Selbsthilfe Die Leukämie nicht alleine schultern: Betroffene – gute Ratgeber für den Alltag

Autor: MPL-Redaktion

Wo viel Wissen zusammenkommt, gibt es wichtige Hilfe für Betroffene. © iStock/MicroStockHub

Der Begriff Leukämie, der übersetzt „weißes Blut“ bedeutet, umfasst eine Vielzahl von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems. Sie können sich bezogen auf ihre Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen stark voneinander unterscheiden. Betroffene sind mit ihrer Erkrankung oft überfordert, gibt es doch viele Fragen rund um den Krebs. Selbsthilfe kann eine Lösung bieten.

„Steht die Diagnose Leukämie zweifelsfrei fest, informiert der Hämatologe seinen Patienten ausführlich über die Erkrankung und die bevorstehende Therapie – und zwar aus medizinischer Sicht“, sagt Petra Born aus Hannover. Die Expertin in Sachen Selbsthilfe bei Leukämien ist die erste Vorsitzende der niedersächsischen Selbsthilfegruppe für Lymphome und Leukämien in Hannover.

Großer Infobedarf

Medizinische Fragestellungen, Antworten, Therapieentscheidungen und Hintergründe zur Leukämie sind für den Betroffenen sicherlich wichtige Informationen. Schließlich möchte er wissen, mit was er es zu tun hat. „Daneben gibt es jedoch noch weitere Themen, die aber von den Ärzten meist nicht beantwortet werden können, auch weil viele erst später, etwa während oder nach der Therapie, auftauchen“, weiß Born.

Die dringendsten Fragen sind in der Regel: Ändert sich das Familienleben, und wenn ja, wie? Was muss im Alltag beachtet werden und wie beeinflusst die Erkrankung die Lebensplanung? „Wirklich nützliche Antworten hierauf können andere Betroffene geben. Denn sie haben ihre Erfahrungen bereits gemacht. Man findet sie in Selbsthilfegruppen“, so Born.

Angehörige, Lebenspartner und Freunde können nur bedingt helfen – meist nur trösten, was natürlich auch sehr wichtig ist. Sie stehen zu Beginn der Erkrankung hilfreich zur Seite, aber über einen langen Zeitraum wird diese Rolle schwerer. Denn über Erfahrungen und ein Verständnis für die speziellen Sorgen und Nöte – wie andere Betroffene sie haben – verfügen Angehörige in der Regel nicht.

Nützliche Informationen im Netz

Unter www.leukaemie-online.de richtet sich Leukämie-Online e.V. an Betroffene, Angehörige und Interessierte. Das Kompetenznetz Leukämie bietet unter www.kompetenznetz-leukaemie.de umfangreiche Informationen für Patienten, Pflegekräfte und Ärzte.

Die Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe ist der Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen. Unter www.leukaemie-hilfe.de bietet die Seite umfangreiche Informationen zu allen Leukämieformen. Zudem gibt es Diskussionsforen sowie Broschüren zum kostenlosen Download.

Den Erfahrungsschatz nutzen

Das Prinzip einer Selbsthilfegruppe beruht auf dem Erfahrungsaustausch zwischen den Betroffenen. Der diesbezügliche Wissensschatz der Teilnehmer ist groß. Jeder kann über seine Erlebnisse sprechen, wenn er möchte. „Alltagsprobleme sind oft ähnlich, die Lösungen im Umgang mit ihnen unterschiedlich. Eine Teilnahme an den Treffen hilft bei der Bewältigung von Problemen im Alltag und rund um die Erkrankung“, empfiehlt Born.

Besonders frisch diagnostizierte Patienten profitieren von den Teilnehmern und bekommen so die nötigen Hilfen. „Gerade für Patienten mit chronischen Leukämien sind solche Treffen von Bedeutung. Denn beispielsweise bei einer CLL ist nach der Diagnose nicht unbedingt sofort eine Therapie erforderlich, sondern Patienten werden – entgegen der allgemeinen Erwartung – so spät wie möglich behandelt“, erklärt Born und ergänzt: „Bei einer CML hingegen sind einige Patienten dauerhaft in Therapie, einige können auch Therapiepausen einlegen oder in manchen Fällen kann eine allogene Stammzelltransplantation zur Heilung führen. Allein schon dadurch ergeben sich viele Fragen.“

Im Vordergrund stehen neue Entwicklungen und Therapien. Der Austausch schafft praktischen Nutzen. „Ob Hilfestellung zur Beantragung eines Schwerbehindertenausweises, Tipps zur Reha oder Informationen zu regionalen Veranstaltungen – selten bleiben Fragen unbeantwortet“, berichtet Born.

Es tut einfach gut

Der praktische Nutzen ist eine Facette der Selbsthilfegruppen. Die andere der seelische Beistand. „Dieser ist für viele Teilnehmer fast noch wichtiger“, stellt Born fest. „Die Familie leistet natürlich Beistand so gut es geht. Doch niemand kennt das Seelenleben eines Betroffenen besser als Menschen mit derselben Erkrankung.“

Unter Gleichgesinnten weiß man oft sogar unausgesprochen, was den anderen bedrückt. Und das tut gut. Zudem gelingt in einer Selbsthilfegruppe der Austausch über Ängste, die man nicht in die Familie geben will, weil Angehörige nicht beunruhigt werden sollen. Hier haben Betroffene Zuhörer, die aufgrund von eigenen Erfahrungen Verständnis haben und beruhigende Antworten geben können.

Die Begleitung von Angehörigen und Freunden ist gerade zu Beginn sehr intensiv. Im Laufe der Zeit wird es immer schwerer und es kann zum Rückzug kommen, da für das Umfeld eine gewisse Normalität entsteht und für die Probleme der Patienten das Verständnis fehlt.

Treffen der Selbsthilfegruppe von Pe­tra Born finden monatlich zu festen Zeiten statt. Zu Beginn werden Termine bekanntgegeben, anschließend gibt es eine Vorstellungsrunde. „Das ist für die neuen Teilnehmer wichtig, denn so erfahren sie, wer mit welcher Erkrankung in der Runde vertreten ist“, so die Expertin. Nachfolgend können die neuen Besucher von ihren bisherigen Erfahrungen berichten und Fragen stellen, die ihnen auf dem Herzen liegen. So entsteht oft der Austausch, an dem sich alle Teilnehmer mit ihren persönlichen Erfahrungen einbringen. Ansonsten diskutiert man über das, was gerade bewegt.


Petra Born, erste Vorsitzende der niedersächsischen Selbsthilfegruppe für Lymphome und Leukämien in Hannover © Privat