Krebs in den Lymphdrüsen Hodgkin-Lymphom: Schonend behandelt – nahezu geheilt!

Autor: Dietmar Kupisch

Bei Krebs in den Lymphdrüsen profitieren Patienten von schonenden Mitteln. © 4th Life Photography – stock.adobe.com

Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine bösartige Erkrankung des lymphatischen Systems. Hauptmerkmale sind bei den Patienten meist geschwollene Lymphknoten, da sich maligne Lymphknotengeschwülste bilden. Die bösartigen Lymphome werden auch als Morbus Hodgkin bezeichnet.

In Deutschland erkranken jährlich rund 20.000 Menschen an einem Hodgkin-Lymphom. Bei den Betroffenen gibt es zwei Altersgipfel: Etwa drei Viertel der Patienten sind zum Zeitpunkt der Diagnose um die 30 Jahre alt, der Rest erkrankt im höheren Alter von circa 65 Jahren. Perspektive LEBEN fragte Professor Dr. Peter Borchmann, welche Therapien zur Wahl stehen. Er ist Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie. Als Oberarzt leitet er den klinischen Schwerpunkt maligne Lymphome der Klinik I für Innere Medizin an der Uniklinik Köln.

Zu Beginn das Staging

Bei einem Verdacht auf ein Hodgkin Lymphom führen die Ärzte eine umfangreiche Diagnose, auch Staging genannt, durch. „Das dient nicht nur dazu, die Erkrankung zweifelsfrei zu bestätigen. Wichtig ist auch, das Erkrankungsstadium festzustellen, denn hiervon hängt die konkrete Therapiestrategie entscheidend ab“, erklärt Prof. Borchmann. Neben einer körperlichen Kontrolle erfolgt eine feingewebliche Untersuchung eines auffälligen Lymphknotens. Für die Stadien-Einteilung sind anschließend weitere Untersuchungen wichtig. Vor allem möchten die Experten ergründen, wie weit sich die Krebserkrankung im Körper ausgebreitet hat. Dazu nutzen sie Blut- und Knochenmarksanalysen sowie Röntgenbilder beziehungsweise Computertomographien.

Chemotherapie mit geringerer Intensität

„In der Regel behandeln wir ein Hodgkin Lymphom mit einer kombinierten Chemo- und Strahlentherapie. Dabei beginnen wir zunächst mit der Chemotherapie und bestrahlen anschließend“, so Prof. Borchmann. Bei einer Chemotherapie werden dem Patienten spezielle Medikamente, fachsprachlich Zytostatika, verabreicht. Diese töten die Krebszellen ab. Nach einem festgelegten Zeitplan bekommen die Patienten mehrere Medikamente in bestimmten Zyklen.

„Bei den Hodgkin Lymphomen hängt die Intensität der jeweiligen Chemotherapie vom Stadium der Erkrankung ab“, erläutert Prof. Borchmann und betont: „Patienten profitieren heute von einer vergleichsweise geringen Intensität. Noch vor einigen Jahren dauerte die Behandlung deutlich länger.“ Bei einem fortgeschrittenen Lymphom hat sich die Behandlungsdauer in etwa halbiert – hier wird die Strahlentherapie nur selten und die Chemotherapie entsprechend primär angewendet, im Gegensatz zu früheren Stadien. „In diesen Fällen erhalten Patienten meist zweimal zwei Zyklen. Insgesamt dauert so die Behandlung nur etwa drei Monate“, berichtet Prof. Borchmann.

Das lymphatische System

Das lymphatische System ist ein Netzwerk aus verschiedenen Organen, die allesamt der Immunabwehr dienen. Es ist damit Teil des Immunsystems. Die Organe sind entweder über den Blutkreislauf oder über die Lymphgefäße miteinander verbunden und reagieren auf Bakterien oder Viren mit einer Immunantwort. Zu den lymphatischen Organen gehören zum Beispiel die Milz, die Mandeln und das Knochenmark, aber auch die Lymphgefäße und Lymphknoten selbst.

Bestrahlung – nur noch begrenzte Felder

Die Krebszellen reagieren sehr sensibel auf eine Bestrahlung, der Einsatz zusätzlich zur Chemotherapie macht daher laut Experte Sinn. Die Erfahrungen rund um die Therapie der Hodgkin Lymphome haben dazu geführt, dass die Bestrahlungsfelder heutzutage wesentlich kleiner gewählt werden können. Früher wurden große Bereiche unter Einschluss der Lymphom-Tumoren und aller angrenzenden Lymphknotenregionen bestrahlt. Heute bestrahlen die Radiologen im Anschluss an die Chemotherapie nur noch sehr begrenzte Felder. Man spricht von einer Bestrahlung des involvierten Gewebes.

Sehr gute Prognosen

„Unterm Strich lässt sich festhalten, dass Patienten heutzutage sehr schonend behandelt werden können“, resümiert Prof. Borchmann und fügt hinzu: „Gleichzeitig sind die Heilungschancen beachtlich gestiegen. 98 Prozent der Patienten, die mit einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wurden, leben nach fünf Jahren noch. Für frühere Stadien sind die Prognosen ebenfalls exzellent.“ Die sogenannte Fünf-Jahres-Überlebensrate ist in der Onkologie bedeutend: Denn tritt innerhalb dieses Zeitraumes kein Rezidiv auf, kann bei den meisten Krebsarten von einer Heilung ausgegangen werden – so auch bei einem Hodgkin-Lymphom.

Wermutstropfen: die Nebenwirkungen

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: Da sowohl die Chemo- als auch die Strahlentherapie nicht nur das Tumorgewebe, sondern auch gesundes Gewebe angreifen, kommt es meist zu Nebenwirkungen. Hierzu zählen vor allem Erbrechen, Durchfall, Übelkeit, Haarausfall und Schleimhautentzündungen. Durch vorbeugende Maßnahmen lassen sich viele der Symptome abschwächen oder sogar vermeiden. Nach Beendigung der Therapie verschwinden sie wieder. Dann sind regelmäßige Kon­trolluntersuchungen wichtig, um gesundheitliche Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Hierzu zählen auch die psychosozialen Folgen einer solch bedrohlichen Erkrankung und intensiven Therapie.


Prof. Dr. Peter Borchmann, Oberarzt an der Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln Schwerpunkt: Non-Hodgkin Lymphome © privat
Das lymphatische System. © iStock/normaals