Prostatakrebs Ambulante Rehabilitation nach der Operation
Nach einer akuten Krebsbehandlung hat jeder das Recht auf eine Rehabilitation von mindestens drei Wochen. Ziel ist, die Patienten möglichst rasch wieder in die Lage zu versetzen, dass sie am sozialen, privaten und beruflichen Leben möglichst gut teilnehmen können.
Das klingt sperrig, ist aber im Wesentlichen der Kern dieser Maßnahmen. Alle kennen die Bilder von Rehabilitationskliniken. Meist sind sie in schönen Landschaften in den Bergen oder am Meer gelegen. Oft die perfekte Urlaubsregion. Aber meist können Patienten diese Reize gar nicht genießen. Denn Rehabilitation ist kein Urlaub! Sie ist eine ganz wesentliche Komponente der gesamten Krebstherapie.
„Trotzdem fragen sich viele Patienten, soll ich eine Rehabilitation überhaupt machen?“, sagt Professor Dr. Claudio Denzlinger, Facharzt für internistische Onkologie und Leiter Onkologische Rehabilitation am Zentrum für ambulante Rehabilitation in Stuttgart. Aus seiner Sicht muss die Antwort in den allermeisten Fällen klar mit ja beantwortet werden. „Die einzige Frage ist eigentlich, mache ich klassisch eine stationäre Rehabilitation oder suche ich mir eine ambulante Rehabilitation in der Nähe meines Wohnortes“, ergänzt der Onkologe.
Warum ambulant?
„Zu Hause ist es viel schöner und oft auch viel bequemer“, sagen Patienten, die sich für eine ambulante Variante entscheiden. „Genau diese Patienten sprechen wir an“, sagt Prof. Denzlinger. „Sie wollen genau die Kombination aus Privatem und Medizinischem“. Den Tag über Rehabilitation, am Abend Feierabend wie gewohnt und nachts das eigene Bett.
Es gibt vier ganz gewichtige, fast schon medizinische Gründe für eine ambulante Rehabilitation am Ort der Akutbehandlung:
- Das medizinische Umfeld bleibt erhalten. Bei Problemen bedeutet dies, dass oft auf dem kleinen Dienstweg Informationen zwischen dem Behandler im Krankenhaus und dem Rehabilitationsteam ausgetauscht werden können.
- Das soziale Umfeld bleibt erhalten. Das heißt, der Transfer des Erlernten in die Praxis findet schon oft direkt während der Rehabilitation statt. Das Gelernte kann so leichter in den Alltag integriert werden.
- Therapie und Rehabilitation können bei Bedarf auch parallel durchgeführt werden.
- Nicht ganz banal – Die Patienten müssen keine Zuzahlung für die Unterbringung sowie die Verpflegung übernehmen, und eine beschwerliche Anreise entfällt auch.
Das gleiche Pensum
Ambulante Rehabilitationen unterscheiden sich von der medizinischen Seite nicht von einer stationären Maßnahme. Nach einer Prostata-Operation wird die Rehabilitation meist zwischen einer und drei Wochen nach der Operation begonnen. Dabei gilt, dass so schnell wie möglich mit den Übungen zur Verbesserung der Kontinenz und Potenz begonnen werden soll. „Voraussetzung ist aber, dass die Operationswunden schon recht weit abgeheilt und schmerzfrei sind“, betont Prof. Denzlinger. „In der Rehabilitation von Prostata-Patienten werden nämlich die Muskeln des Beckenbodens besonders intensiv trainiert – das geht natürlich nur dann gut, wenn die Patienten dort keine Schmerzen mehr haben.“
Die Erfahrung zeigt: Intensives und kontinuierliches Training – auch nach der Rehabilitation – bringt meist gute Erfolge. Reicht das nicht aus, schlagen die Therapeuten in der Rehabilitation weitere Maßnahmen vor. Diese reichen über abgewandelte oder spezielle Übungen bis zu Medikamenten. Festgelegt wird das in Therapiegesprächen.
„Erfolgskontrolle ist ein wesentlicher Faktor in der Rehabilitation“, ergänzt Prof. Denzlinger. „In Zwischenuntersuchungen und Therapiegesprächen wird ständig überprüft, ob Therapiemaßnahmen und Ziele für den Patienten richtig gewählt sind.“ Gelingt es nämlich nicht, ein bestimmtes Rehabilitations-Ziel bei der Inkontinenz, Kräftigung oder Potenz direkt zu erreichen, suchen Patient und Therapeut nach alternativen Rehabilitationsansätzen oder nach Zwischenschritten, die auch erreichbar sind.
Transfer in den Alltag
Rehabilitationen sind immer in gewisser Form Eintagsfliegen. Die Therapeuten zeigen etwas, die Patienten absolvieren das Programm. Fast alle haben während und nach der Rehabilitation gute Vorsätze, den Alltag umzustellen und den Lebensstil zu ändern. Doch leider bleibt es oft bei den guten Vorsätzen – zu stark ist der Druck des Gewohnten.
Ideale Kombination
Hartmut F. aus Stuttgart, 62 Jahre alt, ist selbstständiger Architekt mit fünf Angestellten.
Geplanter Urlaub in den Sommermonaten konnte bisher immer ganz gut im Büro abgesprochen werden. Die anfallende Arbeit wurde auf die Kollegen verteilt. Aber seine Prostata-Operation und anschließende Rehabilitation fiel nicht in die flaue Sommerzeit. Sie lag mitten drin in der Arbeit. „Als ich vom Sozialdienst auf die Möglichkeit der ambulanten Rehabilitation angesprochen wurde, war ich hellwach“, sagt Hartmut F. „Eine dreiwöchige Auszeit, fernab vom Büro und Baustellen, konnte ich mir nämlich nicht vorstellen.“
Schnell war für ihn klar: Er wird eine Rehabilitation machen, aber ambulant. „Ich war in der Einteilung meiner Therapien und Aktivitäten sehr frei“, betont Hartmut F. „Das gab mir die Möglichkeit, wichtige Termine für das Büro wahrzunehmen.“
Ihm wurde aber auch sehr deutlich gemacht, dass zu den ungefähr fünf Stunden Therapie auch eine gehörige Zeit für die Erholung bleiben muss. „Das war zum Teil schwer einzuhalten“, gibt Hartmut F. zu. Seine meine Frau und Kollegen haben aber mit darauf geachtet, dass er nur zwei bis drei Stunden pro Tag gearbeitet hat. Vieles konnte auch schon auf dem Hin- und Rückweg erledigt werden. Ein Beispiel dafür, wie sich ambulante Therapie im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt machen kann.
„Wir versuchen, mit den Patienten auf die Suche nach dem zu gehen, was ihnen dauerhaft Spaß macht“, sagt Prof. Denzlinger. „Deshalb ist unser Angebot sehr vielfältig.“ Sport, Ernährung, Geist und Seele werden angesprochen. Dabei werden die Patienten immer animiert, schon während der Rehabilitation aktiv auf die Suche zu gehen, wo sie diese Anregungen dauerhaft umsetzen können. Dies ist ein unschlagbarer Vorteil der ambulanten Rehabilitation.