Prostatakrebs Selbsthilfe: Wie Mann und Frau gemeinsam zusammenarbeiten können

Autor: Perspektive LEBEN

Kraft geben, nicht aufgeben: Der Sinn der Selbsthilfegruppe besteht in der gegenseitigen Unterstützung – auch in schwierigen Zeiten. © iStock/vadimguzhva, Warchi

Die Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Stuttgart geht ungewöhnliche Wege. Lesen Sie, warum die Gruppe persönliche Gespräche noch vor Beginn der Therapien empfiehlt – und außerdem noch zusätzlich eine sehr aktive Frauengruppe eingerichtet hat.

Die Diagnose von Prostatakrebs lässt sich besser im Gespräch mit Betroffenen als alleine verarbeiten. Und Prostatakrebs betrifft natürlich auch die Partnerin. Von diesen beiden Prinzipien ist die Selbsthilfegruppe Pro­statakrebs Stuttgart überzeugt. „Deshalb raten wir immer dazu, früh – noch vor der Behandlung – in die Gruppe zu kommen und das Gespräch zu suchen“, sagt Helmut Stumpf, 2. Vorsitzender und Öffentlichkeitsarbeiter der Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Stuttgart e.V. „Und am besten kommen die Partnerinnen oder ein Vertrauter gleich mit dazu.“

Im Vorfeld der Therapie ist der Kontakt schon hilfreich

„Prostata ist keine reine Männersache“, betont Helmut Stumpf. „Es sind immer beide betroffen. Deshalb ist es wichtig, dass die Partnerin mit in die Gruppe kommt.“ Die Selbsthilfegruppe hat sich zum Ziel gesetzt, Betroffene und ihre Frauen zu informieren, sie mit ihren Problemen und Sorgen aufzufangen, zu begleiten, zu helfen und einfach nur da zu sein. „Besonders am Anfang ist dies besonders wichtig“, sagt Helmut Stumpf. „Die Informationen sind noch frisch und oft unverdaut.“

Wie finde ich die richtige Gruppe?

Wer den Anschluss an eine Selbsthilfegruppe sucht, sollte sich zuerst prüfen, ob er oder sie sich in eine solche Gruppe auch hinreichend aktiv einbringen kann. Ausgesprochene Sozialmuffel werden sich in einer Gruppe, in der es um Austausch auch sehr persönlicher Fragen geht, nur selten wirklich wohlfühlen. Die weiteren Fragen, die vor dem aktiven Eintritt in eine solche Gruppe von Betroffenen an sich selbst gestellt werden sollten, lauten:

  • Was erwarte ich mir von der Arbeit in einer Selbsthilfegruppe ganz konkret für mich? Ist eine solche Gruppe in der Lage, mir genau diese Informationen zu geben, die ich mir für meine Krankheit erhoffe?

  • Sind die Gruppen, die in meiner Umgebung angeboten werden, hinreichend seriös? Hilfreich ist dabei der Blick auf die Homepage oder auch der persönliche Rat des behandelnden Arztes. Er hat meist zu den Gruppen in räumlicher Umgebung Zugang und weiß, welche Angebote sie machen.

  • Welche Informationsangebote bietet die Gruppe? Ist sie hinreichend offen, sodass ich als Betroffener die Möglichkeit bekomme, mich einfach einmal als Gast über die Gruppenarbeit zu informieren?

  • Welche professionellen Informationsstandards vertritt die Gruppe? Baut sie auf seriöse Informationen beispielsweise der Deutschen Krebsgesellschaft und auf die offiziellen Leitlinien? Sind seriöse Ratgeber und Ärzte auf der Homepage als Experten genannt? Was berichten aktive und ehemalige Mitglieder?

  • Falls das nicht der Fall sein sollte: Bitte Finger weg! Das gilt für alle einseitigen Empfehlungen oder Scharlatanerien!

In den ersten Gesprächen können dann die Befunde nochmals besprochen und die Behandlungen gegeneinander abgewogen werden. Dabei geht es auch darum, nochmals alle Optionen der Behandlung genau zu erklären und die Folgen für die weitere Lebensplanung intensiv zu besprechen.

Das Gebot der Vertraulichkeit bestimmt das Gespräch

„Die Initiative, die Selbsthilfegruppe aufzusuchen, geht oft von den Partnerinnen aus“, sagt Helmut Stumpf. „Die Frauen interessieren sich im Wesentlichen dafür, was sie tun können, damit ihr Mann möglichst rasch wieder gesund wird. Deshalb wird im ersten Kontakt meist das Sechs-Augen-Gespräch mit uns geführt.“ In diesem Gespräch wird auch darauf hingewiesen, dass die beiden Vorsitzenden immer für ein persönliches oder telefonisches Gespräch zur Verfügung stehen.

„Die Sexualität ist in diesen Gesprächen für die Männer immer ein Thema“, berichtet Helmut Stumpf. „Die Frauen sind da wesentlich entspannter. Bei ihnen steht die Gesundheit im Vordergrund.“ Nach diesen Gesprächen sind die Paare dann gut vorbereitet, die weiteren Gespräche mit den Ärzten zu führen, um zu einer gemeinsamen Therapieentscheidung zu kommen.

Nach den Behandlungen gibt es immer noch viele Fragen

Während der und nach den Behandlungen steht die Selbsthilfegruppe mit Rat und Tat zur Verfügung. In den Gesprächen wird immer wieder betont, wie wichtig die körperliche Fitness und ein kräftiger Beckenboden sind. „Deshalb raten wir dazu, unbedingt mit dem Arzt zu besprechen, wie die Operation gut vorbereitet werden kann“, betont Helmut Stumpf. „Gleiches gilt für eine Rehabilitation. Auch diese sollte unbedingt absolviert werden.“

Der erfahrene 2. Vorsitzende ergänzt, dass er den Eindruck hat, dass die Tipps zu Reha und Sport von den Patienten oft besser angenommen werden, wenn sie von Mitbetroffenen statt von Ärzten und Therapeuten angesprochen werden.

Die Arbeit in der Gruppe klärt, was jeder Patient selbst tun kann

Die Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Stuttgart e.V. hat viele aktive Mitglieder. Zu den monatlichen Treffen in Stuttgart kommen bis zu 80 Betroffene. Sie informieren sich in Vorträgen über neue Therapien und Behandlungen. Beim Erfahrungsaustausch an Thementischen trifft sich die Frauengruppe gesondert, um zu besprechen, was ihr Beitrag sein kann, um die Krankheit besser gemeinsam zu bewältigen.

Neben den typischen Themen einer Prostataerkrankung werden immer wieder allgemeine Themen der Lebensführung bei einer Krebserkrankung aufgenommen. „Damit wollen wir den Bogen weiter spannen“, betont Helmut Stumpf. „Auch in der Frauengruppe werden immer wieder Themen abseits des Prostatakrebses besprochen und vertieft.“

Die Routine holt die Patienten rasch wieder ein

Wenn dann die Akutbehandlung abgeschlossen ist, treten die Alltagsprobleme stärker in den Vordergrund. Ganz wichtig ist dabei der Umgang mit der Potenz und Kontinenz. Auch hier steht die Selbsthilfegruppe mit Rat und Tipps bereit.

„Diese Themen sind natürlich fester Bestandteil unserer Information und Aufklärungsarbeit“, sagt Helmut Stumpf. „Die Gespräche reichen über Medikamente bis zu mechanischen Hilfen. Sie schließen natürlich auch den anderen und einen neuen Umgang mit der Sexua­lität mit ein. Wir kooperieren dabei mit der Stuttgarter Selbsthilfegruppe Erektile Dysfunktion.“

Es blieb die Motivation, sich zu engagieren

„Mein Krankheitsverlauf war von Beginn an nicht leicht und auch nicht leicht zu verkraften“, sagt Helmut Stumpf im Rückblick auf seine eigene Krankheitsgeschichte. Keine Frage – das ist leicht zu verstehen, wenn man sich die Umstände der Erkrankung vor Augen führt: „Ich war gerade 53 Jahre alt, als ich die Diagnose Prostatakrebs erhalten habe.“

Die Selbsthilfegruppe hat Helmut Stumpf und seine Frau immer wieder gestützt und Halt gegeben. „Mein jetziges Engagement in der Gruppe ist mein Dankeschön an die Selbsthilfegruppe. Zudem hält es mich fit und es macht mich sehr glücklich, wenn ich immer wieder sehe, wie Männer und Frauen durch unsere Arbeit ein Stück Zuversicht zurückgewinnen.“


Helmut Stumpf, 2. Vorsitzender und Öffentlichkeitsarbeiter Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Stuttgart e.V. © Privat