Speiseröhrenkrebs Schlüsselloch-Operation auf dem Vormarsch

Autor: Thomas Kuhn

Früh erkannt, können Tumoren der Speiseröhre häufig endoskopisch entfernt werden. © iStock/Dr Microbe; Kateryna Kon – stock.adobe.com

Die Krankheit tritt meist erst im höheren Lebensalter auf. Männer erkranken häufiger als Frauen. Die Risikofaktoren sind Alkohol-, Tabakkonsum oder auch eine Refluxerkrankung – eine chronische Magenübersäuerung mit Sodbrennen. Die Therapie des Speiseröhrenkrebses hängt ganz entscheidend von seinem Stadium ab.

Zuerst Bestandsaufnahme

Vor der Behandlung des Speiseröhrenkrebses führt der Arzt eine Ausbreitungsdiagnostik durch – die sogenannte Staging-Untersuchung. „Wir möchten erkennen, wie sich der Tumor ausgebreitet hat, ob er Metastasen gebildet hat, ob die umgebenden Lymphdrüsen befallen sind und um welche Tumorart es sich handelt“, erklärt PD Dr. Katharina Beyer, Kommissarische Klinikdirektorin der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Man kann sich das wie eine Bestandsaufnahme vorstellen.“ Liegen sämtliche Untersuchungsdaten vor, kann die Therapiestrategie entwickelt werden.

Speiseröhre

Beim Menschen ist die Speiseröhre etwa 25 Zentimeter lang. Sie hat an der engsten Stelle einen Durchmesser von etwa 1,5 Zentimetern. Sie beginnt auf Höhe des Kehlkopfes, zieht zwischen Luftröhre und Wirbelsäule abwärts in den Brustkorb, wo sie am linken Vorhof des Herzens vorbei führt und dann durch den Speiseröhrenschlitz des Zwerchfells in die Bauchhöhle tritt und in den Magen mündet. Das untere Ende der Speiseröhre ist in Ruhe verschlossen, sodass kein saurer Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt. Bei Sodbrennen schließt die Speiseröhre nicht richtig ab.

Therapie des Plattenepithelkarzinoms

Es gibt beim Speiseröhrenkrebs zwei Tumorarten: das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom. Ein Plattenepithelkarzinom kann in der gesamten Speiseröhre entstehen. Wird es sehr früh entdeckt, wenn es noch auf die oberflächlichsten Wandschichten beschränkt ist, lässt es sich in vielen Fällen endoskopisch entfernen – also via Magenspiegelung. Experten sprechen hier von einer organerhaltenden Behandlung.

Ist der Tumor etwas weiter fortgeschritten, so lässt er sich in der Regel immer noch gut operieren. Dabei werden auch die umgebenden Lymphknoten entfernt. Der Eingriff erfolgt heute in vielen Fällen minimal-invasiv. Das heißt, der Chirurg entfernt den Tumor durch kleine Schnitte im Brustkorb und im Bauch mithilfe einer Kamera und spezieller Instrumente. Im Gegensatz zu einer offenen Operation schont das Verfahren den Patienten. Die Heilung erfolgt deutlich schneller und die sonst üblichen Probleme werden weitgehend vermieden, beispielsweise eine nachfolgende Lungenentzündung. „Aufgrund der Vorteile dieser Schlüsselloch-Operation ist die Technik heute auf den Vormarsch“, betont Dr. Beyer. „Nur in Ausnahmesituationen greifen wir noch auf die offene Operation zurück.“

Befindet sich das Plattenepithelkarzinom in einem fortgeschrittenen Stadium, allerdings noch ohne Metastasierung, beginnen Onkologen die Therapie mit einer Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie. „Ist der Patient in einem körperlich guten Zustand, wird er circa vier Wochen nach Abschluss der Radio-Chemotherapie operiert“, so Dr. Beyer. Kann der Patient hingegen nicht operiert werden, dosieren die Onkologen die Radio-Chemotherapie höher und verzichten auf einen Eingriff, der stets eine starke Physis des Patienten voraussetzt. Auch hierdurch ist eine Heilung möglich.

Strategie bei Adenokarzinomen

Das Adenokarzinom tritt im unteren Bereich der Speiseröhre am Übergang zum Magen auf. Frühe Formen lassen sich ebenfalls endoskopisch behandeln. Ist der Tumor schon etwas weiter vorangeschritten, müssen auch hier große Teile der Speisröhre und der obere Anteil des Magens entfernt werden. Die fehlenden Anteile der Speiseröhre werden in der Regel durch einen Magenschlauch ersetzt. Die Chirurgen nennen das Magenhochzug. Selbst in lokal fortgeschrittenen Stadien kann das Adenokarzinom operiert werden. In einigen Fällen kann eine Immuntherapie zum Einsatz kommen. „Bei stark fortgeschrittenen Stadien verordnen wir entweder eine neo-adjuvante Therapie in Form einer Radio-Chemotherapie oder eine Chemotherapie“, erklärt Dr. Beyer und ergänzt: „Der Tumor soll dadurch verkleinert werden. Erst hiernach operieren wir, mit anschließendem Magenhochzug.


PD Dr. Katharina Beyer, Kommissarische Klinikdirektorin der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin © Privat