Brustkrebs Aromatase-Hemmer – Mit Anti-Hormonen den Tumor ausbremsen

Autor: MPL-Redaktion

Aromatase-Hemmer können ein wichtiger Bestandteil der Hormontherapie bei Brustkrebs sein. © Axel Kock – stock.adobe.com

Moderne Diagnosetechniken haben in der Brustkrebs-Therapie den Weg eröffnet: Mit ihnen konnte nicht nur der Zusammenhang zwischen dem Hormonhaushalt des Körpers und einer Tumorerkrankung geklärt werden, sondern sie sind zwischenzeitlich unverzichtbarer Bestandteil moderner Tumorbehandlung geworden.

„Wir haben in den letzten Jahren mithilfe der Erforschung von Hormonen große Fortschritte gemacht“, sagt Professor Dr. Stefan Paepke, leitender Oberarzt Senologie am Klinikum rechts der Isar in München. „Wir sind damit besser denn je in der Lage, eine differenzierte Dia­gnose zu stellen und individualisierte Therapiekonzepte zu entwickeln, um so den Tumor effektiver und weniger belastend für die Patienten zu bekämpfen.“

Hormone als Auslöser von Krebs

Hormone sind in der Tat ein gewichtiger Faktor bei der Entstehung und der Ausbreitung von Brusttumoren. Etwa zwei Drittel aller bösartigen Brusttumoren wachsen abhängig von den weiblichen Geschlechtshormonen, insbesondere dem Östrogen und dem Gestagen. Werden diese Hormone von der Geschlechtsreife an in größeren Mengen in den Eierstöcken produziert, so endet die Hormonproduktion aber nicht mit den Wechseljahren.

Der Körper produziert weiter

Tatsache ist: Ab dem Zeitpunkt der Wechseljahre sinkt die Hormonmenge im weiblichen Körper insgesamt zwar ab, jedoch erzeugen Organe wie die Leber, die Nebenniere oder Fettgewebe und Muskeln weiterhin eine ausreichende Menge davon.

Diese dann immer noch anhaltende Hormonproduktion kann unter Umständen hormonsensible Tumoren in ihrem Wachstum befeuern.

1. Hormone können Tumoren wachsen lassen

„Ob dies im Einzelfall so ist, kann leicht an den Gewebeproben des Tumors abgelesen werden“, erläutert Prof. Paepke den Patientinnen: „Findet sich dort ein ,Hormonrezeptorstatus positiv‘, ein ,ER+‘ oder ein ,PgR+‘, so weist dies auf einen Brusttumor hin, der entsprechende Rezeptoren für Hormone ausgebildet hat. An diese docken die Geschlechtshormone an und lösen für die Krebszelle Wachstumssignale aus. Die Zellteilungsrate steigt und der Tumor wächst.“

Aus den Daten können Spezialisten wichtige Hinweise auf die im Einzelfall notwendige Therapieform ziehen. Finden sich Hormonrezeptoren im Tumorgewebe – und dies ist bei rund drei Viertel aller Patientinnen der Fall –, so bestehen in der Therapie gute Chancen, der Ausbreitung des Tumors mit Regulierung des Hormonhaushalts zu begegnen. Finden sich dagegen keine Hormonrezeptoren, kann den Patientinnen eine andere maßgeschneiderte Therapie angeboten werden. Generell werden Therapieansätze, die auf die Beeinflussung von Hormonrezeptoren abstellen, als Anti-Hormontherapien bezeichnet.

„Diese seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts verfügbaren sogenannten endokrinen Therapien stoppen oder verlangsamen das Tumorwachstum durch den Einsatz spezieller Medikamente. Dabei verhindern Aromatase-Hemmer als Blockierer von Enzymen die Umwandlung körpereigener Hormone in Östrogene“, so Prof. Paepke. Anti-Hormontherapien wirken somit im gesamten Körper – Ärzte bezeichnen das als „systemische“ Wirkung: Diese Therapien bekämpfen selbst kleinste Tumorabsiedelungen und greifen gesunde Zellen nicht direkt an. Dadurch sind diese Therapien i.d.R. gut verträglich und können über mehrere Jahre hinweg zum Einsatz kommen. Sie sind neben der Operation, Chemotherapie und Bestrahlung ein wirksames und erprobtes Mittel, dem Tumor beizukommen.

2. Den Wachstumsreiz stoppen

Aromatase-Hemmer werden in der Hormontherapie speziell bei Brusttumoren von Frauen nach den Wechseljahren eingesetzt, die aufgrund ihrer individuellen Krankheitsumstände nicht mit Anti-Östrogenen behandelt werden können.

Aromatase ist ein körpereigenes Enzym, dessen Aufgabe es ist, eine biochemische Reaktion, nämlich den Umbau von Androstendion und Testosteron in Östrogen, zu befördern und zu beschleunigen. Damit ist Aromatase eine der zentralen Schlüsselstellen, um die Menge des Östrogens im Körper zu steuern.

Und diese Steuerung kann ein Aromatase-Hemmer – im Mediziner-Deutsch heißt das: „Aromatase-Inhibitor“ – übernehmen. Er dockt an die Aromatase an, blockiert das Enzym und vermindert so die Produktion von Östrogen.

Je weniger Östrogen im Körper kreist, desto geringer die Wachstumsanreize auf den Tumor oder seine Tochterzellen. Aromatase-Hemmer kommen im Regelfall ergänzend („adjuvant“) zu Chemotherapie und Bestrahlung erst nach einer Tumoroperation zum Einsatz und werden dann bis zu zehn Jahre, meist jedoch zwischen drei und fünf Jahren in Form einer Tablette täglich eingenommen.

Sie mindern das Risiko eines Rückfalls, bremsen bislang unerkannte Tumorzellen aus und hindern vorhandene Metastasen zu wachsen. Die in Deutschland mittlerweile zugelassenen Aromatase-Hemmer sind in ihren Wirkungen und Nebenwirkungen grundsätzlich miteinander vergleichbar und gut verträglich.

Allerdings gilt es für Patientinnen zu beachten: Es können durch die Reduktion des Östrogens in einigen Fällen bestimmte Nebenwirkungen auftreten. Diese Nebenwirkungen ähneln meist den Wechseljahresbeschwerden, die Frauen in der Menopause durchleben.

3. Auf Wechselwirkungen achten!

Vorsicht ist jedoch bei der Auswahl der Präparate geboten, die die Nebenwirkungen abmildern sollen. „So können nicht nur Hormonpräparate wie zum Beispiel Scheidenzäpfchen oder spezielle Hautcremes, sondern ebenso Sojaprodukte oder Johanniskraut die Wirkungsweise der antihormonellen Behandlung schwächen und dürfen daher nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt angewendet werden“, rät Prof. Paepke.

Aromatase-Hemmer werden allein oder im Wechsel mit anderen Anti-Hormonmedikamenten verschrieben, je nach individueller Risikokonstellation und auftretenden Nebenwirkungen. Studien haben gezeigt, dass gerade der Wechsel zwischen verschiedenen Medikamenten deutliche Vorteile für die Patientinnen bringen kann. Allerdings ist hier eine vertrauensvolle und umfassende Aufklärung notwendig, die den Wechsel einer guten, bewährten auf eine neue, unbekannte Medikamention für die Betroffenen verständlich und nachvollziehbar macht.

„Aromatase-Hemmer haben sich bewährt. Patienten überleben deutlich länger ohne weitere Tumorerkrankung, und wenn es tatsächlich zu einem Wiederaufflackern der Erkrankung kommt, geschieht dies deutlich später“, fasst Prof. Stefan Paepke die Ergebnisse vieler Studien zusammen. „Deshalb sind diese Medikamente aus der modernen Tumortherapie nicht mehr wegzudenken.“


In den letzten Jahren gab es große Fortschritte bei der Erforschung von Hormonen. © iStock/HadelProductions