Lungenkrebs Erfolgreich lernen, mit Lungenkrebs zu leben

Autor: Jonathan Fasel

Ein Hoch auf das Leben: In Selbsthilfegruppen können Betroffene wieder Kraft und Mut schöpfen. © iStock/Moyo Studio; hobo_018

Selbsthilfegruppen stärken Patienten und Angehörige. Bei den Treffen erfahren sie, wie andere Patienten mit der Krankheit zurechtkommen. Und sie erhalten Tipps im Umgang mit Behörden und Krankenkassen. Lesen Sie, warum Selbsthilfe auch für die Ärzte ein wichtiger Baustein der Therapie sein kann.

Die erste Selbsthilfegruppe für Patienten mit Lungenkrebs ist erst im Jahr 2003 und zunächst nur in Berlin aktiv geworden. Lungenkrebspatienten mussten sich, wenn überhaupt, an Selbsthilfegruppen anderer Krebserkrankungen anschließen. „Der Grund dafür ist schlicht und einfach, dass Lungenkrebspatienten nach der Diagnose nur noch kurz lebten oder rasch zu schwach waren, um Selbsthilfegruppen zu gründen und zu führen“, sagt Günter Kranz, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Selbsthilfe Lungenkrebs e.V. in Berlin. „Heute sind die Behandlungsmethoden sehr viel besser, sodass die Patienten sehr viel länger, trotz Lungenkrebs, aktiv bleiben können.“ Inzwischen sind deutschlandweit über 40 Selbsthilfegruppen aktiv.

Schwerer Anfang

„Im Jahr 2007 erkrankte meine Frau an Lungenkrebs“, erzählt Günter Kranz. „Nach überstandener Operation und Bestrahlung wird der Krebs mit einer zielgerichteten Therapie bis heute in Schach gehalten.“ Frau Kranz schließt sich schon kurz nach der Behandlung der Lungenkrebs-Selbsthilfegruppe in Berlin an. „Ich habe rasch gemerkt, wie gut mir die Gespräche mit den anderen Patienten tun“, sagt Frau Kranz. „Ich habe viel über die Krankheit gelernt, mit anderen Patienten gelitten und gelacht und so die Krankheit für mich besser in den Griff bekommen.“

Für Günter Kranz waren die Gespräche zunächst eine sehr große Belastung. Er musste zeitweise pausieren. „Aber nach und nach habe ich gemerkt, wie meine Frau stärker und stärker wurde und den Kampf gegen den Krebs auch emotional aufgenommen hat“, sagt er. „Mir wurde klar, wie wichtig die Selbsthilfe für die Patienten und auch die Angehörigen sein kann.“

Freier Austausch

Die Selbsthilfegruppen für Patienten mit Lungenkrebs haben meist zwischen 5 und 15 Teilnehmer. „Die Gruppenmitglieder wechseln häufiger als bei anderen Selbsthilfegruppen“, betont Günter Kranz. „Zum einen verlassen Patienten die Gruppe, weil es ihnen besser oder gut geht, andere verlassen die Gruppe natürlich auch, weil es ihnen schlechter geht.“

Der rege Austausch von Gedanken, Fragen, Tipps und Tricks steht in den Gruppen immer im Vordergrund. Dabei sind alle Fragen erlaubt und es gibt keine Beschränkungen oder Hemmungen. Ärzte und Betreuer kommen regelmäßig in die Gruppen, um Fragen aus medizinischer Sicht zu beantworten. „Eines ist uns dabei ganz wichtig“, betont Frau Kranz. „Der Spaß darf nicht zu kurz kommen. Wir sind keine Trauergemeinde.“

Wichtige Ratgeber

Aus den über ganz Deutschland verteilten Gruppen werden immer wieder Fragen und Anregungen in die Arbeit des Bundesverbandes aufgenommen. „Das ist ein ganz wichtiger Faktor, der nicht unterschätzt werden darf“, betont Günter Kranz. „Inzwischen werden die Behandlungsleitlinien mit Unterstützung des Verbandes beraten und formuliert. So können alle Patienten von den Erfahrungen und Anregungen anderer Patienten profitieren.“ Dies gilt natürlich auch in umgekehrter Richtung. So können wichtige Informationen des Verbandes rasch und zielgenau an Lungenkrebspatienten in den Gruppen vor Ort weitergegeben werden.

Keine Schuld

Lungenkrebs werde häufig und oft zu Unrecht mit einer schlechten Lebensführung in Verbindung gebracht. „Längst ist nachgewiesen, dass meistens genetische Defekte Auslöser dieser Erkrankung sind, die zum Beispiel durch Rauchen begünstigt werden“, sagt Günter Kranz. „Daher liegt ein wesentlicher Teil der Arbeit der Gruppen und auch des Verbandes darin, den Patienten das Schuldgefühl zu nehmen und in der Gesellschaft den Lungenkrebs und seine gesundheitlichen Folgen zu enttabuisieren.“

Für die Patienten ist dies deshalb so wichtig, weil der Kampf gegen den Krebs nur dann wirklich gut gelingen kann, wenn er frei von Schuldgefühlen geführt wird.

Wo Betroffene Hilfe finden

Lungenkrebs ist mit über 50 000 Neuerkrankungen im Jahr mittlerweile die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Bis zum Jahr 2003 gab es jedoch keine spezielle Selbsthilfegruppe für Lungenkrebsbetroffene. Sie fanden sich in den allgemeinen Krebsgruppen wieder, wo sie jedoch kaum auf Lungenkrebspatienten trafen.

Die Selbsthilfe als sinnvolle und notwendige Ergänzung stärkt die Kompetenz des Patienten, hilft, Ängste abzubauen und die medizinischen Verordnungen besser zu verstehen. Beratende Unterstützung finden die Selbsthilfegruppen bei den sozialen Dienststellen und bei Ärzten der Fachkliniken. Bundesweit sind über 40 Selbsthilfegruppen mit jeweils 4 bis 25 Teilnehmern aktiv. Es existieren mittlerweile in Deutschland zwei eigenständige Vereine sowie zwei eigenständige Landesverbände. Beide Verbände haben sich dem Bundesverband angeschlossen.


Günter Kranz, Vorstandsmitglied des Bundesverbands Selbsthilfe Lungenkrebs e.V. in Berlin © Privat