu sagen: Anna war zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt, Nikolas gerade erst 10. Das hätten sie noch nicht verstanden – hätte sie nur unnötig ängstlich gemacht.
Bis zum nächsten Untersuchungstermin recherchierte ich rund um die mögliche Erkrankung. Das war dumm, es machte mich nur unnötig nervöser. Die Voruntersuchungen kamen dann glücklicherweise bereits zwei Tage später. Denn ich wollte nur noch wissen, womit ich es zu tun hatte – möglichst schnell. Die Ungewissheit war zermürbend. Blutabnahme und CT. Nach kurzer Wartezeit, bestätigten sich im Arztgespräch leider meinen Gedanken zum Thema Prognosen.
Die Diagnose: Volle Breitseite!
Von wegen kleiner Eingriff! Die Diagnose lautete nämlich bösartiger Gebärmutterhalskrebs – auch Zervixkarzinom genannt. Operiert werden sollte es mit dem Wertheim-Meigs-Operationsverfahren. Das ist die Standardtherapie bei dieser Krebsart. Hierbei werden vor allem Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke und die Lymphknoten des Beckens entfernt.
Möglichkeiten zur Therapie bei Gebärmutterkrebs
Jedes Jahr erhalten 17.000 Frauen in Deutschland die Diagnose Gebärmutterkrebs, auch Uteruskrebs genannt. Je nach Lage des Tumors unterscheidet man zwei Formen: den Gebärmutterhalskrebs, auch Zervix-Karzinom, und den Gebärmutterkörperkrebs, auch Endometrium-Karzinom genannt. Beide Tumoren gelten als heilbar. Je früher der Krebs diagnostiziert wird, desto besser die Chancen. Eine Möglichkeit zur Früherkennung des Gebärmutterhalskrebses sind regelmäßige Pap-Tests.
Bei Verdacht auf Gebärmutterhalskrebs wird eine Probe vom Muttermund entnommen. Bestätigt sich der Verdacht, wird der Tumor in der Regel operativ entfernt. Danach ist die Therapie meist abgeschlossen! Wurde der Tumor in späteren Stadien entdeckt und ist es möglich, dass der Tumor Absiedelungen gebildet hat, wird eine Bestrahlung oder Radio- Chemotherapie angeschlossen.
Bei Verdacht auf Gebärmutterkörperkrebs wird eine Ausschabung vorgenommen. Dieser Tumor entsteht meist aus Schleimhautzellen, die den Gebärmutterkörper auskleiden. Bestätigt sich der Verdacht, werden in der Regel die Gebärmutter sowie die Eierstöcke entnommen. Auch hier kann sich eine Bestrahlung oder Chemotherapie anschließen.
Als Operations-Folge können Komplikationen wie Blutungen oder eine gestörte Wundheilung auftreten. Die Chemotherapie kann z.B. zu einem meist vorübergehenden Haarverlust führen. Die Bestrahlung kann vorübergehende Problemen mit dem Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen oder eine Scheidentrockenheit verursachen. Pflegemittel können dies deutlich lindern.
Auf die Operation folgen Chemo- und Strahlentherapie. Die volle Breitseite. Von wegen kleiner Eingriff! Irgendwie war ich nun sauer auf meine Frauenärztin. Dabei wollte sie mich ja nur beruhigen – und natürlich ist sie auch nicht gleich vom Schlimmsten ausgegangen. Aber das war es jetzt: schlimm!
Warum ich? Das kann doch nicht sein! Meine Wut stieg weiter an. Das lag vermutlich daran, dass ich niemanden für meine Krankheit verantwortlich machen konnte. Ich versuchte dann aber wieder logisch zu werden und nach vorne zu schauen. Mein Mann half mir dabei. Das war unglaublich wichtig.
Die Gefühle fahren Achterbahn
Vor der OP erzählten wir den Kindern, ich würde eine Woche verreisen – ärztliche Weiterbildung. Das kannten sie schon. Unter einem Vorwand zog meine Schwiegermutter für die Zeit zu uns. Das verschaffte meinem Mann mehr zeitliche Flexibilität. Er wollte schließlich so oft und so lange bei mir sein, wie es ging.
Als unsere Vorbereitungen getroffen waren, fühlte ich mich das erste Mal wieder irgendwie erleichtert. Und mit der Erleichterung kam die Zuversicht: „Ich werde das schaffen. Es kann nicht sein, dass ich meine Kinder alleine lasse. Das kommt nicht in die Tüte“, feuerte ich mich an. Zudem blickte ich zunehmend professioneller auf meine Situation. Schließlich war ich Ärztin. War dies vielleicht anfangs, bei der Diagnose, eher ein psychologischer Hemmschuh, half es mir nun. Ich wusste, welche Fortschritte die Medizin in den letzten Jahrzehnten bei der Krebsbekämpfung gemacht hatte – nämlich große.
Ich wurde wieder stark
Am Tag der Operation war ich dann auch relativ stark. Natürlich hatte ich Respekt und Angst. Aber ich war zuversichtlich: Danach wird es weitergehen. Und so kam es auch. Alles verlief gut. Ich war nach ein paar Tagen schon wieder gut auf den Beinen. Der Chirurg war sehr zufrieden, empfahl mir aber dennoch eine Chemo- und Strahlentherapie – als Vorsichtsmaßnahme. Die Art und Weise, wie er mir dies mitteilte, machte mir ungeheuren Mut. Ich merkte, er war sich recht sicher, dass ich geheilt werde.
Chemo und Bestrahlung empfand ich als harmlos. Ich bereitete mich auf etwaige Nebenwirkungen vor und kam gut zurecht mit der Behandlung. Ich glaube, das lag auch daran, dass ich an nichts mehr zweifelte, dass ich die Behandlung als letzte Phase meiner Krankheit ansah. Wie ich heute weiß, war sie es auch!
Nach fünf Jahren ohne Neuerkrankung gilt man bei dieser Krebsart als geheilt. Meinen Kindern habe ich übrigens von meiner Krankheit direkt nach der Operation erzählt. Noch vor der Chemo. Das war kein Problem, da Mama ja Ärztin ist und ihnen sagte, dass sie auf jeden Fall wieder gesund wird.