Bronchialkarzinom Immuntherapie beim Lungenkrebs: Deutliche Verbesserungen
Noch spielt die Chemotherapie eine wichtige Rolle bei der Behandlung des Lungenkarzinoms. Sie ist das Rückgrat in im fortgeschrittenen Stadium, das heißt, wenn Metastasen vorhanden sind und der Tumor gestreut hat. Sie wird zudem neoadjuvant, also vor einer Operation eingesetzt, um den Tumor zu verkleinern. Oder auch adjuvant, nach der OP, um eventuell verbliebene Krebszellen zu zerstören.
Fortschritt durch systemische Therapien
Eine Heilung war bisher ausschließlich mit der Operation möglich. Allein durch die vollständige Entfernung des Tumorgewebes konnte eine vollkommene Genesung erzielt werden. Operieren lassen sich jedoch nur Tumoren in frühen Stadien. „Das ist bei etwa einem Viertel der Diagnosen der Fall“, erklärt Privatdozent Dr. Heiko Golpon. Der Lungenkrebsexperte leitet die pneumologische Onkologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Mehrheit der Patienten ist also auf andere Therapiemethoden angewiesen. Seit einigen Jahren können Onkologen einen Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium zunehmend besser behandeln, nämlich mit modernen systemischen Therapien.
Zielgerichteter Kampf
Die neuen Verfahren sind beispielsweise auf die Biologie des Tumors zugeschnitten, weil die Ärzte sie immer besser verstehen. Spezielle Medikamente, sogenannte Tyrosinkinasehemmer, bekämpfen den Tumor zielgerichtet. Im Gegensatz zur Chemotherapie wirken diese Medikamente spezifisch an den Tumorzellen. So verhindern sie etwa die Zellteilung des Tumors, ohne dass hierbei gesunde, sich schnell teilende Zellen davon betroffen sind. Der Tumor kann dann nicht weiter wachsen und stirbt ab. Neben diesen zielgerichteten Therapien macht die Immuntherapie besonders viel Hoffnung.
Die Immuntherapie ist schon seit dem Jahr 2015 im Einsatz
Die Immuntherapie ist für die Behandlung des Lungenkrebses seit 2015 zugelassen. Zuvor wurde sie bereits bei der Bekämpfung des Hautkrebses erfolgreich eingesetzt. „Anfangs setzten wir die Immuntherapie zur Behandlung von Tumoren im fortgeschrittenen Tumorstadium 4 ein, nachdem die Standard-Chemotherapie keinen Behandlungserfolg mehr brachte“, sagt Dr. Golpon. „Die Ansprechraten waren erfreulich und wir erzielten gute Erfolge.“ Seit 2016 setzen die Onkologen die Immuntherapie auch in der Erstlinientherapie ein, anstelle der bisherigen Chemo- Standardtherapie.
Warum Lungenkrebs oft spät entdeckt wird
Die meisten Patienten kommen schon mit einem weiter fortgeschrittenen Karzinom zum Arzt. Der Grund dafür sind die unspezifischen Symptome. Erst in späten Stadien löst Lungenkrebs Symptome wie blutigen Auswurf, Atemnot und rapiden Gewichtsverlust aus. Anfangs zeigen viele Patienten keine oder nur unspezifische Beschwerden, etwa Husten und Schmerzen in der Brust. Deshalb wird Lungenkrebs oft erst spät entdeckt.
Körpereigenes Immunsystem aktivieren
Bei einer Immuntherapie sorgen spezielle Medikamente dafür, dass das körpereigene Immunsystem die Tumorzellen wieder bekämpft. Normalerweise tut es das auch: Es bekämpft permanent mutierte beziehungsweise entartete Zellen im Körper. In seltenen Ausnahmen versagt es jedoch. Ein Tumor entsteht und kann ungehindert wachsen. „Bei den Medikamenten handelt es sich um Antikörper, die in der Lage sind, das Immunsystem zur Krebsbekämpfung zu aktivieren“, erklärt Dr. Golpon. „Das gelingt insbesondere bei Patienten, bei denen sich ein bestimmter Immunmarker mit der Bezeichnung PDL1 auf den Krebszellen nachweisen lässt.“ Das so aktivierte Immunsystem erkennt den Tumor, greift an und zerstört ihn.
Deutlich verbesserte Prognosen
Die Immuntherapie verbessert die Prognosen von Lungenkrebspatienten in einem fortgeschrittenen Stadium deutlich. Seit einigen Jahren hat die Immuntherapie die Chemotherapie als Erstlinientherapie immer mehr abgelöst, vorausgesetzt, die Mehrzahl der Krebszellen weisen den Immunmarker PDL1 auf ihrer Zelloberfläche auf. „Das ist ein großer Schritt bei der Behandlung des Lungenkrebses“, resümiert Dr. Golpon. Unter einer Immuntherapie können die Experten etwa 20 Prozent dieser Patienten langfristig in eine stabile Krankheitssituation beziehungsweise in ein chronisches Stadium überführen. „Das ermöglicht eine gute Lebensqualität. Noch vor wenigen Jahren standen für eine dauerhafte Stabilisierung der Tumorerkrankung keine adäquaten Therapien zur Verfügung“, sagt Dr. Golpon. Hat eine Chemotherapie in der Erstlinientherapie nicht angeschlagen, kommen nun ebenfalls Immuntherapien zum Einsatz, auch wenn der Immunmarker PDL1 auf den Tumorzellen nur gering oder gar nicht vorhanden ist.
Kombinationen helfen neuerdings
Nach diesen Therapieerfolgen lautet die Frage dann: Wie bekommt man die anderen 80 Prozent der Patienten ebenfalls in ein stabiles, chronisches Tumorstadium? „Dies versuchten wir seit 2019 mit der Kombination einer Immuntherapie mit einer Chemotherapie“, lautet die Antwort von Dr. Golpon. Diese Kombinationstherapie wird den Patienten über einen gewissen Zeitraum verabreicht. Anschließend bekommen sie als Erhaltungstherapie nur noch die Immuntherapie. „Im Rahmen der Erhaltungstherapie gibt es keine Therapiepause. Patienten bekommen alle zwei bis drei Wochen eine Immuntherapie via Infusionen. Nebenwirkungen gibt es selten. So haben 95 Prozent der Patienten keine oder nur ganz geringe Nebenwirkungen“, lautet die gute Nachricht von Dr. Golpon.