Klinische Studien Wie Forschungen den Patienten helfen

Autor: MPL-Redaktion

Studien können nicht nur den teilnehmenden Patienten, sondern auch zukünftigen Krebskranken helfen. © Kurhan – stock.adobe.com

Krebspatienten werden von Ärzten häufig auf Studien angesprochen. In diesen Studien werden Verbesserungen gesucht, wie Medikamente, Instrumente oder Methoden besser gegen den Krebs eingesetzt werden können. Hierbei gibt es ein paar Dinge, die Patienten beachten und selbst tun sollten.

Studien sind eine ganz wesentliche Säule in der medizinischen Forschung. Sie zeigen letztlich, ob die von Wissenschaftlern, Medizinern und Technikern ausgedachten Verbesserungen der Therapien auch tatsächlich den Patienten helfen.

Ziel der Studien ist immer, den bisherigen Standard der Behandlung zu übertreffen. „Darauf achten die Ethikkommissionen an den Krankenhäusern ganz besonders“, sagt Professor Dr. Wolfgang Bethge, Leiter des Zentrums für Klinische Studien, Universitätsklinikum Tübingen. „Gerade in der Krebstherapie haben wir in den letzten zehn Jahren riesige Fortschritte gemacht. Ohne klinische Studien wäre das nicht möglich.“

So wird die Aussagekraft gestärkt

In Studien gelten Regeln, die die Aussagekraft der Ergebnisse stärken sollen. Die wichtigsten drei sind:

  1. Patienten werden zufällig in zwei Gruppen geteilt. Die eine wird nach dem bewährten Standard, die andere mit neuer Methode behandelt. Fachleute sprechen von einer randomisierten Studie.
  2. Weder der Arzt noch der Patient wissen, wer welche Medikamente bekommt. Fachleute sprechen von einer Doppelblind-Studie. Damit werden nur tatsächlich beobachtbare Veränderungen in der Studie erfasst.
  3. Werden Studien an mehreren Behandlungszentren durchgeführt, sprechen Fachleute von multizentrischen Studien. Damit werden regionale oder lokale Besonderheiten aus den Studienergebnissen ferngehalten.

Alle profitieren

„Mir hat das System der Studien sofort eingeleuchtet“, sagt Thomas M., 61 Jahre alt, aus Hechingen. Er leidet an einer sogenannten akuten myeloischen Leukämie. Eine Heilung kann Thomas M. nur dann erreichen, wenn er Knochenmark oder Blutstammzellen transplantiert bekommt.

„Besonders beruhigend fand ich, dass ich in einer Studie auf keinen Fall schlechter als der heute schon bekannte Standard behandelt werde. Ich kann also nur profitieren“, ergänzt Thomas M. Er hat zu beiden Beratungsgesprächen seinen Bruder mitgenommen. „Ich hab mir gedacht: Vier Ohren hören mehr als zwei“, erläutert er. „So war es auch. Ich habe eher auf die Risiken geachtet. Im Auto hat mein Bruder dann von den Chancen erzählt, von denen der Arzt auch gesprochen hat.“

Mit einem Lotsen durch die Studie

Studien werden besonders intensiv begleitet. Sowohl ein Studienarzt als auch eine Studienassistenz steht den Patienten für Fragen, Anregungen und Meldungen jederzeit zur Verfügung. „Für die Patienten in der Studie ist es ganz wichtig, dass jede Veränderung des Gesundheitszustandes sofort gemeldet wird“, betont Prof. Bethge. „So können wir sicher sein, dass wir alle Patienten immer optimal versorgen können.“

Daher werden die Patienten oft angehalten, ein kleines Tagebuch zu führen. Die Studienassistenz zeigt den Patienten, wie das Tagebuch zu führen ist und steht bei Rückfragen auch telefonisch zur Verfügung. Das Tagebuch hilft dabei, die Medikamente genau so einzunehmen, wie es im Therapieplan festgelegt ist.

Die Studienassistenz terminiert auch die vorgesehenen Untersuchungs- und Behandlungstermine mit den Patienten und weist sie darauf hin, dass diese unbedingt eingehalten werden müssen. Nur so können die Ergebnisse der Studie gut ausgewertet werden. „Für mich war das kein Problem“, sagt Patient Thomas M. „Ich habe die Termine aus dem Studienplan in meinen Terminplan übertragen und die privaten Termine danach gerichtet. Immerhin geht es um meine Gesundheit.“

Die zehn Grundsätze einer Krebs-Studie:

Für die Patienten sind 10 Punkte wichtig, wenn sie in eine Studie eingeschlossen, also beteiligt werden sollen.

  1. Die Teilnahme an einer klinischen Studie ist absolut freiwillig.
  2. Die Studie und das Prozedere wird in mindestens zwei Beratungsgesprächen detailliert erläutert.
  3. Die Bedenkzeit beträgt mindestens 24 Stunden, meistens jedoch viel länger.
  4. Unsichere Patienten können sich eine zweite Meinung einholen oder mit dem Hausarzt Rücksprache halten.
  5. Meist wird eine Hälfte der Patienten entsprechend den bisherigen Standards behandelt. Sie sind die Mitglieder der sogenannten Kontrollgruppe.
  6. Die andere Hälfte der Patienten wird mit der neuen Methode behandelt. Sie sind die Mitglieder der sogenannten Interventionsgruppe.
  7. Bringen die neuen Methoden nicht die gewünschten Ergebnisse, werden bei der Interventionsgruppe die bewährten Therapien wieder eingesetzt.
  8. Bringen die neuen Methoden rasch sehr gute Ergebnisse, werden von diesen ersten Ergebnissen an alle Patienten, auch die Kontrollgruppe, entsprechend der neuen Erkenntnisse weiter behandelt.
  9. Patienten können auf eigenen Wunsch meist jederzeit zur Standardbehandlung zurückkehren und somit aus der Studie ausscheiden.
  10. Die in einer klinischen Studie gewonnenen Informationen werden ohne persönliche Daten der Patienten weiter verwendet.

Gut informiert – und besser kontrolliert

Innerhalb großer Studien werden die Patienten und deren Therapieergebnisse ständig von mehreren Teams und Personen anonymisiert beobachtet. „Ich hab mir das so vorgestellt, dass ich unter der Lupe stehe und alle betrachten mich“, sagt Thomas M. „Und das finde ich gut: Es achten noch mehr auf mich als bisher ohnehin schon.“

Diese intensive Beobachtung der Patienten, die in einer Studie behandelt werden, hat das Ziel, auch kleine Veränderungen in der Studie zum Wohl der Patienten rasch zu identifizieren. Dies gilt für positive wie negative Aspekte. „Daher halten wir die Patienten auch an, zusätzliche Medikamente nur nach Rücksprache mit uns zu nehmen“, sagt Prof. Bethge.

„Hier sind wir auf die Mitwirkung und Umsicht der Ärzte und Patienten dringend angewiesen.“ Dies gilt natürlich auch für die Medikamente, die nicht vom Arzt verschrieben werden müssen.

Lebensqualität im Mittelpunkt

Neben den medizinisch-wissenschaftlichen Aspekten werden immer häufiger auch Fragen der Lebensqualität in die Studien mit aufgenommen. Auch sie werden in Fragebögen regelmäßig erhoben und sind dann fester Bestandteil der Studien. „Dies ist auch leicht nachzuvollziehen“, erläutert Prof. Bethge. „Wenn wir die Behandlung leichter verträglich machen können, ohne den Nutzen zu reduzieren, ist das auch als klarer Erfolg für die Patienten zu werten.“


Prof. Dr. Wolfgang Bethge, Leiter des Zentrums für Klinische Studien, Universitätsklinikum Tübingen © Privat