Soziale Leistungen Kassen, Ämter und Sozialer Dienst – Wer weiß wo weiter?

Autor: Heiko Schwöbel

Die sozialen Dienste sind ein wichtiger Baustein im Netz der Institutionen. Patienten sollten von sich aus aktiv werden und sie ansprechen, wenn Hilfe nötig ist. © Jakub Jirsák – stock.adobe.com

Vor, während und nach der Krebstherapie müssen oft Anträge oder Formulare ausgefüllt werden. Ohne Sachverstand kann einiges schiefgehen, verzögert oder manche Hilfeleistung schlicht vergessen werden. Aber es gibt einige Möglichkeiten, wie Sie zu Ihrem Recht kommen und Unterstützung anfordern können.

Damit alle finanziellen und sozialen Unterstützungen richtig beantragt werden, müssen Informationen oft mit viel Mühe im Internet, aus Broschüren, Verordnungen, bei Ämtern und so weiter beschafft, ausgewertet und entsprechende Anträge geschrieben werden. Viele Patienten und Angehörige sind damit völlig überfordert. Oft können und wollen sie sich damit weder geistig noch tatsächlich intensiv beschäftigen – die Krankheit und die Behandlungen nehmen sie völlig in Beschlag.

„Für dieses Thema braucht es einen Lotsen, der die Pfade in den Dschungel aus Vorschriften und Verordnungen schlägt“, sagt Evi Clus, Vorstand der Psychosozialen Krebsberatung Sigmaringen e.V. und Selbsthilfegruppenleiterin Gammertingen, Sigmaringen und Stetten a.k. M.

„Die Sozialen Dienste in den Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken sind darauf spezialisiert, Hilfen und Unterstützungen im psychosozialen Bereich zu übernehmen.“ Außerhalb der Krankenhäuser sind die Krebsberatungsstellen und Krankenkassen die richtigen Ansprechpartner.

Soziale Dienste als erster Ansprechpartner

Die Sozialen Dienste in Krankenhäusern und Rehakliniken sind die zentralen Ansprechpartner für alle Fragen des sozialen Umfelds. Dazu gehören Beratungen und Unterstützung, wenn es um die weitere ambulante und stationäre Versorgung bei Pflegebedürftigkeit, Pflegedienste, hauswirtschaftliche Hilfen, Hilfsmittel, Hausnotruf, Essen auf Rädern, Kinderbetreuung und so weiter geht.

Sie helfen, die entsprechenden Anträge bei den Pflege- und Krankenversicherungen sowie Sozialleistungsträgern zu stellen. Sie geben Patienten und Angehörigen auch unverbindliche Auskünfte zum Betreuungsrecht, zur Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Für die individuelle Beratung verweisen sie auf entsprechende Stellen und Personen.

Tumorpatienten haben das Recht auf Rehabilitation. Diese kann innerhalb eines Jahres nach den Akut-Behandlungen mit Operationen, Chemo- oder Strahlentherapien in Anspruch genommen werden. Sie soll den Erfolg der Krebstherapie sichern und die gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Privat- und Erwerbsleben möglichst gering halten. Grundsätzlich dauern Rehabilitationen drei Wochen. Je nach Beeinträchtigung können sie auch verlängert werden. Im Krankenhaus soll sich die Sozialberatung um den Antrag kümmern.

Nach der Akut-Behandlung werden Rehabilitationen mit dem Hausarzt bzw. Onkologen oder bei der Renten- oder Krankenversicherung beantragt. „Wenn Anträge abgelehnt werden oder die freie Wahl der Rehaklinik eingeschränkt wird, kann sich der Gang zum Fachanwalt für Sozialrecht lohnen“, sagt Evi Clus. „Er prüft, ob die Ablehnung hinreichend begründet ist und setzt im Zweifel die Forderungen durch.“

Auf die Barrikaden gehen

In den Leitlinien und Vorschriften ist detailliert geregelt, wer welche Hilfe und Unter­stützung bekommen soll. „Aus meiner Erfahrung weiß ich aber, dass manche Krankenhäuser, Ämter oder Kassen die Leistungen im sozialen und psychologischen Bereich gerne schleifen lassen, verzögern oder schlicht nicht anbieten“, sagt Evi Clus. „In diesen Fällen rate ich immer, sofort und vehement dagegen anzugehen. Beschwerden bei Ärzten, Schwestern oder Sachbearbeitern nützen meist nicht viel. Obwohl sie die Missstände und Nachlässigkeiten genau kennen, haben sie darauf wenig Einfluss.“

Daher rät die Initiatorin von Selbsthilfegruppen und Krebsberatungsstellen, direkt die Leitung der Einrichtungen anzugehen. „Ich bin davon überzeugt, dass Missstände deutlich und auch öffentlich angesprochen werden müssen, um Verbesserungen zu erreichen“, sagt Evi Clus. „Das zeigt meine über 20-jährige Erfahrung im Umgang mit Behörden und Einrichtungen im Gesundheitssektor.“

Wichtig: Die Selbsthilfegruppen

Nach dem Krankenhaus- und Rehabilitationsaufenthalt stehen die Krebsberatungsstellen der Gemeinden, Kreise, freien Trägervereine und dergleichen zur Unterstützung bereit.

Selbsthilfegruppen können für Patienten und Angehörige auch sehr wichtige Anlaufstellen sein. Sie unterstützen Betroffene in allen Fragen, die auch die Sozialen Dienste abdecken sollen. Zusätzlich können Selbsthilfegruppen Halt und Mut machen, die Krankheit und deren Folgen besser zu bewältigen. „Der ganz wesentliche Unterschied zwischen Selbsthilfegruppen und Sozialen Diensten beziehungsweise Beratungsstellen ist, dass die Gruppenmitglieder erlebte Kompetenz in die Gespräche einbringen können“, betont Evi Clus. „Hinzu kommt, dass die Selbsthilfe völlig uneigennützig handelt und nur vom Ehrenamt getragen wird.“

Menschen mit Krebs können beim Versorgungsamt oder Landratsamt einen Schwerbehindertenausweis beantragen. Er sichert zum Beispiel einen erhöhten Kündigungsschutz am Arbeitsplatz, zusätzliche Urlaubstage und Vergünstigungen beim Besuch von Schwimmbädern, Museen und anderen Einrichtungen.


Evi Clus, Vorstand der Psychosozialen Krebsberatung Sigmaringen e.V. und Selbsthilfegruppenleiterin Gammertingen, Sigmaringen und Stetten a.k.M. © Privat