Ziele besser erkennen Prostatakrebs: Was der Radiologe sehen kann

Autor: Perspektive LEBEN

Das MRT liefert zusätzliche Informationen zum Prostatakrebs. © iStock/skynesher

Die häufigste Krebsart beim Mann betrifft die Vorsteherdrüse. Lesen Sie, wie dank der Untersuchungen mit dem Kernspintomographen die Therapieentscheidungen immer besser und sicherer werden.

In Deutschland wird pro Jahr bei etwa 70.000 Männern ein Prostatakrebs diagnostiziert. Woher der Krebs kommt, was ihn auslöst und wie er sich entwickelt, ist noch weitgehend unbekannt. Klar ist, dass der Prostatakrebs ab etwa dem 55. Lebensjahr gehäuft auftritt und die meisten Diagnosen bei 70-Jährigen gestellt werden.

Die Blutuntersuchung

Bei Prostatakrebs treten Beschwerden meist erst spät auf. Deswegen sind Vorsorgeuntersuchungen wichtig. Zur Vorsorge und Diagnose von Prostatakrebs wird der Arzt den Patienten zunächst nach möglichen Beschwerden befragen. Im Anschluss wird eine Tastuntersuchung über den Enddarm mit dem Zeigefinger durchgeführt.

Mediziner nennen diese Untersuchung digital-rektale Untersuchung (DRU). Diese Untersuchung ist die älteste Technik, Prostatatumoren zu entdecken. Sie ist aber auch die Technik, die die geringste Empfindlichkeit hat. Der Arzt kann nämlich nur den hinteren Teil und nur die Oberfläche der Prostata erreichen. Im Anschluss daran wird die Prostata mit dem Ultraschall untersucht.

Im nächsten Schritt wird im Blut nach einem speziellen Eiweiß gesucht, das für Erkrankungen der Prostata typisch ist. Verdichten sich dabei die Hinweise auf einen Prostatakrebs, muss die Diagnose mit weiteren Untersuchungen abgesichert werden. Dabei werden mehrere Fragestellungen abgeklopft. Zum einen muss untersucht werden, ob der Tumor bösartig ist und wenn ja, wie aggressiv er ist. Zum anderen muss untersucht werden, wie weit der Tumor fortgeschritten ist.

Die Gewebeproben geben wichtige Fakten

Dazu werden aus der Prostata Gewebeproben entnommen und in der Pathologie untersucht. „Was so einfach klingt, ist in der Praxis oft kompliziert“, sagt Dr. Klaus Aicher, Facharzt für Radiologie in Tübingen. „Um den Tumor richtig zu beurteilen, muss nämlich möglichst aus dem Bereich der Prostata Gewebe entnommen werden, in dem der Tumor am aggressivsten ist.“ Um möglichst sicherzugehen, dass mindestens einmal der aggressivste Bereich getroffen wird, werden daher meist zwölf Gewebeproben bei einer Prostatauntersuchung entnommen.

„Das ist deshalb so wichtig, weil von der Einstufung des Tumors, das weitere Vorgehen ganz entscheidend abhängt“, betont Dr. Aicher. „Wird der Tumor ungefährlicher eingeschätzt, als er tatsächlich ist, kann unter Umständen wertvolle Zeit ungenutzt verstreichen. Wird er auf der anderen Seite zu aggressiv eingeschätzt, können zu radikale Behandlungen die Folge sein.“

Die Bildgebung hilft bei der Suche

Mithilfe der Bildgebung versuchen Radiologen, genau die Bereiche der Prostata zu finden, in denen wahrscheinlich die aggressivsten Krebsnester sind. Von bildgebenden Untersuchungsmethoden sprechen Mediziner immer dann, wenn Befunde als Bilder dargestellt werden. Typische bildgebende Verfahren sind der Ultraschall, das Röntgen und das Kernspin- beziehungsweise Magnetresonanztomogramm (MRT). Mithilfe von Computerprogrammen, den sogenannten Bildrekonstruktionsprogrammen, gelingt es inzwischen, auch detaillierte räumliche Darstellungen von Organen und Strukturen des Körpers abzubilden.

Blick in den Körper mithilfe von Atomen: die Funktion der Kernspin-Tomographie

Die Kernspin-Tomographie arbeitet im Gegensatz zur Röntgenuntersuchung nicht mit Röntgenstrahlen, sondern mit sehr starken, konstanten Magnetfeldern und Radiowellen. Die Methode beruht auf dem physikalischen Prinzip, dass bestimmte Atomkerne über einen Eigendrehimpuls, einen Spin, verfügen. Sie werden dadurch zu winzigen Magneten. Der für die Messung beste Atomkern ist das Wasserstoffatom. Daher liefert das MRT vor allem von wasserhaltigen Geweben genaue und differenzierte Darstellungen.

„Daher gewinnt das MRT bei der Diagnose und während der Behandlung des Prostatakrebses zunehmend an Bedeutung“, betont Dr. Aicher. „Klinische Studien belegen nämlich inzwischen eindeutig, dass das MRT entscheidende und zusätzliche Vorteile bei der Diagnose, Behandlungsplanung und Prognose für die Patienten bringt.“

Der Ablauf der Untersuchung

Die Untersuchung der Prostata mit einem MRT dauert ungefähr 20 bis maximal 40 Minuten. „Der Patient liegt ganz normal auf dem Rücken“, sagt Dr. Aicher. „Bildstörungen, die von der Blase und vom Darm ausgehen können, können die Untersuchung und die Ergebnisse verfälschen. Daher sollte zum einen die Blase geleert sein. Zum anderen müssen die Darmbewegungen mit einem entsprechenden Medikament reduziert werden.“ Zusätzlich gilt, dass mindestens zwei Stunden vor der Untersuchung nichts gegessen werden soll.

Während der Untersuchung wird zusätzlich ein gut verträgliches Kontrastmittel in die Armvene verabreicht. Damit kann der Arzt erkennen, wie das Blut die Prostata und ihre Umgebung durchströmt. Während der Untersuchung entstehen im MRT sehr laute Geräusche. Daher müssen Patienten während der Untersuchung einen Schallschutz tragen.

Der Nutzen

Das MRT hat drei Ziele: Sie zielen alle darauf ab, den Tumor besser beurteilen zu können und damit die notwendige Therapie zu optimieren. Erstens wird die räumliche Ausdehnung des Tumors besser sichtbar. Zweitens können die aggressivsten Krebsnester für die Gewebeprobe besser identifiziert werden. Drittens kann die Ausbreitung des Tumors auch außerhalb der Prostata untersucht werden.

Damit sichert das Zusammenspiel von klassischer und bildgebender Diagnostik bei Prostatakrebs die Diagnosen, die Behandlungsplanung und Prognose weiter ab. „Wir liefern mit der MRT-Untersuchung bei Prostatakrebs für die Urologen wichtige zusätzliche Informationen zur weiteren Vorgehensweise“, sagt Dr. Aicher, „egal, ob der Krebs am Ende aktiv überwacht wird oder mit einer Operation und mit speziellen Medikamenten oder Strahlentherapie behandelt wird.“


Dr. Klaus Aicher, Facharzt für Radiologie Tübingen © Tina Krepela 2017