Speiseröhrenkrebs Den Tumor mit Spezialoperationen eindämmen
Die Therapie des Speiseröhrenkrebses hängt ganz entscheidend von seiner Art und von seinem Stadium ab. Über die verschiedenen Möglichkeiten sprach der Experte Professor Dr. Martin E. Kreis mit Perspektive LEBEN. Er ist Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin.
Wichtig zu wissen: Die Ausbreitung
Die Ärzte beginnen die Behandlung des Speiseröhrenkrebses mit einer Ausbreitungsdiagnostik – den sogenannten Staging-Untersuchungen. „Man muss sich das wie eine Bestandsaufnahme vorstellen: Man möchte sehen, wie sich der Tumor ausgebreitet hat, ob er Metastasen gebildet hat, ob die umgebenden Lymphdrüsen befallen sind und vor allem, um welche Tumorart es sich handelt“, beschreibt Prof. Kreis die Hintergründe. Es gibt beim Speiseröhrenkrebs zwei Tumorarten: das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom. Liegen sämtliche Daten vor, kann ein Behandlungskonzept entwickelt werden.
Die Behandlung des Plattenepithelkarzinoms
Ein Plattenepithelkarzinom entsteht typischerweise im oberen Abschnitt der Speiseröhre. Befindet es sich in einem frühen Stadium, so lässt es sich in der Regel gut operieren. Dabei werden auch die umgebenden Lymphknoten entfernt. Der Eingriff erfolgt minimal-invasiv. Das heißt, der Chirurg entfernt den Tumor durch kleine Schnitte im Brustkorb mithilfe einer Kamera und spezieller Instrumente. „Das schont den Patienten. Es minimiert die sonst üblichen Probleme, beispielsweise eine nachfolgende Lungenentzündung“, erklärt Prof. Kreis.
„Befindet sich das Plattenepithelkarzinom in einem fortgeschrittenen Stadium, allerdings noch ohne Metastasierung, beginnen wir die Therapie mit einer Kombination aus einer Bestrahlung und einer Chemotherapie“, so Prof. Kreis. Ist der Patient in einem körperlich guten Zustand, wird er circa vier Wochen nach Abschluss dieser neoadjuvanten Radio-Chemotherapie operiert.
Kann der Patient hingegen nicht operiert werden, dosieren die Onkologen die Radio-Chemotherapie höher und verzichten auf einen Eingriff, der stets eine starke Physis des Patienten voraussetzt. „Wir erzielen mit beiden Verfahren sehr ähnliche Ergebnisse. Wenn auch die Operation leichte Vorteile bietet“, fasst Prof. Kreis zusammen.
Die Behandlung des Adenokarzinoms
Das Adenokarzinom tritt grundsätzlich im unteren Bereich der Speiseröhre auf. Frühe Formen lassen sich endoskopisch behandeln, also via Magenspiegelung. Ist der Tumor schon etwas vorangeschritten, wird der Bereich der Speiseröhre vom Bauchraum her entfernt, der Magen größtenteils erhalten – und gegebenenfalls unter Einsatz eines Dünndarm-Interponates – wieder an die Speiseröhre angenäht. Die Chirurgen nennen das Magenhochzug oder Merendino-Operation.
„Auch diese sogenannte limitierte Operation ist für den Patienten wenig belastend. Der Tumor kann vollständig entfernt werden. Eine Heilung ist dann sehr wahrscheinlich“, sagt Prof. Kreis.
Der Magenhochzug als wirksame Hilfe
In fortgeschrittenen Stadien kann das Adenokarzinom ebenfalls operiert werden. Zusätzlich entfernen die Chirurgen dann die anliegenden Lymphknoten und machen ebenso einen Magenhochzug, wobei für die vollständige Lymphknotenentfernung in der Regel eine Operation über Bauchraum und Brustkorb erforderlich ist.
Bei stark fortgeschrittenen Stadien erfolgt eine neoadjuvante Therapie in Form einer Radio-Chemotherapie oder nur eine Chemotherapie. Der Tumor soll so verkleinert und die Wirksamkeit der Medikamente getestet werden. Erst hiernach erfolgt die Operation, mit anschließendem Magenhochzug.
Die Wahl der richtigen Klinik
Die Therapie des Speiseröhrenkrebses ist komplex. Umso wichtiger ist es für Betroffene nun, Ärzte zu finden, die eine entsprechende Expertise haben. „Studien zeigen, dass gerade die Erfahrung der behandelnden Klinik zu besseren Heilungs- und Überlebensraten führt“, betont Prof. Kreis.
Wichtig ist es zudem, eine Klinik zu finden, in der alle wichtigen medizinischen Abteilungen zur Therapie des Speiseröhrenkrebses verfügbar sind. Hierzu zählen vor allem die Chirurgie, die Gastroenterologie, die Onkologie und die Strahlentherapie. Zum Beispiel gibt es in Deutschland Kompetenzzentren für die Chirurgie des Magens und der Speiseröhre, die von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie oder der Deutschen Krebsgesellschaft (Viszeralonkologische Zentren) zertifiziert und qualitätsüberwacht sind.