Kommunikation Selbsthilfe bei Krebs: Jetzt bitte nicht schweigen!
„Es ist vollkommen normal, dass bei einer solchen Mitteilung quasi das Gehirn aussetzt“, weiß Ralf Rambach, Vorsitzender Vorstand des Hauses der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband e.V. in Bonn. „Die Informationen des behandelnden Onkologen kommen nur unvollkommen an. Der Betroffene muss daher unbedingt ein Folgegespräch führen.“
Krebsselbsthilfe – Bundesverband e.V.
Das Haus der Krebsselbsthilfe – Bundesverband e.V. (HKSH-BV) ist die Dachorganisation von neun Bundesverbänden der Krebsselbsthilfe.
In diesem Gebäude haben diese Verbände ihre Geschäftsstellen. Zusammen vertreten sie rund 75 Prozent aller in der Selbsthilfe organisierten Krebspatienten. Für Krebspatienten auf der Suche nach Information und Hilfe ist es daher eine ideale Anlaufstelle.
Die Homepage lautet http://www.hksh-bonn.de
Ziel ist es fortan, eine reibungslose Kommunikation sicherzustellen, sodass sämtliche Informationen möglichst vollständig empfangen werden. Ralf Rambach erklärt, wie Patienten sich während Ihrer Therapie richtig informieren und worauf sie beim Gespräch achten sollten.
„Gerade in der Anfangsphase ist ein normaler Informationsaustausch mit den Ärzten meist schwierig. Geht es doch um die eigene Gesundheit, um das eigene Leben. Die objektive Wahrnehmungsfähigkeit ist eingeschränkt“, erklärt Ralf Rambach. In den ersten Wochen besteht stets die Gefahr, dass Patienten vor lauter Nervosität wichtige Informationen überhören. Das soll nicht sein, denn so käme es zu Missverständnissen auf beiden Seiten.
Therapieentscheidungen und Handlungsoptionen der Ärzte wären negativ beeinflusst und für die Patienten schwer oder gar nicht mehr nachvollziehbar. Aber genau das darf nicht geschehen!
Nationaler Krebsplan – Schaffung einer umfänglichen Patientenkommunikation
Bereits 2008 hat das Bundesministerium für Gesundheit gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren den Vorteil von informierten Patienten erkannt und entsprechende Maßnahmen im Nationalen Krebsplan niedergeschrieben. Neben der Krebsbekämpfung soll nämlich vor allem auch die Krebsversorgung verbessert werden.
Ein Handlungsfeld ist hierbei die Stärkung der Patientenorientierung:
- Die Qualität und Seriosität der verfügbaren Informationsangebote soll sichergestellt sein.
- Alle in der onkologischen Versorgung tätigen Leistungserbringer sollen über die notwendigen kommunikativen Fähigkeiten im Umgang mit Krebspatienten und ihren Angehörigen verfügen. Diese werden im Rahmen einer Qualitätssicherung laufend überprüft und trainiert.
- Die Patienten werden aktiv in die Entscheidung über medizinische Maßnahmen einbezogen. So werden Patienteninformationen während der Behandlungsphase bereitgestellt. Experten nennen das Verfahren „shared decision making“ – zu Deutsch: geteilte Entscheidungsfindung.
„Experten wissen, dass informierte Patienten die Therapieerfolge positiv beeinflussen können. Sie sollten sich demzufolge stets auf ihre Arztgespräche gut vorbereiten“, rät Ralf Rambach. „Nicht nur für das Erstgespräch empfehle ich zudem eine Begleitung. Das kann der Partner sein oder das Mitglied einer passenden Selbsthilfegruppe, jemand, der sich also mit der Materie bereits auskennt.“ Unbelastete Personen nehmen Informationen in der Regel besser auf und können daher die richtigen Rückfragen stellen oder anregen. Ein gutes Hilfsmittel ist ein vorab erstellter Fragenkatalog. So wird nichts vergessen.
Arztgespräche – besser mit Begleitung
Ein informierter Patient ist in der Lage, gemeinsam mit seinem behandelnden Arzt Entscheidungen zu treffen. Das aktive Einbeziehen in die Entscheidung über medizinische Maßnahmen – wie im Nationalen Krebsplan vorgesehen – funktioniert. Es hilft nicht nur dem Patienten, sondern auch dem Arzt.
Studien belegen, dass aktiv mitwirkende Patienten bessere Heilungschancen haben. „Leider sehen wir auch immer wieder Patienten, die nicht mehr die Kraft aufbringen können und sich scheinbar teilnahmslos ihrer Krankheit ergeben. Es handelt sich oft um ältere Menschen. Gerade sie brauchen eine dauerhafte Begleitung, jemanden, der die wichtigen Kommunikationsaufgaben übernimmt“, empfiehl Ralf Rambach.
Egal ob Angehöriger oder Begleiter, Ziel eines jeden Gespräches ist es, die Ausführungen des Arztes richtig zu verstehen. Gelingt das nicht auf Anhieb, lautet der Experten-Tipp: „Man sollte sich nicht vom weißen Kittel einschüchtern lassen. Nachfragen, solange bis es keine Fragen mehr gibt. Nicht aufgeben, und sämtliche Fachbegriffe und Fremdwörter erklären lassen“.
Falls das alles nicht hilft und wesentliche Fragen offen bleiben, sollten Patienten sich eine Zweitmeinung einholen. Mittlerweile zahlen die Krankenkassen eine solche Beratung. Natürlich muss die Informationsaufnahme und -verarbeitung in Maßen ablaufen. Der Patient ist kein Arzt. Er soll grundsätzlich verstehen, was mit ihm gemacht wird, wie seine Behandlung aussieht und wie sie wirkt. „Versuchen Betroffene übereifrig, zu tief einzusteigen, verrennen sie sich schnell. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und ordnen Dinge falsch ein“, weiß Ralf Rambach und fügt hinzu: „Das ist dann kontraproduktiv.“
So komisch es klingt: Zuviel Wissen kann schaden
Manchmal neigen Betroffene dazu, hektisch und wahllos alle möglichen Informationsquellen anzuzapfen. Allen voran wird das Internet dafür genutzt. „Das ist häufig nicht zielführend und kann sogar ausgesprochen gefährlich werden“, gibt Experte Ralf Rambach zu bedenken. „Denn das Internet zeigt extrem viele unseriöse und falsche Aussagen. Der Grund: Die Informationen dort sind nicht nach Qualität oder Seriosität sortiert, sondern nach uns unbekannten Algorithmen. Dies kann schnell zu Fehlinformationen und damit schwerwiegenden Fehlentscheidungen führen“, so Ralf Rambach weiter.
Deshalb gilt für Patienten auch bei der Information über die eigene Diagnose wie überall im Leben: Das richtige Maß ist wichtig. Der Arzt gibt den Weg vor. Und der gut informierte und aufgeklärte Patient geht den Weg der Therapie mit ihm – sicheren Schrittes.