Hirntumoren Krebs bei Kindern: Mit vereinten Kräften für eine bessere Prognose

Autor: MPL-Redaktion

Wichtig ist die Behandlung des Kindes beim Spezialisten. © iStock/MajaArgakijeva

Etwa 500 Kinder und Jugendliche erhalten in Deutschland jährlich die Diagnose Hirntumor. Ihr Erkrankungsalter liegt zwischen dem ersten und achtzehnten Lebensjahr. Meist beginnt die Tumorerkrankung mit unspezifischen Symptomen. Zu ihnen zählen Erbrechen, Übelkeit oder Kopfschmerzen.

Verstärken sich diese Symptome, greifen die Experten zu einer bildgebenden Diagnostik: Mithilfe einer Magnetresonanztomographie, kurz MRT, machen sie Aufnahmen vom Gehirn. Wie es dann weitergeht und vor allem welche Therapiemöglichkeiten bestehen, erklärte Professor Dr. Stefan Rutkowski, ein Experte für die Behandlung von Kindern mit Hirntumoren. Er ist Direktor der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Wichtig – die genaue Diagnose

„Die MRT-Aufnahmen zeigen uns, ob ein Hirntumor vorliegt. Auch seine Lage und Größe sowie seine Abgrenzung zu Nachbarstrukturen sind sehr gut sichtbar. Zur endgültigen Sicherung der Diagnose benötigen wir in aller Regel eine Gewebeprobe“, sagt Prof. Rutkowski. „Das geschieht mittels einer Biopsie.“

Die histologische Untersuchung zeigt dann die genaue Tumorart. Im Gegensatz zu früheren Verfahren wird das entnommene Tumorgewebe heutzutage auch schockgefroren. „Dies hat den Vorteil, dass wir auch zu einem späteren Zeitpunkt noch unbeschädigtes Gewebe untersuchen können. Wichtig wäre das zum Beispiel für die Nachbehandlungsstrategie“, erklärt Prof. Rutkowski.

Je nach Tumorart, -größe und -lage können weiterführende Untersuchungen notwendig werden. Experten bezeichnen das als Staging. Hierzu gehören zum Beispiel eine Untersuchung des Liquors, also des Nervenwassers, oder ein MRT des Spinalkanals, wenn ein Verdacht auf Metastasen besteht.

Experten entscheiden gemeinsam

Steht die Diagnose fest, erfolgt im Rahmen eines sogenannten Tumorboards die Therapieplanung: Experten aller Fachrichtungen sind daran beteiligt. Nur so kann eine umfassende Beurteilung erfolgen, die zu einer individuellen Behandlungsstrategie führt.

Die Therapie ist stets risikoadaptiert. Das heißt, bei der Planung werden bestimmte Risiko- oder Prognosefaktoren, die die Heilungschancen des Patienten beeinflussen, berücksichtigt. „Wichtig sind Art, Lage, Ausdehnung oder Streuung des Tumors. Auch Alter und Gesundheitszustand des Patienten spielen eine Rolle. Alle Faktoren fließen in die Behandlungsplanung ein, mit dem Ziel, für jeden Patienten das jeweils bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen“, erläutert Prof. Rutkowski die Vorgehensweise.

Behandlung nur in spezialisierten Kliniken

Diagnosestellung und Behandlung sollten immer in einer spezialisierten kinderonkologischen Klinik erfolgen. Dort trifft man auf hoch qualifiziertes Fachpersonal, das mit den modernsten Therapieverfahren vertraut ist. Ärzte stehen in Arbeitsgruppen in ständigem Kontakt und behandeln ihre Patienten nach gemeinsam entwickelten und stetig weiter verbesserten Therapieplänen. Ziel der Behandlung ist eine hohe Heilungsrate bei möglichst geringen Nebenwirkungen und Spätfolgen.

Operation – wenn möglich

Ziel ist es, den Tumor ohne Schädigung der gesunden Strukturen möglichst vollständig zu entfernen. Manchmal lassen sich Tumoren aufgrund ihrer Lage nicht ohne Folgeschäden komplett entnehmen, sodass von vornherein das Belassen eines Resttumors eingeplant oder nur eine Gewebeprobe entnommen wird.

Bei manchen Tumorarten besteht die Behandlung lediglich aus einer Operation zur Entfernung des Tumors. In diesen Fällen wird der Patient nach der Operation im Rahmen von regelmäßigen Kontrollterminen beobachtet. Bei anderen Hirntumorarten muss entschieden werden, ob der Patient nach der Operation zunächst beobachtet werden kann oder ob eine Chemo- oder Strahlentherapie durchgeführt werden muss.

Wichtige, in den letzten Jahren gewonnene neue biologische Erkenntnisse spielen bei der Therapiesteuerung, aber auch in Bezug auf neue Substanzen, sogenannte zielgerichtete Therapien, eine immer größere Rolle.

Behandlung weitestgehend in Studien

In den spezialisierten Behandlungszentren werden Kinder und Jugendliche in der Regel in sogenannten Studien therapiert. Sie haben das Ziel, erkrankte Patienten nach dem aktuellsten Wissensstand zu behandeln und gleichzeitig die Möglichkeiten zu verbessern und weiterzuentwickeln. Register dienen dazu, in den Phasen zwischen zwei Studien die Fortführung der jeweils optimalen Behandlung zu gewährleisten.

Das Behandlungsnetzwerk für Kinder mit Hirntumoren, HIT, verknüpft dabei klinische Studien, Referenzzentren und Begleitforschungsprojekte miteinander. Das HIT stellt auf diese Weise sicher, dass neu gewonnene Erkenntnisse allen Kliniken unverzüglich zugängig gemacht werden. Seit über zehn Jahren wird dieses Projekt von der Deutschen Kinderkrebsstiftung gefördert. Mit Erfolg, denn die Prognosen für Kinder mit Hirntumoren verbessern sich stetig. Zurzeit liegen die Heilungsraten in Deutschland bei über 60 Prozent.


Prof. Dr. Stefan Rutkowski, Direktor Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf © Privat