Strahlenchirurgie Radiochirurgie: Mit dem Roboter gegen den Krebs

Autor: MPL-Redaktion

Je genauer ein Tumor anvisiert wird, desto stärker ist die Wirkung der Strahlentherapie. © iStock/Khongtham, Erikona

Der Roboter der Strahlenchirurgie weiß, wie und wo er den Tumor punktgenau mit der Strahlenkanone treffen muss. Auch wenn er in Bewegung ist. Lesen Sie, wie Ärzte die moderne Technik gegen den Krebs einsetzen.

Ärzte, Ingenieure und Techniker haben ein leichtes Bestrahlungsgerät, mit einem hochpräzisen Roboter, zwei Röntgengeräten und einem Computer kombiniert. Das Ergebnis: Cyberknife, ein Gerät für die Hochpräzisionsbestrahlung oder Radiochirurgie im Kampf gegen den Krebs. Herkömmliche Bestrahlungsgeräte haben nur wenig Möglichkeiten, den Behandlungsstrahl an die Bewegungen des Körpers und Tumors, während der Bestrahlung anzupassen. Ihre Stärke ist, große Tumoren, die relativ ruhig liegen, wirksam zu bekämpfen.

Die Stärken

Die Domäne der Radiochirurgie mit dem Cyberknife ist, kleine Tumoren immer genau zu treffen. Auch wenn sie sich, zum Beispiel durch die Atmung, immer hin und her oder auf und ab bewegen. „Dafür erfassen und beobachten die zwei Röntgengeräte den Tumor. Aus diesen Daten berechnet der Computer dann die Bewegungen voraus und gibt diese Informationen an den Roboter weiter“, erläutert Professor Dr. Professor Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie der Universitätsklinik Kiel. „Der Roboter bewegt das Bestrahlungsgerät dann so, dass die Strahlen den Tumor immer genau treffen und zerstören können.“ Diese Berechnungen und Bewegungen sind so schnell und präzise, dass sie sozusagen in Echtzeit ausgeführt werden. Das heißt, der Bestrahlungsstrahl trifft immer das vorher bestimmte Ziel.

Die Nebenwirkungen

Insgesamt sind Nebenwirkungen sehr selten und meist sehr gering. Wenn Nebenwirkungen auftreten, sind dies leichte Übelkeit und Schwindel. Selten treten Entzündungen des bestrahlten oder des umgebenden Gewebes auf. „Dies macht das Cyberknife für bestimmte Patienten so wertvoll“, sagt Prof. Dunst. „Wir können mit diesem Behandlungskonzept den Krebs meist nicht besser und wirksamer bekämpfen – aber viel schonender.“ Die Narkose, die Wundheilung und Wundschmerzen entfallen völlig.

Das wirkt sich auf die Lebensqualität der Patienten immer positiv aus. „Wir können aus vorliegenden Studien Hinweise ableiten, dass mit der Radiochirurgie die statistische Lebenszeit verlängert werden kann“, betont Prof. Dunst. „Dies führen wir im Moment jedoch ausschließlich auf die Abwesenheit von Komplikationen und Nebenwirkungen der Operationen mit Narkose, Wundheilung und Krankenhausaufenthalt zurück.“

Die Einsatzgebiete

Das Gerät ist zum einen immer dann besonders erfolgreich, wenn kleine Tumoren bekämpft werden sollen, die operativ schlecht oder gar nicht erreichbar sind. Dies gilt besonders für Tumoren und deren Metastasen im Gehirn, in oder an der Wirbelsäule. Mit dem Cyberknife kann der Behandlungsstrahl in Bruchteilen einer Sekunde den Bewegungen des Tumors folgen. Daher wird das Verfahren zum andern dann eingesetzt, wenn der Tumor durch unwillkürliche Bewegungen des Körpers seine Lage verändert.

Typische Beispiele sind Krebsherde in der Lunge, Leber und Niere. Die Atmung hält diese Organe ständig in Bewegung. Was viele nicht vermuten, ist, dass auch die Prostata und viele Lymphknoten ständig in Bewegung sind. Daher werden Krebsherde der Prostata oder in den Lymphknoten unter bestimmten Umständen auch radiochirurgisch behandelt.

Die Anlaufstellen

„Ob und wie eine Krebsbehandlung mit einem Cyberknife behandelt werden kann, muss individuell abgewogen werden,“ sagt Prof. Dunst. „Diese Behandlungsform ist etabliert, aber noch nicht flächendeckend vorhanden.“ Daher rät Prof. Dunst, den behandelnden Arzt darauf anzusprechen und eventuell eine zweite Meinung in einem Behandlungszentrum einzuholen, dass die Hochpräzisionsbestrahlung beziehungsweise Radiochirurgie betreibt. Unter den Stichworten „Hochpräzisionsbestrahlung“ oder „Radiochirurgie“ können die entsprechenden Anlaufstellen rasch gefunden werden. Die Berater der Krankenkassen können bei der Suche auch behilflich sein.

Das Risiko an Krebs zu erkranken, steigt mit dem Alter stark an. Heute liegt das Durchschnittsalter bei der Erstdiagnose von Krebs bei etwa 65 Jahren. Die Patienten erfreuen sich einer ansonsten noch guten Gesundheit und haben meist nur eine zusätzliche Erkrankung wie Diabetes, Bluthochdruck oder zum Beispiel ein Herzproblem. „Die Zukunft wird uns zeigen, dass dieses Alter in den nächsten 10 bis 20 Jahren auf etwa 75 Jahre ansteigt“, sagt Prof. Dunst. „Das Alter ist dabei aber nicht allein entscheidend: Die Patienten leiden dann oft an vielen weiteren Erkrankungen. Für sie kann eine klassische Behandlung mit Operation und Chemotherapie eine echte Gefahr darstellen.“ Bei diesen Patienten wird die Radiochirurgie einen ganz besonders hohen Stellenwert bekommen. Mit ihr können Tumoren fast ohne Nebenwirkungen wirksam und sicher bekämpft werden.

Die Herausforderung

„Das Ziel, die Behandlungsstrahlen möglichst präzise auf den Tumor zu richten und dabei gesundes Gewebe gut zu schonen, ist und bleibt eine Herausforderung der Strahlentherapie“, sagt Prof. Dunst. „Dies gelingt mit dem Cyberknife bei kleinen Tumoren und damit kleinen Bestrahlungsflächen sehr gut.“ Damit auch große Tumoren und Metastasen besser behandelt werden können, werden die Geräte und Methoden laufend verbessert. „Ein neuer Ansatz ist die Kombination von Kernspintomograph und Bestrahlungsgerät“, erläutert er. „Mit diesen Geräten wird versucht, die Behandlungsstrahlen noch besser an die Position und Form des Tumors anzupassen.“


Prof. Dr. Professor Jürgen Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie der Universitätsklinik Kiel © Privat