Blutkrankheiten Myelodysplastische Syndrome: Gestörte Blutbildung

Autor: MPL-Redaktion

Blässe, Müdigkeit und Kurzatmigkeit können Symptome einer solchen Blutkrankheit sein. (Agenturfoto) © iStock/STEEX

Myelodysplastische Syndrome sind Bluterkrankungen des fortgeschrittenen Lebensalters mit zumeist sehr unterschiedlichen Verläufen und Prognosen. Die Therapie zielt darauf ab, die Lebensqualität der Patienten so gut wie möglich zu erhalten und das Fortschreiten der Erkrankung hin zur Leukämie zu verhindern.

Aus den Blutstammzellen im Knochenmark werden beim gesunden Menschen die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen gebildet. Die roten Blutkörperchen, auch Erythrozyten genannt, sind für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich. Die weißen Blutkörperchen, die sogenannten Leukozyten, sind ein wesentlicher Teil der Immunabwehr und die Blutplättchen sind für die Gerinnung des Blutes bei Verletzungen und dergleichen verantwortlich. Bei den myelodysplastischen Syndromen (MDS) ist die Blutbildung im Knochenmark gestört. „Dann reifen die Blutzellen nicht vollständig aus, sind funktionsunfähig oder es werden schlicht zu wenige gebildet“, sagt Professor Dr. Uwe Platzbecker, Leiter des MDS Zentrums am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden. „Die Folge ist der Mangel an normalen roten Blutkörperchen, weißen Blutkörperchen und Blutplättchen im Blut.“ Schreitet die Erkrankung weiter voran, wird der Mangel immer größer, weil die unreifen und funktionsuntüchtigen Zellen die normale Blutbildung zunehmend verdrängen.

Eine schleichende Entwicklung

Die Krankheitszeichen eines MDS schleichen sich eher langsam ein. Deshalb wird ein MDS häufig zufällig bei einer Routineuntersuchung entdeckt, noch bevor die ersten Symptome zu erkennen oder zu spüren sind. Zudem weisen die Krankheitszeichen, die ein MDS hervorruft, nicht immer eindeutig auf ein MDS hin. Ist die Blutbildung durch ein MDS gestört, kann es zu einer Blutarmut, Anämie, kommen. Typische Anzeichen einer Blutarmut sind unter anderem Blässe, Müdigkeit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Kurzatmigkeit. Ist die Anzahl der weißen Blutkörperchen zu gering, neigen Patienten zu Infektionen und Entzündungen. Kleine Einblutungen in die Haut, blaue Flecken, die lange bleiben, Nasenbluten usw. können durch eine zu geringe Anzahl der Thrombozyten (Blutplättchen) verursacht werden. Auch andere Krankheiten können Blutarmut, Infektionsanfälligkeit und Gerinnungsstörungen verursachen. Daher sollten derartige lang anhaltende Beschwerden immer mit einem Arzt besprochen werden.

Die Diagnose erfolgt über Blutzellen

Im ersten Schritt werden die Zusammensetzung des Blutes und die Form und Größe der Blutzellen untersucht. Ergeben sich dabei Hinweise auf eine Störung der Blutbildung, wird im nächsten Schritt die Untersuchung des Knochenmarks vorgenommen. Dafür muss, unter einer örtlichen Betäubung, mit einer Spritze Knochenmark aus dem Beckenknochen entnommen werden. Die anschließende mikroskopische und genetische Untersuchung des Knochenmarks ist für die weitere Vorgehensweise entscheidend, denn die sehr unterschiedlichen Arten der MDS bestimmen den weiteren Krankheitsverlauf, die Prognose und Therapie. Grundsätzlich werden sogenannte Niedrigrisiko- und Hochrisiko-MDS unterschieden.

Die Optionen der Behandlung

Derzeit kann ein MDS mit Medikamenten nicht geheilt werden. Lediglich eine Stammzelltransplantation verspricht Heilung. Allerdings kommt diese nur bei Patienten mit einem Hochrisiko-MDS und guter Konstitution infrage, da diese Therapie sehr belastend und mit einem gewissen Risiko behaftet sein kann. Im Zentrum der Behandlung steht deshalb, die Lebensqualität der Patienten zu erhalten beziehungsweise zu verbessern und den Fortschritt der Krankheit zu verzögern. Dabei reicht das Therapiespektrum bei Niedrigrisiko-MDS von einer reinen Beobachtung über Transfusionen von roten Blutkörperchen und Blutplättchen, der Gabe von Antibiotika und Wachstumsfaktoren, die die Blutbildung anregen sollen, bis zur Chemotherapie bei Hochrisiko-MDS. „Welche Maßnahmen und Medikamente eingesetzt werden, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dazu gehören unter vielen anderen die Art der MDS, das Alter und der Gesundheitszustand des Patienten“, sagt Prof. Platzbecker. „Heute sind die Behandlungsregime so weit ausgereift, dass Niedrigrisiko-MDS oft über Jahre und Hochrisiko-MDS zwischen sechs Monaten und zwei Jahren beherrscht werden können.“

Studien können hilfreich sein

Die MDS und deren Behandlung werden kontinuierlich in klinischen Studien erforscht. Patienten können in den Studien von den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren. Für diese Studien gilt, dass den Patienten in keinem Fall geschadet werden darf und diese mindestens entsprechend dem bekannten Standard behandelt werden. So bekommen Patienten Zugang zu neuen Medikamenten und Therapiestrategien, von denen sie profitieren können. Die Teilnahme ist nur nach entsprechender Aufklärung, Bedenkzeit und auf freiwilliger Basis möglich. Ob und welche Studie infrage kommen kann, muss mit dem Arzt besprochen werden. Das Deutsche Leukämie-Studienregister oder die App „MDS-Center“ im iOS-App-Store oder Android Playstore enthalten alle aktuellen Studien im Überblick. Für Patienten und Angehörige stellt das MDS Zentrum des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden die webpage was-ist-mds.de bereit. Sie bietet Informationen und Anregungen rund um die Erkrankung und das Leben mit MDS.


Prof. Dr. Uwe Platzbecker; Leiter MDS Zentrum, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden © privat