Fortschritte bei Nierentumoren Nierenkrebs: Früh erkannt – gut behandelbar

Autor: MPL-Redaktion

Zum Glück im Doppelpack: Fällt eine Niere aus, kann die zweite ihre Funktion ohne Probleme übernehmen. © iStock/Natali_Mis

Er steht in Deutschland bei Frauen an 10. und bei Männern an 8. Stelle der Krebserkrankungen. Etwa 10.000 Männer und 6.500 Frauen erkranken pro Jahr an Nierenkrebs. Besonders häufig erfolgt die Diagnose zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Über die Therapie sprach Perspektive LEBEN mit dem international renommierten Experten Professor Dr. Peter Hammerer. Er ist Leiter der urologischen Klinik des Städtischen Klinikums Braunschweig und Mitglied des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) und der Europäischen Urologischen Krebsgesellschaft (ESOU).

Bevor die Therapiestrategie festgelegt werden kann, müssen die Experten eine gründliche Diagnose stellen: Durch eine Ultraschalluntersuchung lassen sich die Nieren gut darstellen. Besteht ein Verdacht auf einen bösartigen Tumor, erfolgt zur genauen Bestimmung anschließend eine Computertomographie, kurz CT, oder eine Magnetresonanztomographie, kurz MRT. Diese bildgebenden Verfahren zeigen ganz präzise, ob ein Nierentumor vorliegt, wie groß er ist und ob eine Streuung in Lymphknoten oder in andere Organe, wie Leber oder Lunge, stattgefunden hat. Risikofaktoren für das Auftreten eines Nierenzellkarzinoms sind Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht, aber auch eine familiäre genetische Belastung oder eine Niereninsuffizienz.

Organerhaltende Nierenoperation: Die erste Wahl bei kleinen Tumoren

Die Wahl der Behandlungsmethode hängt davon ab, wie fortgeschritten die Erkrankung ist; aber auch das Alter und der Gesundheitszustand des Patienten haben Einfluss. „Grundsätzlich spielt die Operation eine zentrale Rolle bei der Behandlung eines bösartigen Nierentumors. Ist der Tumor auf die Niere begrenzt, können wir durch die Operation eine komplette Heilung erzielen. In diesem Fall wird bei organbegrenzten Tumoren nur der erkrankte Teil der Niere entfernt und die Niere kann in der Regel erhalten bleiben. „Die Funktionsfähigkeit des Organs bleibt so bestehen“, betont Prof. Hammerer.

„Eine weitere Nachbehandlung durch eine Bestrahlung oder Chemotherapie ist dann nicht mehr notwendig“, lautet die gute Nachricht von Prof. Hammerer. Ist eine organerhaltende Operation nicht möglich, weil der Tumor zu groß ist, wird die Operation minimal-invasiv über eine Laparoskopie, auch Schlüsselloch­chirurgie genannt, durchgeführt. Die verbleibende gesunde Niere übernimmt sehr rasch die Funktion der operierten Niere und die Patienten können oft nach zwei bis drei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden. „Findet sich bei älteren Patienten ein sehr kleiner Tumor, kann im Einzelfall eine engmaschige Überwachung erwogen werden, da einige sehr kleine Tumoren langsam wachsen, bevor eine Streuung einsetzt. Daher ist es durchaus zu vertreten, den Tumor im Einzelfall zu beobachten und solche Patienten nicht unnötig zu belasten.“

Liegt eine Streuung des Nierentumors in andere Organe vor, verschlechtern sich die Heilungschancen. Die beruhigende Information: Nur bei etwa zehn Prozent aller Patienten trifft das zum Diagnosezeitpunkt zu. Auch bei diesen Patienten wird eine Operation in den meisten Fällen angestrebt, da weitere Therapiemaßnahmen dann oft besser wirken können und lokale tumorbedingte Beschwerden wie Blutungen und Schmerzen oft verhindert werden können.

Medikamente und Immunsystem

In Abhängigkeit von der jeweiligen Krankheitssituation können Patienten auch mit Medikamenten therapiert werden. „Bei den zielgerichteten Therapien kommen beispielsweise sogenannte Tyrosinkinase-Hemmer zum Einsatz. Sie blockieren gezielt Wachstumssignale in den Tumorzellen. So soll eine Rückbildung des Tumors erreicht werden“, sagt Prof. Hammerer.

Die Einführung von zielgerichteten Medikamenten, die in Signalwege des Tumorstoffwechsels eingreifen können, hat die Behandlung des metastasierten Nierenkrebses wesentlich verbessert. Bestimmte Wachstumsfaktoren spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Sie sind notwendig für das Wachstum von Blut- und Lymphgefäßen. Wird die Wirkung dieser Wachstumsfaktoren unterbrochen, kann das weitere Tumorwachstum aufgehalten werden. Tyrosinkinase-Hemmer werden als Erstlinientherapie bei eher günstiger Prognose eingesetzt. Ein sogenannter „mTOR-Hemmer“ wird bei Patienten mit schlechter Prognose empfohlen.

Die Immuntherapie bei Nierenkrebs

Mithilfe einer Immuntherapie kann die Bekämpfung der Krebszellen durch das körpereigene Immunsystem unterstützt werden. Eine Immuntherapie mit Interferon alpha und Interleukin-2 aktiviert Abwehrzellen und zerstört Krebszellen durch das körpereigene Immunsystem.

Allerdings ist diese Wirkung zeitlich begrenzt – und es spricht nur ein kleiner Teil der Patienten langfristig an. Deshalb wird diese als alleinige Therapie nicht empfohlen. Neue Daten zeigen jedoch, dass bei Versagen einer Behandlung mit Tyrosinkinasehemmern eine Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren das Überleben verbessert. Dies sind Medikamente, die die Interaktion der T-zellen mit den Tumorzellen beeinflussen.

Eine Chemo- oder Strahlentherapie beim Nierenkrebs zeigt nach bisherigen Erkenntnissen generell kein gutes Ansprechen. Aus diesem Grunde stellen die Früherkennung und die operative Therapie die wichtigsten Maßnahmen dar, um eine Heilung zu erreichen.


Prof. Dr. Peter Hammerer; Leiter der urologischen Klinik des Städtischen Klinikums Braunschweig © privat