CML Eine gut zu behandelnde Leukämie

Autor: Jonathan Fasel

Normales Blut (links) weist ein definiertes Gleichgewicht von Blutbestandteilen auf, wohingegen bei einer Leukämie (Rechts) eine Entartung des Knochenmarks vorliegt, die zur Vermehrung weißer Blutkörperchen führt. © iStock/newannyart

Sie ist eine seltene Bluterkrankung. In Deutschland erkranken ein bis zwei Erwachsene pro 100.000 Einwohner und Jahr. Bei der chronischen myeloischen Leukämie, kurz CML, handelt es sich um eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks. Dank neuer Medikamente dürfen Betroffene heute von einem weitgehend beschwerdefreien Leben ausgehen. Voraussetzung dafür ist die Mitarbeit der Patienten.

Die CML ist eine Entartung der Knochenmarkstammzelle, die eine unkontrollierte Vermehrung bestimmter Untergruppen weißer Blutkörperchen, den sogenannten Leukozyten, bewirkt. Unbehandelt führt die anfangs schleichende Erkrankung zu einer schneller verlaufenden Form.

Die Diagnose erfolgt anhand von Blutuntersuchungen. Zusätzlich empfehlen Experten eine Knochenmarkuntersuchung. „Sie liefert weitere wichtige Informationen, denn im Knochenmark können Chromosomen-Veränderungen entdeckt werden. Diese sind entscheidend für die Prognose“, sagt Professor Dr. Martin C. Müller, Mannheim.

Der Experte ist Facharzt für Innere Medizin mit Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie. Er verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Behandlung von CML-Patienten und leitet neben seiner Tätigkeit in einer Hämatologie-Praxis zurzeit ein Labor, in welchem unter anderem die Blutproben von CML-Patienten verlaufskontrolliert werden.

Nebenwirkungen stets anzeigen

Bei der Therapie kommen sogenannte zielgerichtete Medikamente zum Einsatz, die die CML sehr wirkungsvoll bekämpfen. Die Medikamente können Nebenwirkungen hervorrufen. Dazu gehören Wassereinlagerungen, Übelkeit, Durchfälle, Kopf- oder Bauchschmerzen. „Wir bekommen etwaige Nebenwirkungen in der Regel gut in den Griff. Betroffene dürfen aber keinesfalls den Fehler machen, die Medikamente selbstständig zu reduzieren“, mahnt Prof. Dr. Müller und ergänzt: „Diese müssen dem behandelnden Arzt stets angezeigt werden. Der verändert dann gegebenenfalls die Therapie und verschreibt andere Medikamente.“

Wichtig: die exakte Einnahme

Grundsätzlich gilt, Patienten sollten sich immer genau an die Therapievorgaben ihrer Ärzte halten. „Besonders wichtig ist die Einhaltung der exakten Dosierung der Medikamente. Bereits zehn Prozent weniger Tabletten können zu einem völligen Versagen der Therapie führen“, betont Prof. Dr. Müller. Auch sind die Rahmenbedingungen der Einnahme genau zu beachten, wie etwa der zeitliche Abstand zu den Mahlzeiten. Zudem sollten Patienten ihre Therapie anderen behandelnden Ärzten anzeigen, damit keine unerwünschten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auftreten, beispielsweise Blutdrucksenkern.

Jüngste Studien zeigen, Patienten sind besonders verordnungstreu, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen müssen die Nebenwirkungen vom behandelnden Arzt sehr ernst genommen und entsprechend behandelt werden. Haben die Patienten ihre Nebenwirkungen nämlich im Griff, kommen sie nicht in Versuchung, etwas an der Therapie eigenständig zu ändern.

Des Weiteren muss der behandelnde Arzt möglichst gut erreichbar sein. Sollten sich Rückfragen zur Therapie ergeben, brauchen Patienten schnelle Antworten. Zudem sollten Patienten umfassend über die CML informiert sein. Hierbei spielt die Therapie eine zentrale Rolle. „Die Studien beweisen: Sind sämtliche Voraussetzungen erfüllt, ist die Verordnungstreue gleich doppelt so hoch“, berichtet Prof. Müller.

Nützliche Informationen zur CML

Nützliche Informationen rund um die CML liefert das Kompetenznetz Leukämien unter:
http://www.kompetenznetz-leukaemie.de

Empfehlenswert ist zudem die Homepage
http://www.leukaemie-online.de/
Patienten können sich dort mit anderen Betroffenen über ihre Erkrankung austauschen.

Tägliche Tabletten notwendig

Die zielgerichteten Medikamente greifen in die Si­gnalwege des Tumorstoffwechsels ein und halten so das Tumorwachstum auf. Fachsprachlich werden sie als Tyrosinkinase-Hemmer bezeichnet. Patienten nehmen sie in Tablettenform ein. In Deutschland sind zurzeit vier Hemmer für die Erstlinien-Therapie zugelassen. Die Einnahme erfolgt täglich. „Das ist die beste Möglichkeit, die Erkrankung zu kontrollieren“, betont Prof. Müller und fügt hinzu: „Kontrolle ist nicht mit Heilung gleichzusetzen. Wobei wir immer zuversichtlicher werden, dass auch die Heilungsraten weiter steigen.“

Mediziner sehen eine CML als geheilt an, wenn sie selbst mit den empfindlichsten Messmethoden nicht mehr nachweisbar ist und der Patient keine Therapie mehr braucht – wohlwissend, dass meist noch vereinzelte bösartige Zellen im Körper vorhanden sind. Diese werden aber mit dem körpereigenen Immunsystem im Griff gehalten beziehungsweise bekämpft.

Normale Lebenserwartung für die Patienten

Ist die CML nicht mehr nachweisbar, können die Medikamente unter Umständen abgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist eine engmaschige Kontrolle. „Wir wissen, dass wir mit der neuen Generation von Tyrosinkinase-Hemmern noch schnellere und noch höhere Heilungsraten erreichen“, berichtet Prof. Müller.

Wichtig bei jeglichem Absetzen von Tyrosinkinase-Hemmern ist, dass für circa ein Jahr alle vier Wochen eine Verlaufsmessung im Blut erfolgt anstatt des sonst üblichen Drei-Monats-Intervalls. Sollte die Tumorlast, also die Zahl der bösartigen Zellen, wieder zu hoch ansteigen, muss das Medikament wieder angesetzt werden, um den Patienten nicht in eine gefährliche Situation zu bringen.

Gelingt die Heilung nicht, müssen sich Patienten nicht gleich Sorgen machen. Denn der Begriff Heilungsrate ist bei dieser Krebserkrankung nicht gleichzusetzen mit Überlebensrate. „Im Gegenteil, die Lebenserwartung von CML-Patienten kann als eine normale betrachtet werden. Sie müssen dann nur die Therapie fortsetzen beziehungsweise die Medikamente weiter einnehmen“, lautet die ermunternde Botschaft von Prof. Müller.


Prof. Dr. Martin C. Müller, Facharzt für Innere Medizin, Spezialisierung auf Hämatologie und Onkologie, Mannheim © Privat