Bewegung Warum körperliche Aktivität so wichtig ist

Autor: Tina Krepela

Körperliche Bewegung hält nicht nur den Körper in Schwung, sondern hilft auch der Seele. © LeslieAnn – stock.adobe.com

Seit Jahren betonen Ärzte und Therapeuten immer wieder die positiven Effekte von körperlicher Aktivität für Gesundheit, Geist und Seele. Privatdozent Dr. Freerk T. Baumann bringt es auf den Punkt: Sport wirkt wie Medikamente - und, richtig dosiert, auch mit erwünschten Wirkungen. Denn eine gezielte Bewegungstherapie hilft, die Folgen von Krebs besser zu bewältigen.

Warum ist Bewegung für Patienten so wichtig?
Über 700 aussagekräftige Studien belegen, dass körperliches Training vor und nach einer Krebsbehandlung die Nebenwirkungen und Folgen der medizinischen Therapie reduzieren beziehungsweise abmildern kann. Dabei sind zwei Aspekte ganz wichtig.

Zum einen bestimmen bei Operationen, Bestrahlungen und Medikamenten im wesentlichen Ärzte und Pflegekräfte, wie die medizinische Behandlung abläuft und was zu tun ist. Patienten sind dabei eher in einer passiven Rolle. Körperliche Aktivität dagegen geht vom Patienten selbstbestimmt aus. Sie ist sein eigener Beitrag, selbst gegen den Krebs und seine Folgen zu kämpfen. Der andere Aspekt ist, dass mit gezielten Bewegungstherapien medizinische Nebenwirkungen vermindert und körperliche Einschränkungen ausgeglichen werden können. Daher sind Bewegungstherapien heute fester Therapiebestandteil im Kampf gegen den Krebs und seine Folgen.

Wie wirkt Bewegung?
Wie Bewegung wirkt, ist noch nicht ganz klar. Klar ist dagegen, dass sie wirkt und verschiedene medizinische Nebenwirkungen hemmen bzw. reduzieren kann. Bereits körperliche Alltagsaktivität steigert die Leistungsfähigkeit, stärkt die psychische Stabilität und hält auch geistig fit. Diese Effekte erhöhen damit ganz allgemein die Lebensqualität von Krebspatienten.

Ein Beispiel für die positiven Effekte der Alltagsaktivität ist das Fatigue-Syndrom bei Chemotherapien. Wir wissen nicht genau, was Fatigue auslöst, ob und wie sie mit Medikamenten behandelt werden kann. Sicher ist jedoch, dass bei Patienten, die sich oft und fordernd bewegen, Fatigue seltener auftritt beziehungsweise Bewegung die Auswirkungen des Syndroms vermindern kann.

Ein Beispiel für die gezielte Bewegungstherapie sind die Harninkontinenz und erektile Dysfunktion nach Prostataoperationen. Studien zeigen eindeutig, dass gezieltes Training des Beckenbodens vor und nach der Operation die Komplikationen reduziert und die Kontinenz verbessert.

Verlängert körperliche Bewegung die Lebenszeit?
Sicher ist, dass gezielte körperliche Bewegung die Lebenszeit nicht verkürzt. Deshalb plädiere ich immer im Zweifel für die Bewegung, sofern eine ärztliche Unbedenklichkeit besteht. Harte wissenschaftliche Belege dafür gibt es jedoch noch nicht. Aber ich persönlich glaube, dass gezielte körperliche Aktivität die Lebenszeit von Krebspatienten verlängern kann, nur fehlen dazu bislang noch aussagekräftige Studien.

Alltägliche und normale körperliche Aktivität kann überall und immer entfaltet werden, solange man sich wohlfühlt, sich nicht überfordert und keine Schmerzen auftreten. Dazu gehört das Treppenlaufen ebenso wie der Spaziergang sowie Haus- und Gartenarbeit. Auch das Training mit Knetbällen, Pedaltrainer und dergleichen steigert die Leistungsfähigkeit und damit das Wohlbefinden. Was und wie intensiv trainiert werden soll, muss immer mit dem Arzt und Therapeut abgesprochen werden, wenn das Training über das Alltägliche hinausgeht.

Wo wird Bewegung gezielt eingesetzt?
Im Nebenwirkungsmanagement ist die Bewegungstherapie heute fester Bestandteil im Therapieplan. Sie wird beispielsweise bei Fatigue, Erkrankungen der Nerven, Schmerz, Lymphödem und vielen anderen Nebenwirkungen individuell und gezielt eingesetzt. Wir sprechen daher heute von der sogenannten personalisierten Bewegungstherapie. Hier gilt, wie bei allen anderen Therapien auch, dass diese vom Arzt verordnet und von qualifizierten Therapeuten begleitet werden muss. Die personalisierte Bewegungstherapie für Krebspatienten erfordert spezielles Wissen und Erfahrung. Nur so kann sichergestellt werden, dass die positiven Effekte genutzt und negative Auswirkungen verhindert werden.

Hier können Physiotherapeuten lernen:


Privatdozent Dr. Freerk T. Baumann, Leiter AG Onkologische Bewegungsmedizin, Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln © Privat