Prostatakrebs Operation, Bestrahlung oder aktive Überwachung? Was ist die richtige Therapie?

Autor: MPL-Redaktion

Gerade bei der Behandlung von Prostatatumoren sollten Patienten auf ihr eigenes Gefühl hören! © iStock/RapidEye

Bei kaum einem anderen Krebs haben die Patienten so viel Zeit, die beste Therapie zu finden wie bei dem Prostatakrebs. Es gibt verschiedene Möglichkeiten wie der Krebs behandelt wird – und auch die Männer als Betroffene selbst können etwas tun, um die richtige Methode für sich und ihre Erkrankung zu finden.

Die Prostata ist ein Teil des männlichen Geschlechtsorgans. Unterhalb der Blase sorgt sie dafür, dass die Samenzellen beim Orgasmus nach außen ausgestoßen werden. Zudem produziert die Prostata die Flüssigkeit, in der die Samen nach außen transportiert und mit Nähstoffen versorgt werden.

Die Vorsteherdrüse – und was sie macht

Der Begriff Prostata stammt aus dem altgriechischen Wort für „das Vorstehende“. Deshalb wird sie im Deutschen auch als Vorsteherdrüse bezeichnet. Die Drüse gehört zu den Geschlechtsdrüsen. Sie produziert einen wichtigen Teil des Spermas. Die Prostata liegt beim Menschen unterhalb der Harnblase und umkleidet den Beginn der Harnröhre. Sie hat beim Menschen die Größe und die Form einer Kastanie. An die Rückseite der Prostata grenzt der Mastdarm. Deshalb kann der Arzt sie vom Enddarm aus mit den Fingern ertasten.

Die Drüsen-Gänge der Prostata führen in die Harnröhre. Sie besteht aus bis zu 50 einzelnen Drüsen. Diese produzieren ein Sekret, das bei der Ejakulation in die Harnröhre abgegeben wird und sich dort mit den Sper­mien vermischt. Das Sekret macht beim Menschen etwa ein Drittel der ausgestoßenen Samenflüssigkeit aus. Die Funktionen des Prostatasekrets sind vielfältig: Es erhöht die Überlebenschancen der Spermien und macht sie zugleich beweglicher. Zudem produziert sie das prostataspezifische Antigen (PSA), das mithilfe bestimmter Eiweiße das Ejakulat dünnflüssiger macht.

Das Besondere ist, dass die Prostata die Harnröhre vollständig umschließt. Normalerweise ist diese Drüse so groß wie eine Kastanie – ein junger Mann muss ihr eigentlich keine besondere Aufmerksamkeit schenken. Aber ab einem Alter von ungefähr 50 Jahren kann sich die Prostata melden: Sie vergrößert sich und engt die Harnröhre ein. Betroffene klagen dann über Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Entzündungen der Blase oder häufigen Harndrang – besonders in der Nacht.

Eine gutartige Vergrößerung – oder doch ein bösartiger Tumor?

Ungefähr die Hälfte aller Männer über 50 Jahre haben eine vergrößerte Prostata; es handelt sich dabei um die altersbedingte gutartige Prostatavergrößerung. Ein bösartiger Tumor (Prostatakrebs) ist unabhängig davon; er kann in einer vergrößerten, aber auch in einer normal großen Prostata entstehen.

Pro Jahr wird ein Prostatakrebs bei etwa 63.000 Männern in Deutschland diagnostiziert. „Damit ist der Prostatakrebs mit Abstand die häufigste Krebserkrankung bei Männern“, sagt Professor Dr. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Kiel. „Aber es gilt auch, dass von den betroffenen Patienten etwa 90 Prozent an anderen Erkrankungen versterben.“

Eines ist klar: Nichts tun gilt nicht

Wird Krebs in der Prostata festgestellt, gilt es zu entscheiden, was zu tun ist. „Da der Prostatakrebs oft nur langsam wächst, haben die Patienten meist Zeit für die Entscheidung, was zu tun ist“, betont Prof. Dunst. „Und man muss berücksichtigen, dass viele Patienten neben dem Prostatakrebs auch andere Erkrankungen haben, z.B. Herz-, Nieren- oder Lungenkrankheiten.“

Oft belasten diese Begleiterkrankungen den Patienten viel mehr und die Behandlung des Prostatakrebses tritt daher in den Hintergrund. Experten sprechen von „konkurrierenden Risiken“; man muss prüfen, wie wichtig und gefährlich die verschiedenen Erkrankungen sind.

Grundsätzlich stehen den Patienten vier Alternativen zur Verfügung:

Erstens:
Die aktive Überwachung. Wenn der Krebs noch nicht zu groß und nicht sehr aggressiv ist, kann die aktive Überwachung angewendet werden. Dabei wird der Krebs mit regelmäßigen Ultraschall-, Blut- und Gewebeuntersuchungen engmaschig überwacht. Wächst er nicht, wird weiter überwacht.

Nur wenn er schneller wächst als erwartet, muss behandelt werden. „Weil die Untersuchungsmethoden in den letzten Jahren zuverlässiger geworden sind, können wir die aktive Überwachung immer häufiger einsetzen“, sagt Professor Dunst. „Diese erhält die Lebensqualität des Patienten am besten.“

Zweitens:
Die Operation. Bei der Operation wird die Prostata vollständig herausoperiert. Je nach Operationsmethode, Ausbreitung des Tumors, Allgemeinzustand und vielen weiteren Faktoren können die Kontinenz der Blase (Fähigkeit, den Urin zu halten) und Potenz nach der Operation beeinträchtigt sein oder auch verloren gehen. Die Heilungschancen sind bei dieser Methode hoch.

So läuft eine Operation

Je nachdem, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist, kann die Prostata in einer Operation vollständig entfernt werden. Das geschieht entweder durch einen Bauchschnitt oder durch eine minimalinvasive Operation. Fachleute sprechen bei der Entfernung von einer radikalen Prostatektomie. Diese gilt seit vielen Jahrzehnten als eine sehr gute Behandlung dieser Krebsart.

Die Ergebnisse: Wenn der Tumor auf die Prostata begrenzt ist, können so immerhin 95 Prozent aller Patienten geheilt werden. Im ersten Operationsschritt werden meist die Lymphknoten im Umfeld der Prostata entfernt. Im Anschluss werden die Prostata und Samenblasen entfernt. Dabei legen die Operateure einen Katheter in die Blase und Harnröhre. Er sorgt für den normalen Harnfluss und sichert die Heilung der neuen Verbindung.

Besonderes Augenmerk legen die Chirurgen auf die Nervenstränge. Können diese vollständig erhalten werden, sind die Patienten meist rasch wieder fast so kontinent wie vor der Operation. Viele der Prostata-Patienten sind nach einer gewissen Zeit auch wieder potent.

Drittens:
Die Bestrahlung von innen (Brachytherapie). Bei der Brachytherapie werden reiskorngroße radioaktive Strahler („Seeds“) mit einer kleinen Operation in die Prostata eingesetzt. Diese Seeds bestrahlen die Prostata langsam über ein Jahr und bekämpfen dadurch den Krebs. Das Verfahren gilt als sehr effektiv mit hohen Heilungschancen und ist gleichzeitig auch schonend. Allerdings kommt es wegen der „langsamen Bestrahlung“ nur für langsam wachsende Tumoren infrage.

Viertens:
Die Bestrahlung von außen („externe Strahlentherapie“ mit einem Linearbeschleuniger). Bei dieser Methode wird die Prostata zielgenau von außen bestrahlt, um den Krebs zu bekämpfen. „Derzeit werden die Patienten meist über mehrere Wochen, mit vielen einzelnen sehr geringen Strahlendosen behandelt“, erläutert Prof. Dunst. „Neuste Untersuchungen zeigen jedoch, dass auch mit wenigen, hochdosierten Behandlungen sehr gute Erfolge erzielt werden können.“ Daher versucht man, besonders präzise Bestrahlungstechniken einzusetzen und die gesamte Behandlung auf wenige (z.B. fünf) Termine zu beschränken; diese Radiochirurgie wird aktuell in Studien unter Aufsicht des Bundesamts für Strahlenschutz erprobt.

Was zu tun ist

„Auf jeden Fall sollten Patienten ein Prostata-Zentrum aufsuchen“, rät Prof. Dunst. „Hier ist gewährleistet, dass ein interdisziplinäres Team aus Urologen, Radioonkologen und weiteren Fachärzten die Erkrankung beurteilt und Empfehlungen ausspricht.“ Derzeit wird in der „Prefere – die deutsche Prostata-Studie “ untersucht, ob alle vier Behandlungsmethoden gleichwertig sind.


Professor Dr. Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie an der Universität Kiel © Privat