Krebs und Ernährung Nahrungsergänzungsmittel – was ist sinnvoll?
Im Verlauf einer Krebserkrankung kann es bei Betroffenen zu einer Unterversorgung mit Vitaminen und Nährstoffen kommen. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Zum einen erschweren Nebenwirkungen einer Therapie oft die Nahrungsaufnahme. „Beschwerden wie Übelkeit oder Erbrechen können rasch zu einer Unterversorgung mit Nährstoffen führen“, weiß Dr. Trappe zu berichten.
„Oder Entzündungen der Mundschleimhäute verursachen Kau- und Schluckbeschwerden, sodass Betroffene einfach weniger essen.“ Ebenso meiden viele Patienten in einem solchen Stadium der Behandlung oft Obst, da die Fruchtsäuren ein Brennen an den entzündeten Stellen verursachen können. Und es kann auch ganz einfach sein, dass die Patienten Obst auch vorher schon nicht ausreichend auf Ihrem Speisezettel hatten.
Patienten, deren Magen-Darm-Trakt durch einen Tumor betroffen ist, haben häufig Verdauungsprobleme – auch hier leidet die Nährstoffaufnahme. Sie resorbieren oftmals viele wichtige Nahrungsbestandteile nicht ausreichend. Besonders häufig wird eine Nährstoffunterversorgung bei Leukämien beobachtet, insbesondere nach einer Stammzelltransplantation.
Was sind Nahrungsergänzungsmittel?
„Nahrungsergänzung ist nicht mit Nahrungsersatz zu verwechseln – sie ergänzt vielmehr die aufgenommene Nahrung“, sagt Dr. Trappe. Nahrungsergänzungsmittel sollen daher nur vorübergehend die notwendigen Nährstoffe zuführen, wenn diese zum Beispiel durch eine eingeschränkte Ernährung nicht in ausreichender Menge vom Körper aufgenommen werden können.
Solche Nahrungsergänzungsmittel werden üblicherweise in lebensmittel-untypischer Form angeboten, etwa als Tabletten, Kapseln, Granulat, Pulver, Drinks und Tropfen. „Manche Patienten glauben, es handele sich um Arzneimittel. Das ist nicht der Fall“, erklärt Dr. Trappe. Es gibt sie als Einzelpräparat, ein Beispiel dafür sind Vitamin-D-Kapseln. Oder als Kombipräparate, die zum Beispiel mehrere Vitamine enthalten.
Was Patienten tun können
„Würden wir uns ausgewogen ernähren, wären Nahrungsergänzungsmittel unnötig. Bei Krebspatienten stellt sich hingegen manchmal die Frage: Was können sie überhaupt noch essen?“, weiß Dr. Trappe. Deshalb sollte eine genaue Nahrungsmittel-Anlayse klären, was der Patient noch essen kann und was nicht. Erst dann sollten Nahrungsergänzungsmittel gezielt eingesetzt werden.
„Das Ganze sollte immer ein Fachmann begleiten. Denn es müssen nicht nur Unterversorgungen ausgeglichen, sondern auch Überdosierungen vermieden werden“, gibt die Ernährungsexpertin zu bedenken. „Und dann gibt es auch noch die Interaktion mit anderen Medikamenten!“ Krebspatienten sollten also so gut es geht auf eine ausgewogene Ernährung achten. Dazu zählen vor allem Obst und Gemüse sowie Milchprodukte, Eier, Fleisch und Fisch.
Je nach Art der Erkrankung kann es aber auch sinnvoll sein, frühzeitig die Vitamin- und Nährstoffspeicher des Körpers aufzufüllen. Patienten bereiten so ihren Organismus und ihr Immunsystem auf eine anstrengende Therapie vor. „Die Faustformel lautet: Je fitter man ist, desto besser steckt man eine anstrengende Therapie weg. Fitness entsteht aber vor allem durch eine ausgewogene Ernährung – und durch angemessene Bewegung“, so Dr. Trappe.
Stellt der Ernährungsexperte eine Unterversorgung fest, kann er gezielt gegensteuern. Dabei fällt es Patienten oft leichter, statt fünf Orangen oder Kiwis eine entsprechende Vitamin-C-Tablette einzunehmen. Dr. Trappe warnt dabei ausdrücklich vor einer übertriebenen Eigeninitiative: „Gerade bei Einzelpräparaten muss auf eine Überdosierung geachtet werden, denn diese sind oft höher dosiert“. Ein erfahrener Arzt sollte daher einen Mangel konkret feststellen und passende Präparate verschreiben. Geeignet sind meist Produkte aus der Apotheke.
Gezielte Unterstützung – während und nach der Therapie
Nahrungsergänzungsmittel lassen sich durchaus therapiebegleitend einsetzen – und zwar so, dass sie Nebenwirkungen lindern. Gelingt das, kann eine Therapie reibungsloser vollzogen werden. Beispielsweise bei Magen-Darm-, Geschmacks- oder Schluck-Problemen können entsprechende Präparate die Nährstoffversorgung sicherstellen. „Der Patient bleibt kräftiger und wird nicht zusätzlich durch eine Unterversorgung geschwächt. Gleichzeitig muss der Onkologe die Therapie nicht umstellen“, erklärt Dr. Trappe.
Nahrungsergänzungsmittel können auch nach der Therapie unterstützen. Also in den Übergangsphasen, wenn es darum geht, wieder stark und ausdauernd zu werden. „Darüber hinaus gilt: Je älter die Patienten sind, desto mehr muss grundsätzlich auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden“.
Viel hilft nicht immer viel
Um nach der Therapie wieder stark zu werden, kommen oftmals Eiweiß-Präparate ins Spiel. Auch hierzu hat Dr. Trappe eine klare Meinung: „Beim Muskelaufbau macht eine eiweißhaltige Ernährung – ob über konventionelle Nahrung oder Nahrungsergänzungsmittel – nur Sinn, wenn man dazu auch ein Muskulatur-Training betreibt. Andernfalls wird das überschüssige Eiweiß nur zu Fett umgewandelt und es könnte langfristig zu Nierenproblemen führen“. Normalerweise sollte eine ausreichende Eiweißversorgung auch ohne Zusatzpräparate gelingen. Ob über Fleisch, Käse oder in flüssiger Form über Milch. „Da sollte für jeden Patienten etwas dabei sein. Eiweiß-Tabletten oder Shakes sind in der Regel nicht notwendig.“
Wichtig: Auf die Wechselwirkungen achten!
Abgeklärt werden müssen immer Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten – gerade während einer Therapie. Monopräparate, die zum Beispiel nur aus einem Vitamin bestehen, sollten während einer Chemo- oder Strahlentherapie ausschließlich nach ärztlicher Rücksprache eingesetzt werden.
Dies gilt insbesondere für Produkte, die hoch dosiert sind und ein Vielfaches der Konzentration enthalten, die sich über normale Ernährung im Körper anreichert. Antioxidantien wie Vitamin C, E oder Beta-Carotin behindern zum Beispiel die Wirkungen einer Chemo- oder Strahlentherapie ganz erheblich.