Prostatakrebs Wahl der Operationsmethode: Klassisch oder durch das Schlüsselloch?

Autor: Perspektive LEBEN

Heutzutage gibt es immer mehr Möglichkeiten, mit hochpräziser Technik zu operieren. © iStock/AleksandarNakic

Die minimalinvasiven Operationen bei Prostatakrebs sind auf dem Vormarsch. Wann sie in Frage kommen und wie sie funktionieren.

Jedes Jahr wird fast 68.000 Mal ein neuer Fall von Prostatakrebs in Deutschland diagnostiziert. Je nachdem wie weit die Erkrankung schon fortgeschritten ist, kann die Prostata in einer Operation vollständig entfernt werden. Fachleute sprechen dann von einer radikalen Prostataektomie. Diese gilt seit vielen Jahrzehnten als sehr gute Behandlung dieser Krebsart.

„Die Ergebnisse sprechen für sich“, betont Prof. Dr. Jens-Uwe Stolzenburg, Ärztlicher Direktor der Urologischen Klinik der Universität Leipzig. „Wenn der Tumor auf die Prostata begrenzt ist, können wir so immerhin 95 Prozent aller Patienten heilen.“

Mit sechs Fragen das richtige Behandlungszentrum finden

  1. Fragen Sie Ihren Urologen nach möglichen Kliniken und spezialisierten Behandlungszentren. Er kennt die Stärken und Schwächen oft sehr genau.
  2. Fragen Sie nach, wo Sie sich eine zweite Meinung zum geplanten Eingriff einholen können. Erfahrene Operateure geben Ihnen gerne Auskunft.
  3. Fragen Sie in den Behandlungszentren nach den Zertifikaten. So können Sie sicher sein, dass Sie in guten Händen sind.
  4. Fragen Sie nach, ob eine interdisziplinäre Sprechstunde angeboten wird bzw. Konsultationen mit anderen Fachdisziplinen stattfinden. So können Sie sicher sein, dass alle Aspekte Ihrer Krankheit beachtet werden.
  5. Fragen Sie, ob schon während der Operation Schnellschnitte durchgeführt werden können. So können Sie sicher sein, dass so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich Gewebe wegoperiert wird.
  6. Fragen Sie, wie viele Patienten mit Prostatakarzinomen im Behandlungszentrum pro Jahr operiert werden. So können Sie sicher sein, dass ausreichende Erfahrungen bestehen.

Im ersten Operationsschritt werden meist die Lymphknoten im Umfeld der Prostata entfernt. Im Anschluss werden die Prostata und Samenblasen entfernt. Dafür muss die Harnröhre durchtrennt werden. Diese wird dann im nächsten Schritt durch eine feine Naht wieder mit der Blase verbunden. Dabei legen die Operateure einen Katheter in die Blase und Harnröhre. Er sorgt für den normalen Harnfluss und sichert die Heilung der neuen Verbindung. Besonderes Augenmerk legen die Chirurgen auf die Nervenstränge. „Wann immer möglich, schonen wir die Gefäß-Nerven-Bündel im Bereich der Prostata“, sagt Prof. Stolzenburg. „Können diese vollständig erhalten werden, sind die Patienten meist rasch wieder fast so kontinent wie vor der Operation.“ Viele Patienten sind nach einer gewissen Zeit auch wieder potent.

Zwei Wege, ein Ziel

Patienten und Operateure können meist zwischen zwei Operationsarten entscheiden. Zum einen wird die Operation „offen“ beziehungsweise konventionell durchgeführt. Dabei wird durch einen Schnitt in die Bauchdecke oder in den Damm das Operationsfeld großflächig eröffnet. Diese Operationsmethode wird seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts angewendet und ständig verbessert.

Die sogenannten minimalinvasiven Operationen sind der zweite Weg, die Prostata vollständig zu entfernen. Dabei werden durch fünf oder sechs sehr kleine Schnitte am Bauch Operationsinstrumente und Kameras zum Operationsfeld geführt. Mit diesen Instrumenten werden dann dieselben Schritte wie bei einer offenen Operation der Prostata ausgeführt. Der Operateur sieht über eine Kamera (heute meist 3D) das Operationsgebiet vielfach vergrößert und kann so sehr genau operieren.

Bei der klassischen Schlüsselloch-Chirurgie bedient der Operateur die Instrumente mit seinen Händen selbst. Bei den Da-Vinci-Roboter-Operationen werden die Instrumente roboter-assistiert gesteuert. Der Roboter verfeinert die Bewegungen des Operateurs, führt jedoch keine Bewegung selbstständig aus. Jeder Patient kann heute minimalinvasiv operiert werden, wenn in der entsprechenden Klinik ausreichende Erfahrungen vorliegen.

Der Mensch entscheidet

„Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass alle Methoden sehr gute Ergebnisse bringen“, resümiert Prof. Stolzenburg. Die minimalinvasiven Operationen verursachen insgesamt weniger Komplikationen. In Bezug auf die Tumorbekämpfung oder -kontrolle, Kontinenz und Potenz scheinen die Methoden gleichauf zu liegen, wobei sehr gute Ergebnisse weltweit hinsichtlich des Potenzerhalts mit dem Roboter erzielt werden. Klar erkennbar ist aber der Trend, dass immer mehr Prostata-Zentren auf die roboter-assistierten Operationen setzen. „Letztlich muss aber immer auf den Patienten und seine Erkrankungen als Ganzes geschaut werden, um die optimale Behandlungsmethode zu finden“, betont Prof. Stolzenburg. „Die Lebensumstände sind dabei ganz wichtige Faktoren. Und am Ende entscheidet der betroffene Patient gemeinsam mit dem Operateur, wie operiert wird.“


Prof. Dr. Jens-Uwe Stolzenburg, Ärztlicher Direktor der Urologischen Klinik der Universität Leipzig © Privat