Selbsthilfe Mit Gleichgesinnten über Lymphome und Leukämien reden
Krebserkrankungen des blutbildenden Systems werden unter dem Begriff Leukämie zusammengefasst. Die Diagnose trifft den Betroffenen meist unerwartet. Nun gilt es, die Erkrankung nicht nur körperlich, sondern auch seelisch zu meistern. „Und genau das ist nicht immer einfach“, weiß Petra Born aus Hannover, erste Vorsitzende der niedersächsischen Selbsthilfegruppe für Lymphome und Leukämien in Hannover. „Steht die Diagnose Leukämie zweifelsfrei fest, informiert der Hämatologe seinen Patienten ausführlich über die Erkrankung und die bevorstehende Therapie – und zwar aus medizinischer Sicht. Doch das greift zu kurz“, betont die Expertin.
Unterschiedlicher Informationsbedarf
Erklärungen rund um Erkrankung und Therapiemöglichkeiten sind für den Betroffenen wichtige Informationen, die der behandelnde Arzt ihm gibt. „Sein Informationsbedarf ist aber weitaus größer und heterogener und kann von der Ärzteschaft meist nicht beantwortet werden. Auch weil viele Fragen erst später, etwa während oder nach der Therapie auftauchen“, sagt Born.
Die dringendsten Fragen sind in der Regel: Ändert sich das Familienleben, und wenn ja, wie? Was muss im Alltag beachtet werden, was kann ich selber noch gegen die Erkrankung tun und wie beeinflusst die Erkrankung die Lebensplanung?
Nützliche Informationen
- Unter www.leukaemie-online.de richtet sich Leukämie-Online e.V. an Betroffene, Angehörige und Interessierte.
- Das Kompetenznetz Leukämie bietet unter www.kompetenznetz-leukaemie.de umfangreiche Informationen für Patienten, Pflegekräfte und Ärzte.
- Die Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe ist der Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen. Unter www.leukaemie-hilfe.de bietet sie umfangreiche Informationen zu allen Leukämieformen. Zudem gibt es Diskussionsforen und Broschüren zum kostenlosen Download.
Trösten allein reicht oft nicht
Hilfreiche Antworten können andere Betroffene geben. Denn sie haben ihre Erfahrungen bereits gemacht. Man findet sie in Selbsthilfegruppen. „Angehörige, Lebenspartner und Freunde können nur bedingt helfen. Sie spenden zu Beginn der Erkrankung wichtigen Trost und stehen hilfreich zur Seite“, so Born. „Aber über einen langen Zeitraum wird es oft schwer.“ Über Erfahrungen und ein Verständnis für alle Sorgen und Nöte verfügen sie per se nicht. Jedoch genau das brauchen viele dann für ihr Seelenheil.
Probleme bewältigen
Selbsthilfegruppen leben vom Erfahrungsaustausch zwischen den Betroffenen. Der Wissensschatz der Teilnehmer ist groß. Jeder kann über seine bisher gemachten Erlebnisse mit der Krankheit offen sprechen, wenn er möchte. „Alltagsprobleme sind oft ähnlich, die Lösungen im Umgang mit ihnen nicht selten unterschiedlich“, erklärt Born und ergänzt: „Eine regelmäßige Teilnahme an den Treffen hilft ungemein bei der Bewältigung von neuen Problemen rund um die Erkrankung.“ Gerade frisch diagnostizierte Patienten profitieren besonders von den erfahrenen Teilnehmern und bekommen so rasch die nötigen Hilfestellungen.
Wissen, was den anderen bedrückt
Der Austausch schafft einen großen praktischen Nutzen: Ob Mithilfe zur Beantragung eines Schwerbehindertenausweises, Tipps zur Reha oder Informationen zu regionalen Veranstaltungen, selten bleiben Fragen unbeantwortet. „Neben dem praktischen Nutzen liefern Selbsthilfegruppen auch seelischen Beistand. Für viele Teilnehmer ist der fast noch wichtiger“, stellt die Expertin fest. „Denn niemand kennt das Seelenleben eines Betroffenen besser als Menschen mit derselben Erkrankung.“ Unter Gleichgesinnten weiß man oft sogar unausgesprochen, was den anderen bedrückt. Und das tut gut.
Zudem gelingt in einer Selbsthilfegruppe der Austausch über Ängste, die man nicht in die Familie geben will, weil Angehörige nicht beunruhigt werden sollen. Hier haben Patienten Zuhörer, die aufgrund eigener Erfahrungen Verständnis haben und beruhigende Antworten geben können. Die Begleitung von Angehörigen und Freunden ist gerade zu Beginn sehr intensiv. Im Laufe der Zeit wird es immer schwerer und es kann zum Rückzug kommen, da für das Umfeld eine gewisse Normalität entsteht und für die Probleme der Patienten das Verständnis abnimmt.
Regelmäßige Treffen
Selbsthilfegruppen treffen sich regelmäßig, meist monatlich zu festen Zeiten. Zu Beginn werden Termine bekannt gegeben, anschließend gibt es eine Vorstellungsrunde. „Das hilft neuen Teilnehmern, denn so erfahren sie, wer mit welcher Erkrankung in der Runde vertreten ist“, sagt Born. Nachfolgend können neue Besucher von ihren bisherigen Erfahrungen berichten und Fragen stellen, die ihnen auf dem Herzen liegen. So entsteht oft ein Austausch, bei dem sich alle Teilnehmer mit ihren persönlichen Erfahrungen einbringen. Ansonsten diskutiert man über das, was gerade bewegt. Oder man hört einfach nur zu.