Psychoonkologie Sprechen hilft: So gelingt das Gespräch mit dem Behandler
Die medizinische Krebstherapie wird immer besser, vielfältiger und ausgeklügelter. Fast jeder medizinische Fachkongress bringt Fortschritte, meist sogar bahnbrechende Neuerungen. „Technisch und medizinisch ist das Tempo atemberaubend“, sagt Martin Wickert, Leiter des Psychoonkologischen Dienstes des Universitätsklinikums Tübingen.
„Gerade angesichts dieser Erfolge und Fortschritte müssen die verschiedenen komplexen Behandlungsalternativen mit Patienten und Angehörigen genau besprochen und abgewogen werden.“ Auf dieses Thema legen die medizinischen Fachgesellschaften besonderes Gewicht. Hinweise zur Kommunikation mit den Patienten sind daher fester Bestandteil von Behandlungsleitlinien und Forschungsprojekten.
Gelingende Kommunikation
In Deutschland wird jährlich bei etwa einer halben Million Menschen eine Krebserkrankung neu diagnostiziert und etwa vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an Krebs. Sie werden jeden Tag von Ärzten medizinisch bestens versorgt und behandelt. Das sind gewaltige Zahlen im Gesamten.
„Auf der anderen Seite sind das aber auch viereinhalb Millionen Einzelschicksale: Immer sind Menschen betroffen, bei denen diese Krankheit meist große Unsicherheit und starke Angst auslöst“, führt Wickert an. „Diese Angst und Unsicherheit müssen vor allem Ärzte im Gespräch erkennen und auffangen.“ Damit dies gut gelingen kann, lernen Ärzte im Studium und in speziellen Seminaren, wie Kommunikation funktioniert.
Dazu wird in Rollenspielen mit Kamera und Mikrofon geübt, was später im Patientengespräch angewendet werden soll. Solche Kommunikationsseminare, die an vielen Zentren angeboten werden, sollen sicherstellen, dass Ärzte und Pfleger – trotz des enormen Arbeitspensums und der Belastung – gute und entlastende Patientengespräche führen können.
Gut vorbereitet
Patienten und Angehörige haben das Recht auf verständliche Informationen über die Krankheit und Therapie. „Die Zeiten, in denen die Ärzte allein bestimmt haben, was gemacht wird, sind vorbei“, betont Wickert. „Nach den Leitlinien muss der Patient soweit aufgeklärt werden, dass er einer bestimmten Therapie aktiv zustimmen kann. Patienten haben also ein Recht auf erschöpfende Informationen.“
Dazu gehört natürlich, dass sich die Patienten und Angehörigen aktiv in die Gespräche und Entscheidungen einbringen müssen. Dies kann dann gelingen, wenn die Gespräche mit dem Arzt gut vor- und nachbereitet werden.
Im Vorfeld der Gespräche sollte daher unbedingt geprüft werden, ob und welche wichtigen Entscheidungen zu treffen sind. Dies kann zum Beispiel die Frage nach den möglichen Veränderungen der Lebensumstände von Patienten und Angehörigen sein. Im zweiten Schritt ist dann zu prüfen, welche Informationen der Arzt hierzu beitragen kann oder soll. „Dabei ist es immer sehr hilfreich, wenn sich die Patienten eine Liste mit Fragen anfertigen“, sagt Wickert. „Die Erfahrung zeigt, dass in Diagnose- und Therapiegesprächen sehr oft Wichtiges einfach vergessen wird.“
Nicht alleine
Besonders bei den ersten Diagnose- und Therapiegesprächen kann es daher hilfreich sein, wenn der Betroffene einen Angehörigen oder Freund mitbringt. Die Gefahr von Missverständnissen, von falschen Bewertungen oder schlicht und einfach wichtige Dinge zu überhören und zu übersehen, ist sehr groß.
„Daher rate ich dringend dazu, jemanden zum Gespräch mit dem Arzt mitzunehmen“, betont Wickert. „Dann kann das Gespräch im Nachgang nochmals rekapituliert werden. Aus meiner 30-jährigen Praxis weiß ich, dass dies von Ärzten und Patienten als sehr hilfreich und entlastend empfunden wird.“
Qualitätsgesicherte Informationen
Im Internet sind zu allen Krebserkrankungen und -therapien unendlich viele Informationen zu finden. Ob diese Informationen richtig und seriös sind, kann ein Laie meist nicht feststellen. „Daher rate ich von der eigenen und planlosen Recherche im Netz ab“, so Wickert. „Patienten sollten den Arzt nach verlässlichen Quellen fragen, die für die individuelle Krankheitssituation stimmig sind.“
Gute qualitätsgesicherte Informationen sind z.B. auf den Internetseiten der Deutschen Krebsgesellschaft (www.krebsgesellschaft.de), der Deutschen Krebshilfe (www.infonetz-krebs.de) und dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (www.krebsinformationsdienst.de) zu finden.
Patienten sind meist keine Mediziner und verstehen von der Erkrankung und Therapie zunächst sehr wenig. Das ist völlig normal. „Daher sollen Patienten und Angehörige solange nachfragen, bis sie sagen können: Das habe ich verstanden!“, sagt Wickert.
„Hier ist falsche Scheu völlig fehl am Platz. Es gibt keine überflüssigen Fragen – erst recht nicht, wenn es um eine so ernste Krankheit wie Krebs geht. Der Grundsatz ist: lieber zu viel, als zu wenig fragen. Darüber hinaus gilt auch, dass Ärzte wollen, dass Patienten und Angehörige die Krankheit und Diagnose nachvollziehen können und dann voll und ganz hinter den Entscheidungen stehen.“