Hyperthermie Hitzeschocks für den Tumor

Autor: Dietmar Kupisch

Bei dieser Temperatur sterben die Krebszellen ab. Diesen Effekt macht man sich bei der Hyperthermie zunutze. © Nadezhda Sirotkina ‒ stock.adobe.com

Die Deutsche Krebshilfe bezeichnet die Hyperthermie als die vierte Waffe gegen den Krebs, neben Operation, Bestrahlung und Chemotherapie. Bei der Hyperthermie erhitzt man die betroffene Regionen oder auch den gesamten Körper auf bis zu 42,5 Grad Celsius. Die Krebszellen sterben in diesem Schwitzkasten ab. Zudem kommen diverse Abwehrprozesse in Gang.

Nicht immer reichen Standardtherapien aus, um ein Tumorwachstum zu stoppen. „Der Einsatz der Hyperthermie kann dann helfen, die gewählte Primartherapie wirksamer werden zu lassen“, weiß Dr. Mohamed Ali Zayen, Leiter des Hyperthermie Zentrums Hannover. „Dabei überwärmen wir den Körper oder bestimmte Regionen gezielt auf Werte zwischen 38,5 und 42,5 Grad Celsius, je nach Therapieziel und Tumorart.

Tumorzellen vertragen keine Wärme

Die Hyperthermie basiert auf der Erkenntnis, dass Krebszellen empfindlicher auf Wärme reagieren als gesunde Körperzellen. Sie sterben ab einer Temperatur von 40 Grad Celsius ab. „Zudem bilden sich bei der Erwärmung sogenannte Hitzeschockproteine. Sie werden von den körpereigenen Killerzellen des Immunsystems wiedererkannt, angegriffen und zerstört“, sagt Dr. Zayen. 

Bei der Hyperthermie handelt es sich vor allem auch um eine ergänzende Behandlung zu den etablierten Krebstherapien, wie etwa der Chemo- oder Strahlentherapie. Sie sorgt für eine gute Durchblutung des Tumors und sensibilisiert so das Gewebe für die bessere Aufnahme und Wirksamkeit von Medikamenten und Strahlen. „Sprechen Tumoren nicht ausreichend auf eine Chemo- oder Strahlentherapie an, kann der Einsatz einer Hyperthermie helfen, diese zu verstärken“, erklärt Dr. Zayen und ergänzt: „Bei den Anwendungsformen unterscheiden wir zwischen einer lokalen und einer Ganzkörperhyperthermie“.

In Kombination mit Bestrahlung

Eine Strahlentherapie erfolgt meist lokal und lässt sie sich daher mit einer lokalen Hyperthermie kombinieren. „Behandelt werden vornehmlich oberflächliche, unter der Haut liegende Tumoren und Metastasen“, so Dr. Zayen. Expert:innen gehen davon aus, dass verschiedene Mechanismen für die Wechselwirkung von Hyperthermie und Strahlentherapie verantwortlich sind. Vor allem aber werden durch die Erwärmung die Blutgefäße erweitert. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Durchblutung, die zu einer gesteigerten Sauerstoffversorgung des Gewebes und damit erhöhten Strahlensensibilität führt. Die Wirkung einer Strahlentherapie kann durch eine zeitnahe Hyperthermie gesteigert werden. Eine Bestrahlung verursacht Schäden in der DNA beziehungsweise im Erbgut der Zellen. „Gesunde Zellen können gut repariert werden. Tumorzellen sind hingegen nur eingeschränkt zur Reparatur fähig. Diesen Effekt verstärkt die Hyperthermie. Das gesunde Gewebe wird geschont“, erläutert Dr. Zayen.

Ganzkörperhyperthermie 

Bei der Ganzkörperhyperthermie wird der gesamte Körper, mit Ausnahme des Kopfes, überhitzt. Die hohen Temperaturen verstärken die allgemeine Durchblutung. Das ist insbesondere im Bereich des Tumors wichtig. Die Behandlung wird in erster Linie bei Tumoren eingesetzt, die bereits gestreut beziehungsweise metastasiert haben. Eine Therapiesitzung dauert circa zwei bis vier Stunden.

Wirkung der Chemotherapie steigern

Schlägt eine Chemotherapie nicht ausreichend an, kann auch hier die lokale Hyperthermie ihre Wirksamkeit erhöhen. Durch die gesteigerte Durchblutung gelangen in schlecht durchblutete Tumorbereiche höhere Zytostatika-Mengen, zum Beispiel ins Innere sehr großer Tumoren. „So steigern wir die Wirkung von Medikamenten auf Tumorzellen, die unter normalen Temperaturen nur schlecht auf die Behandlung ansprechen. Darüber hinaus wirken Zytostatika in stärker durchbluteten Tumorarealen besser“, sagt Dr. Zayen.

Eine lokale Hyperthermie dauert circa ein bis zwei Stunden. Die Häufigkeit der Anwendung ist abhängig von der Art der Krebserkrankung und des persönlichen Krankheitsbildes.