Multiples Myelom Wenn Plasmazellen entarten: Behandlungsmöglichkeiten beim multiplen Myelom
Eines haben alle Krebserkrankungen in der Regel gemein: Je früher sie entdeckt werden, desto besser lassen sie sich behandeln. Viele werden jedoch erst spät diagnostiziert. „Das ist leider auch beim multiplen Myelom oft der Fall. Es verursacht zwar meist Schmerzen, diese sind aber unspezifisch. So klagen Betroffene etwa über Rückenschmerzen oder Knochenprobleme, an Knochenmarkkrebs denkt der behandelnde Arzt hierbei anfangs eher nicht“, berichtet Professor Dr. Ulrich Dührsen. Der Experte ist Direktor der Klinik für Hämatologie am Universitätsklinikum Essen.
Die Erkrankung ergründen
Die genaue Diagnostik ist beim multiplen Myelom entscheidend für die nachfolgenden Behandlungsschritte. Hierfür stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Ein erstes Indiz für ein multiples Myelom sind erfahrungsgemäß Eiweißveränderungen im Blut. Um den Verdacht zu bestätigen, entnehmen die Ärzte Knochenmark. Unter dem Mikroskop lassen sich anschließend die entarteten Zellen nachweisen. Mit weiteren Diagnoseverfahren ergründen die Experten nachfolgend die genaue Form der Erkrankung. Vor allem bildgebende Verfahren kommen zum Einsatz, beispielsweise eine konventionelle Röntgenuntersuchung der Knochen. „Aber auch speziellere Methoden wie die Computertomografie, die Magnetresonanztomografie und die Positronenemissionstomografie werden zunehmend zur Diagnostik des multiplen Myeloms eingesetzt“, sagt Prof. Dührsen und fügt hinzu: „Mit den zur Verfügung stehenden Methoden sehen wir dann, ob es sich um eine eher günstige oder ungünstige Form der Erkrankung handelt.“
Beobachten bei Beschwerdefreiheit – aber nicht zu lange
Nach erfolgter Diagnostik können die Experten ihre Behandlungsstrategie planen. „Wurde zum Beispiel eine günstige Form eines multiplen Myeloms festgestellt, behandeln wir diese in der Regel nicht und beobachten sie nur“, erläutert Prof. Dührsen. „Voraussetzung ist allerdings, dass der Patient keine Beschwerden oder Funktionsstörungen aufweist.“
Beobachten heißt, der Betroffene muss alle drei Monate zur ambulanten Untersuchung. Ändert sich nichts, verlängern sich die zeitlichen Abstände der Untersuchungen. Prof. Dührsen weist aber gleichzeitig darauf hin, dass sich aufgrund von Erkenntnissen der letzten Jahre ein neuer Behandlungstrend immer mehr durchsetzt: „Wir beginnen nun deutlich früher mit der Therapie, möglichst bevor der Körper Schaden nimmt. Studien zeigen nämlich, dass sich die Überlebenszeit dadurch verlängert."
Hochdosis-Chemotherapie: körperlich anstrengend
Liegen beim Betroffenen Beschwerden oder Funktionsstörungen vor, muss er zwingend behandelt werden. Wird die Krankheit nicht gestoppt, kann es zu Folgeschäden wie Nierenversagen, Blutarmut oder Querschnittslähmungen kommen. Die Therapie kann körperlich anstrengend sein. Vor einer Therapie schaut sich der behandelnde Arzt daher genau den körperlichen Zustand seines Patienten an. Die Behandlungsintensität ist immer abhängig vom gesundheitlichen Allgemeinzustand. Die Faustregel lautet dabei: Je jünger und stabiler ein Patient ist, desto intensiver kann er behandelt werden. Die intensivste Methode ist die Hochdosis-Chemotherapie. Da eine solche Behandlung das gesamte Knochenmark zerstört, entfernt man die Stammzellen, die das Knochenmark wieder aufbauen, vorher aus dem Blut. Das geschieht mittels Blutwäsche. Zwei Tage nach der Hochdosistherapie werden die entnommenen Stammzellen über das Blut wieder zugeführt. Nach circa 14 Tagen haben sich Blut und Knochenmark gut erholt. Prof. Dührsen betont: „Mit dieser Methode erzielen wir die besten Erfolge. Vorgeschaltet ist der Hochdosis-Chemotherapie eine normal dosierte Chemotherapie. Sie soll die Erkrankung möglichst schnell und weit zurückdrängen. Das Ganze dauert ungefähr vier Monate. Bei der Mehrheit der Patienten schwächen sich die Symptome innerhalb dieser Zeit deutlich ab.“
Immuntherapie – Zukunft der Myelom-Behandlung?
Kommt eine Hochdosis-Chemotherapie nicht infrage, weil der Patient beispielsweise zu schwach ist, nutzen die Onkologen spezielle Medikamente. Die Forschung hat hierbei in den letzten 15 Jahren enorme Erfolge erzielt. „Uns stehen mittlerweile zahlreiche Wirkstoffe zur Verfügung, die sehr gut auf Myelom-Zellen wirken“, berichtet Prof. Dührsen und ergänzt: „Sie sind in der Regel auch gut verträglich. Viele Patienten können auf diese Art und Weise viele Jahre ohne große Nebenwirkungen behandelt werden.“ Einige Medikamente werden als Tabletten eingenommen.
Wie bei einigen anderen Krebserkrankungen ist auch beim multiplen Myelom die Immuntherapie auf dem Vormarsch: Der Patient wird dabei mit Antikörpern behandelt. Diese aktivieren das körpereigene Immunsystem, sodass es die Tumorzellen erkennt, angreift und zerstört. Prof. Dührsen weiß: „Besonders wirksam sind Verfahren, bei denen die zuvor genannten Medikamente und Antikörper in Kombination eingesetzt werden.“ Die Experten erwarten auf dem Sektor der Immuntherapie weitere Fortschritte.