Selbstbestimmung Patientenverfügung: Über die letzten Dinge nachdenken
Weil auch junge Menschen durchaus in Situationen kommen können, in denen sie nicht mehr selbst entscheiden können, sollten alle Menschen über 18 Jahre eine Patientenverfügung haben. Diese soll für den Fall der Fälle für Ärzte, Pfleger und Vertreter Anweisungen enthalten beziehungsweise Richtlinien vorgeben. Sie treten immer erst dann in Kraft, wenn Patienten nicht mehr für sich selbst entscheiden können. Sie können jederzeit und formlos, auch mündlich, widerrufen werden, wenn sich die Situation, die Lebensumstände, die Einstellungen oder der Gesundheitszustand verändert haben.
Achtung bei pauschalen Regelungen
Über die Formulierung der Verfügung muss ganz ganz genau nachgedacht werden. „Häufig werden in Patientenverfügungen Abschnitte formuliert, die pauschal bestimmen, dass keine lebensverlängernden Maßnahmen, zum Beispiel eine künstliche Beatmung, ergriffen werden sollen“, sagt Carolin Schnoewitz, Diplom-Sozialpädagogin, Gesetzliche Betreuerin, Köln. „Soll das auch dann gelten, wenn die Beatmung nur vorübergehend das Leben verlängert, der Patient nach der Erholung wieder selbständig atmen und genesen kann? War das wirklich der Wille des Patienten, als er die Verfügung geschrieben hat?“ Diese Fragen sind für alle Beteiligten, gerade in Zeiten der Corona-Pandemie nur ganz schwer zu entscheiden. Zusätzlich gilt, dass die Verfügung im Zweifel ungültig ist. Das heißt, der Patient wird dann so behandelt, als ob keine Verfügung existieren würde.
Texte, auf die Sie vertrauen können
Auf der Website des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz finden Sie unter dem Stichwort „Patientenverfügung“ eine Reihe von Textbausteinen, die sich auf Einzelfälle anpassen lassen.
Weiter denken
In Patientenverfügungen kann theoretisch alles ganz detailliert beschrieben und geregelt werden. Dies reicht von Festlegungen zu Behandlung, Organspende, über Sterbebegleitung bis hin zu Studienteilnahmen. „Dies ist oft zu kurz gedacht“, betont Caroline Schnoewitz. „Der medizinische Wandel und die Lebensumstände verändern sich oft so schnell, dass die Regelungen veralten oder nicht mehr dem Willen des Patienten entsprechen.“ Deshalb rät Carolie Schnoewitz unbedingt die Einstellung zum Leben, einschneidende Erfahrungen, Bewältigungsstrategien in schwierigen Situationen und die Situationen in der Familie, im Beruf und Privatleben in die Verfügung mit aufzunehmen.
Die Formulierungen sollen zeigen, wie die Person lebt, was sie über die Zukunft denkt, wie sie Leid und Schmerz einschätzt – eben alles, was die Person und deren Entscheidungskriterien für Außenstehende klarer macht. „So können sich Ärzte, Pfleger und Vertreter sehr viel besser in die Situation hineinbegeben und sich ein Bild über den mutmaßlichen Willen des Patienten machen“, sagt Carolin Schnoewitz. „Trotzdem gilt natürlich, dass die Verfügung immer wieder an veränderte Umstände und Einstellungen angepasst werden muss.“
Helfen lassen
Die Broschüre „Patientenverfügung, Leiden – Krankheit – Sterben“, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, gibt einen guten Überblick und hält Textbausteine für die Formulierung bereit. Damit ist sie eine gute Basis, dieses wichtige Thema anzugehen. Erster Ansprechpartner für eine Patientenverfügung ist der Hausarzt. Im zweiten Schritt muss die Verfügung mit einem – eventuell – bestellten Vertreter besprochen werden.
Die beste Patientenverfügung nützt nichts, wenn die Ärzte, Pfleger und Vertreter nicht wissen, dass es eine Verfügung gibt und wo sie kurzfristig zur Verfügung steht. Deshalb rät Carolin Schnoewitz allen, ständig einen Hinweis auf die Verfügung und Verwahrung der Verfügung bei sich mitzuführen. So wird sichergestellt, dass die Regelungen der Verfügung auch tatsächlich umgesetzt werden können.