Sport und Essen Lebensqualität bei Krebserkrankung durch Bewegung und bunte Kost
Noch vor wenigen Jahren war das Motto bei Krebserkrankungen: schonen, Ruhe geben, keine körperlichen Belastungen und am besten Schonkost essen. Dies galt bei den Chemotherapien ebenso wie bei der Strahlentherapie und erst recht bei großen Operationen. Neueste Studien zeigen jedoch deutlich, dass das Gegenteil davon gilt. Vor, während und nach der Behandlung empfehlen Ärzte und Betreuer, fordernde körperliche Aktivitäten zu entfalten und normale Lebensmittel zu essen. „Wir wissen heute, dass mit gesteigerter körperlicher Aktivität das Risiko, an den Folgen von Krebs zu versterben, erheblich reduziert werden kann“, sagt Dr. Jens Winter-Emden, Facharzt für Hämatologie und Onkologie, Klinik für Innere Medizin am Diakonie Klinikum Stuttgart. Einzelne Studien belegen, dass das Risiko um bis zu 50 Prozent verringert werden kann.
Weg mit der Schonkost!
Darüber hinaus haben Untersuchungen eindeutig gezeigt, dass Krebspatienten von der sogenannten Schonkost oft nicht profitieren. Zahlreiche Krankenhäuser in Deutschland haben daher die Ernährung für die meisten Krebspatienten auf Normalkost umgestellt. „Wie hier die Zusammenhänge in unserem Körper sind, wissen wir allerdings noch nicht ganz genau.“
Wer sich bewegt und ausgewogen isst, fühlt sich wohler
Aber eines weiß die Medizin ganz genau: Körperliche Aktivität und normales Essen beeinflussen das Wohlbefinden und die Gesundheit von Patienten positiv. Das körperliche Training und die ausgewogene Ernährung verbessern immer die Relation aus Muskel- und Fettgewebe, die Stresshormone gehen zurück und damit sinkt auch die sogenannte entzündliche Last des Körpers. Alles in allem steigt das Wohlbefinden an, die Angst wird reduziert und die Tumorerkrankung rückt schneller in den Hintergrund – die Lebensqualität verbessert sich. Dies gilt natürlich nicht nur für Tumorpatienten. Auch gesunde Menschen profitieren von der fordernden Bewegung und abwechslungsreicher Kost.
Den Körper fordern und fördern
Was für den einen eine mordsmäßige Anstrengung ist, reicht für den anderen kaum aus, um die Muskeln zu erwärmen. Was ist also das richtige Maß für die fordernde und fördernde Bewegung? „Ganz einfach“, sagt Dr. Winter-Emden und lacht. „Die körperliche Aktivität war dann ausreichend fordernd, wenn die erste Erschöpfung spürbar wird oder der Spaß aufhört.“ Und das ist auch der Zeitpunkt, an dem der Sport oder die Aktivität aufhören sollte.
Um sich fordernd zu bewegen, braucht es meist keine Geräte oder dergleichen. Für Menschen, die sich bisher nicht viel oder gar nicht bewegt haben, reicht es unter Umständen schon aus, jeden Tag ein Stockwerk über die Treppen zu Fuß zu erklimmen. Aber auch kurze Übungen mit Gummibändern in der Wohnung bringen schon spürbare Effekte. „Entscheidend ist nicht das Ausgangsniveau der Aktivität, entscheidend ist die Steigerung der Aktivität“, betont Dr. Winter-Emden. „Sie bringt die Vorteile für den Körper und die Seele.“
Den Teufelskreis vermeiden
Besonders gut sind Aktivitäten in der Gruppe. Dabei ist es gleichgültig, ob der Sport und Übungen in einer Sportgruppe, in der Selbsthilfegruppe, im Familienkreis oder mit dem Physiotherapeuten gemacht werden. Zu dem rein körperlichen Effekt tritt dann auch noch der zwischenmenschliche Aspekt hinzu. „Dies ist oft ein ganz wichtiger Faktor, mit dem der Teufelskreis aus Krankheit, Rückzug und depressiver Verstimmung vermieden werden kann“, sagt Dr. Winter-Emden.
„Und immer wieder beobachten wir, dass Patienten, die körperlich aktiv sind, Nebenwirkungen oft deutlich besser verkraften bzw. ganz vermeiden können.“ Ganz besonders ausgeprägt ist dies bei der sogenannten Fatigue, als Nebenwirkung vieler Chemotherapien, zu beobachten. Im Kampf gegen diese Erschöpfungszustände bleiben viele Medikamente wirkungslos – Sport und Aktivität im Freien dagegen verbessern die Situation der Patienten oft sehr deutlich.
Auf ausgewogenes Essen achten
Bis heute ist die Wirksamkeit spezieller Tumordiäten durch Studien oder dergleichen nicht ausreichend belegt. Dr. Winter-Emden rät daher dringend dazu, auf alle extremen Ernährungsempfehlungen strikt zu verzichten. Für Krebspatienten gelten daher die allgemeinen und anerkannten Regeln der Ernährung. Das heißt, das Essen soll möglichst abwechslungsreich und ausgewogen sein.
Essen Sie schön bunt
Als Faustregel gilt, je bunter die Speisen von Tag zu Tag auf dem Teller sind, umso besser: viele unterschiedliche Gemüse- und Obstsorten, wenig Fleisch und einfache Kohlenhydrate, gute Fette und häufig Fisch essen. „Diese Hinweise klingen banal. Aber kontrollieren Sie sich selbst einmal, ob Sie sich daran halten“, sagt Dr. Winter- Emden.
Die Ratgeber der Krankenkassen oder Verbraucherverbände reichen für diesen Test völlig aus. Mit der Ernährungspyramide zum Beispiel lässt sich ganz einfach prüfen, ob die Ernährung ausgewogen ist. Mit ihr können Interessierte das eigene Ess- und Trinkverhalten analysieren und bei Bedarf umstellen.
Jedem das, was er am liebsten mag
Kein Mensch ist wie der andere. Daher können unterschiedliche Menschen von unterschiedlichen Aktivitäten und Speisen unterschiedlich profitieren. „Fragen Sie Ihren Arzt nach dem, was Sie nicht machen sollen“, rät Dr. Winter-Emden. „Und aus dem Rest suchen Sie sich das aus, was am besten zu Ihnen und Ihrem Lebensstil passt.“ Drei- bis fünfmal pro Woche eine Bewegungseinheit von mehr als 30 Minuten ist für die meisten Patienten schon völlig ausreichend.