Selbsthilfe Nach dem Magenkrebs: Tipps aus der Gruppe helfen

Autor: Heiko Schwöbel

„Erst in den Gesprächen mit den anderen Patienten habe ich die Krankheit richtig verstanden.“ © fotogestoeber – stock.adobe.com

In Deutschland erkranken etwa 17.000 Menschen neu an Magen- oder Speiseröhrenkrebs. Ist der Tumor auf den Magen oder die Speiseröhre begrenzt, wird er meist operativ entfernt. Für die Patienten bedeutet das, dass sie dann ihre Ernährung umstellen müssen. Selbsthilfegruppen sind dabei wichtig.

Selbsthilfegruppen sind inzwischen fester Bestandteil der Krebstherapie. Mit der aktiven Unterstützung durch die Krankenkassen, Ärzte und Krankenhäuser konzentrieren sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppen darauf, die Krankheit und deren Folgen besser zu bewältigen. Sie werden als Experten in eigener Sache aktiv. „Für mich war und ist die Selbsthilfegruppe extrem wichtig“, sagt Felix Buck, 71 Jahre alt, aus Hülben auf der Schwäbischen Alb. „Erst in den Gesprächen mit den anderen Patienten habe ich die Krankheit richtig verstanden und kann heute, auch 10 Jahre nach meiner Behandlung, viel besser damit umgehen.“ Felix Buck leitet eine der wenigen Selbsthilfegruppen für Magen- und Speiseröhrenkrebs- Patienten in Deutschland.

Überregionale Arbeit

„Mit der Arbeit für und in der Gruppe wollen wir anderen Menschen Mut machen und zeigen, dass trotz dieser Erkrankung ein lebenswertes Leben geführt werden kann“, fasst Felix Buck seine Arbeit zusammen. „Heute gebe ich meiner Gruppe ein Stück von dem zurück, was ich in den letzten Jahren von der Gruppe bekommen habe.“ Patienten kommen aus einem Umkreis von rund 100 km zu den Gruppenabenden und Ausflügen nach Reutlingen. Manchmal werden die Treffen sogar an den Flugplänen der Referenten ausgerichtet. Weil manche Gruppenmitglieder trotz der Erkrankung aktiv im Berufsleben stehen, trifft sich die Gruppe auch ab und an am Wochenende zu den Ausflügen und den Wanderungen.

Bitte zunehmen

„Ein großes Problem der Magen- und Speiseröhrenkrebspatienten ist die Gewichtsabnahme. Das Gewicht zu halten oder noch besser wieder aufzubauen, ist ein Hauptthema in der Gruppe“, sagt Felix Buck. „Dieses Thema nimmt einen ganz wesentlichen Teil der Arbeit in der Selbsthilfegruppe ein.“ Die Patienten stecken dabei in einem Dilemma. Auf der einen Seite sollen sie sich ausreichend bewegen und wenn möglich sportlich aktiv sein. Dies erhöht den Kalorienbedarf. Auf der anderen Seite sollen sie aber auch das Gewicht halten oder sogar zunehmen. „Und das Ganze mit einem Verdauungssystem, das nicht mehr so wie früher funktioniert“, erklärt Felix Buck. „Diese Quadratur des Kreises ist der Alltag von uns und unseren Familien.“

Hilfe – ganz individuell

Eine gute Ernährungsberatung nach einer Magen- oder Speiseröhrenoperation ist sehr wichtig. „Deshalb raten wir in der Gruppe dazu, über mindestens ein halbes Jahr ein Ernährungstagebuch zu führen“, sagt Felix Buck. „Darin werden akribisch die Zeiten, die Art und Menge der Mahlzeiten und die Reaktionen darauf aufgeschrieben.“ Im Verlauf zeigt sich dann deutlich, welche Speisen individuell gut oder weniger gut vertragen werden. Dabei spielt die Rückkopplung in der Selbsthilfegruppe eine wesentliche Rolle. Der regelmäßige Austausch mit anderen Betroffenen bringt immer wieder neue Tricks und Tipps, wie die Ernährung noch besser auf den einzelnen angepasst werden kann.

Den Appetit anregen

Die Erfahrung zeigt, dass schon mit kleinen Veränderungen einiges bewegt werden kann. Vielen Patienten hilft es, wenn sie schon 20 Minuten vor der eigentlichen Hauptmahlzeit einen kleinen Appetit-Happen essen, damit die Verdauungssäfte angeregt werden. Dann hat der Körper Zeit, sich auf das Essen und damit die Verdauung vorzubereiten. So können die Nährstoffe in vielen Fällen viel besser aufgenommen werden. Weil der Magen und die Speiseröhre kleiner oder kürzer ist, kann nicht viel Nahrung auf einmal aufgenommen werden. Deshalb kann es ratsam sein, sechs oder acht Mal am Tag kleinere Portionen zu essen, die dann besser vertragen und verdaut werden können.

Filter oder Vollautomat?

„Vor meiner Operation verging kein Tag, ohne dass ich zwei bis drei Tassen Kaffee getrunken habe“, erzählt Felix Buck. „Nach meiner Operation hat der Kaffee plötzlich richtig verbrannt geschmeckt. Deswegen habe ich dann fast keinen Kaffee mehr getrunken.“ Dies spricht Felix Buck einmal in der Selbsthilfegruppe am Rande an. Daraufhin meldet sich ein Gruppenmitglied und rät, einen Kaffee-Vollautomaten statt eines Kaffee-Filters auszuprobieren. Gesagt getan: Von Stund an schmeckt der Kaffee so wie früher. „Dieses Beispiel ist nur eines von vielen“, betont Felix Buck. „Es vergeht kaum ein Treffen ohne neue Hinweise und Anregungen.“


Felix Buck, Leiter einer Selbsthilfegruppe für Magen- und Speiseröhrenkrebs-Patienten aus Hülben © privat