Brustkrebs Das Lymphsystem schonen – mit neuen Therapieansätzen

Autor: MPL-Redaktion

Gute Nachricht für betroffene Frauen: Brustkrebs ist heute oft sehr gut behandelbar. © Volker Witt – stock.adobe.com

Die Diagnose Mammakarzinom erhalten jährlich rund 70.000 Frauen in Deutschland. Der Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Die Mehrzahl von ihnen befindet sich in einem Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Die gute Nachricht lautet: Die meisten Erkrankungen sind gut heilbar. Vor allem, wenn sie rechtzeitig erkannt werden. Zudem behandeln die Experten heutzutage deutlich schonender als noch vor Jahren.

Perspektive LEBEN sprach über die Therapiemöglichkeiten mit dem Brustkrebsexperten Professor Dr. Peter Mallmann. Er ist der Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Köln. Früher verwendete man zur Bestimmung des Risikos der Brustkrebs-Erkrankung den Lymphknotenstatus. Dahinter stand die Frage, ob die Lymphknoten in der Achselhöhle befallen sind oder nicht.

Auf Grundlage der Ergebnisse wurde darüber entschieden, ob eine Chemotherapie durchgeführt werden müsse. „Die Onkologen glaubten auch, dass sich durch die Entfernung der Achsellymphknoten die Prognose verbessern ließe. Man operierte somit recht aggressiv“, stellt Prof. Mallmann rückblickend fest.

Der Tumortyp bestimmt die Therapie

Jetzt bestimmt hingegen die Tumorbiologie die nachfolgenden Therapieschritte. „Das heißt, es ist ausschlaggebend, welche Parameter ein Tumor hat, um zu entscheiden, ob eine Patientin eine Chemotherapie benötigt. Und weniger die Frage, ob Lymphknoten befallen sind oder nicht“, betont Prof. Mallmann. „Im Regelfall wird daher nur der Wächterlymphknoten entfernt. Es gibt sogar viele Studien, die zeigen, dass dieses noch nicht einmal unbedingt notwendig ist.“

Die Lymphknoten kann man schonen

Lymphknoten werden heutzutage nur entfernt, wenn der Wächterlymphknoten befallen ist. „Und zwar die im Level 1 und 2. Das heißt, von den achtzig bis hundert Lymphknoten der Achselhöhle werden etwa zehn bis zwölf entnommen“, erklärt Prof. Mallmann. „Es gibt nun aber eine Reihe überzeugender Daten, dass man bei einem befallenen Wächterlymphknoten vor allen Dingen eine Chemotherapie durchführen muss. So kann möglicherweise auf die komplizierte Entfernung der anderen Lymphknoten verzichtet werden, sofern diese nach Tast- und Ultraschallbefund unauffällig sind.“

Welche Rolle die Lymphknoten spielen

Ein Lymphknoten ist eine „Filterstation“ für die Lymphe, das sogenannte Gewebswasser. Der Knoten gehört zum Lymphsystem. Jeder Lymphknoten ist für die Aufnahme und Filtration der Lymphe einer Körperregion zuständig. Lymphknoten gehören zum körpereigenen Immunsystem eines Organismus. Lymphknoten sind beim Menschen normalerweise etwa 5–10 mm groß und oval oder auch unregelmäßig geformt, in der Leiste und am Hals können sie auch bis 20 mm groß werden. Sind sie größer als 2 cm und nehmen eine kugelförmige Gestalt an, dann sind sie aktiviert – ein Zeichen, dass sie gerade Krankheiten abwehren.

Die Therapie ist vielfältig

Die Therapie beginnt grundsätzlich mit einer Analyse von entnommenen Zellen, also einer sogenannten histologischen Untersuchung. Dafür wird mittels einer Biopsie Tumorgewebe entnommen. Anhand dessen bestimmen die Experten nachfolgend den Tumortyp. Auf Grundlage der Ergebnisse entscheiden sie im nächsten Schritt, ob eine Chemotherapie vor einer Operation notwendig ist, um beispielsweise den Tumor besser operieren zu können. Das wäre bei einem aggressiven Mammakarzinom der Fall. Die Onkologen sprechen hierbei von einer neoadjuvanten Therapie.

Tumoren können schonend operiert werden

Benötigt die Patientin aufgrund der Tumorbiologie keine Chemotherapie, wäre der nächste Schritt die brust­erhaltende Therapie. „Dabei wird der Tumor schonend aus der Brust entfernt. Gleichzeitig entnehmen die Chirurgen dann den Wächterlymphknoten“, erläutert Prof. Mallmann. Zur brusterhaltenden Therapie gehört auch eine Bestrahlung. Diese kann bereits während der Operation erfolgen oder im Anschluss.

Die Nebenwirkungen der Chemotherapie sind vor allem Haarausfall, Müdigkeit und Kraftlosigkeit. Das alles ist in der Regel jedoch nur vorübergehend. Nach Beendigung der Therapie sprießen die Haare wieder und die Energie kehrt zurück.

Die Heilungschancen sind gut

Aufgrund molekularbiologischer Untersuchungen können die Onkologen den Erfolg der gewählten Chemotherapie bereits im Vorfeld gut einschätzen. Erfolgt sie neoadjuvant, kann ihre Wirkung auf den Tumor laufend beziehungsweise bis zum Zeitpunkt der Operation kontrolliert werden. Mit Hilfe von Ultraschall wird geschaut, wie sehr sich der Tumor verkleinert.

Wird der Brustkrebs in einem frühen Stadium, ohne Lymphknotenbefall, diagnostiziert, liegen die Heilungschancen bei rund 90 Prozent. „Aber selbst wenn alle Stadien zusammengefasst werden, leben nach fünf Jahren immer noch 83 Prozent der Patientinnen“, lautet die gute Nachricht von Prof. Mallmann.

Optimale Behandlung in zertifizierten Brustzentren

Die besten Prognosen haben Frauen, wenn sie zur Behandlung ihres Brustkrebses ein zertifiziertes Brustzentrum aufsuchen. Diese Zentren verfügen über hervorragende Erfahrungen bei der Behandlung von Brustkrebs. Alle in die Diagnostik und Therapie eingebundenen medizinischen Fachgebiete sind dort vertreten. Zertifizierte Zentren müssen bezüglich ihrer personellen und apparativen Ausstattung bestimmte Vorgaben erfüllen und nachweisen, dass sie sich stets fortbilden. Alle in der Diagnose und Behandlung beteiligten medizinischen Fachrichtungen sind zudem vertreten.


Prof. Dr. Peter Mallmann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Köln © privat