Lymphome Hodgkin oder Non-Hodgkin? – Wenn das lymphatische System entgleist

Autor: MPL-Redaktion

Bei niedrig malignen Lymphomen gibt es gute Behandlungsmöglichkeiten. © aletia2011 – stock.adobe.com

Tumoren des Lymphgewebes werden als maligne, also bösartige, Lymphome bezeichnet. Hier gibt es zwei Gruppen: Die Hodgkin-Lymphome und die Non-Hodgkin-Lymphome. Die Hodgkin-Lymphome kommen relativ selten vor, während an einem Non-Hodgkin-Lymphom von 100.000 Deutschen pro Jahr circa 20 erkranken. Das durchschnittliche Erkrankungsalter in dieser Gruppe liegt bei 60 Jahren.

Über die Therapie der unterschiedlichen Krebsarten sprach Perspektive LEBEN mit Professor Dr. Martin Dreyling, Oberarzt an der Medizinischen Klinik III am Klinikum der Universität München. Er ist Spezialist für die Behandlung von bösartigen Lymphomen. Er stellt als Grundlage jeder Therapie fest: Bei der Therapie müssen die Onkologen zwischen zwei Arten von B-Zell-Lymphomen unterscheiden.

Es gibt die niedrig malignen Lymphome – also solche Tumore, die nicht so bösartig sind, keine Neigung zu Metastasen zeigen und sich nur langsam entwickeln. „Bei dieser Krebsart handelt es sich eher um eine Art chronische Erkrankung“, sagt Prof. Dreyling. „Das heißt, die Lymphknoten sind gegebenenfalls für einige Monate bis Jahre konstant vergrößert und können sogar vorübergehend wieder kleiner werden. Betroffene haben häufig keine nennenswerten Beschwerden.“

Aufbau eines Lymphknotens

Eine Kapsel umgibt jeden einzelnen Lymphknoten. Von der Hülle aus zieht Bindegewebe in den Lymphknoten hinein. Das Gewebe im Inneren besteht aus sogenannten Retikulumzellen. Sie bilden eine Art Netzwerk mit Hohlräumen. Das Gewebe des Lymphknotens ist in drei Zonen gegliedert: In der Rinde sorgen die Lymphknötchen für die Vermehrung der B-Lymphozyten. Im sogenannten Mark ist das Netz-Gewebe in Strängen gelagert. Zwischen Rinde und Mark liegt eine Übergangszone. Dort wachsen die T-Lymphozyten heran.

Niedrig maligne Lymphome: gute zweite Behandlungschance

Eine Behandlung muss bei diesen Symptomen nicht sofort erfolgen. Sie wird erst dann durchgeführt, wenn eines von drei Kriterien vorliegt:

  1. Der Patient hat starke Beschwerden, wie Nachtschweiß oder einen Gewichtsverlust von über 10 Prozent in sechs Monaten.
  2. Die Lymphknoten sind so vergrößert, dass sie andere Organe, wie Harnleiter oder Gefäße, abdrücken.
  3. Die Ausbreitung der Lymphozyten im Knochenmark ist zu stark. Normale Zellen werden an ihrem Wachstum gehindert.

„Ist einer der drei Punkte erfüllt, beginnen wir mit der Behandlung. Wir machen das nicht vorher, weil ein niedrig malignes Lymphom letztendlich nicht heilbar ist, das heißt, nach der Therapie besteht immer eine Rückfallgefahr, wenn auch manchmal erst nach vielen Jahren“, erläutert Prof. Dreyling. „Gerade bei niedrig malignen Lymphomen haben wir aber immer noch eine gute zweite Behandlungschance. Das Pulver sollte daher in der Therapie grundsätzlich nicht zu früh verschossen werden“.

Strahlen- oder Chemotherapie: Das Stadium der Erkrankung entscheidet

In den lokalisierten Stadien werden niedrig maligne Lymphome oft mit einer Strahlentherapie behandelt. Bei den fortgeschrittenen wird die Chemotherapie eingesetzt. Diese Behandlungen verschaffen meist lang anhaltende Remissionen, das heißt, die Lymphknoten werden über Jahre kleiner oder verschwinden ganz.

Hoch maligne Lymphome: Die Behandlung ist heute deutlich verbessert

Bei hoch malignen Lymphomen leiden die Patienten häufig unter Symptomen, da die Zellen schneller wachsen. „Das bedeutet, wir müssen hier zeitnah behandeln. Der Vorteil ist, schnell wachsende Zellen sprechen gut auf solche Therapien an. Die Erkrankung kann somit effektiv geheilt werden“, erklärt Prof. Dreyling.

Der weltweite Behandlungsstandard ist eine spezielle Chemotherapie, die sogenannte CHOP-Therapie, in Kombination mit einem Anti-CD20-Antikörper. „Bei diesen Lymphomen merken die Patienten bereits nach dem ersten Zyklus, dass ihre Lymphknoten kleiner werden und sich die Krankheitssymptome rasch bessern“, betont Prof. Dreyling.

Unterschiedliche Therapien bei Mantelzell-Lymphomen

Eine Sonderstellung nimmt das sogenannte Mantelzell-Lymphom ein. „Seine Therapie ist schwieriger. Denn es ist grundsätzlich zwischen einem niedrig und hoch malignen Lymphom einzustufen“, sagt Prof. Dreyling. Das Mantelzell-Lymphom wächst zum einen schneller und ist somit aggressiver – ähnlich wie bei hoch malignen Lymphomen.

Zum anderen gibt es – wie bei niedrig malignen Lymphomen – hierfür selten eine kurative Therapie. „Das ist eine Herausforderung, der wir seit Neuestem jedoch gut begegnen können. Denn die Behandlung hat sich deutlich verbessert. Wir haben mittlerweile gelernt, dass es unterschiedliche Arten von Mantelzell-Lymphomen gibt. Und dass diese unterschiedlich behandelt werden müssen.“

Zielgerichtete Therapien helfen auch in schwierigen Fällen

Gerade bei den Mantelzell-Lymphomen gibt es Abstufungen von niedrig bis hoch maligne. Entsprechend unterschiedlich sind daher die Therapieansätze. Sie reichen von abwartenden Strategien, über Hochdosis- bis hin zu konventionellen Chemotherapien. „Darüber hinaus können wir das Mantelzell-Lymphom mit zielgerichteten Therapien, die auf molekularer Ebene das Wachstum unterbinden, bekämpfen. Diese kommen speziell beim Wiederauftreten dieses Tumors zum Einsatz“, so Prof. Dreyling. „Zudem ist eine solche Tablettentherapie sehr wirksam und auch gut verträglich.“

Diese zielgerichteten Therapien werden zurzeit in der Erstlinien-Behandlung in Studien getestet, auch in der Kombination mit einer Chemotherapie. Der Experte fügt an: „Die Ergebnisse sind vielversprechend.“


Prof. Dr. Martin Dreyling, Oberarzt an der Medizinischen Klinik III am Klinikum der Universität München © privat