Brustkrebs Individuell behandeln: Neue Wirkstoffe – und neue Erfolge
Bei der Therapie des Brustkrebses hat sich viel gewandelt. „Wir haben in den letzten Jahrzehnten diese Erkrankung deutlich besser verstanden“, berichtet Prof. Eichbaum. „Die Erfolge sind beachtlich.“
Bevor die Ärzte ihre Therapiestrategie festlegen können, müssen sie wissen, um welche Brusttumorart es sich handelt, beziehungsweise welche biologischen Eigenschaften er hat. Dazu entnehmen sie Tumorgewebe. Bei einem Tumor, der auf eine medikamentöse Behandlung reagiert, würde man in vielen Fällen mit einer sogenannten neo-adjuvanten Therapie beginnen. Ziel ist es zu schauen, wie der Tumor reagiert und ihn maximal zu verkleinern, damit er besser operiert werden kann. Weist hingegen das Krebsgeschwür diese biologischen Eigenschaften nicht auf, ist jedoch aufgrund seiner Größe operabel, lautet der erste Therapieschritt Operation.
Zielgerichtet therapieren
Die Hormontherapie ist ebenfalls eine Möglichkeit, den Brustkrebs zu behandeln. Sie stoppt das Wachstum hormonempfindlicher Tumorzellen. Der Hormonentzug wird auch als endokrine Therapie bezeichnet.
„Weil wir die Biologie eines Tumors immer besser verstehen, können immer bessere Methoden zu seiner Bekämpfung entwickelt werden. Seit einigen Jahren gibt es beispielsweise die zielgerichteten Therapien“, berichtet Prof. Eichbaum. „Anders als bei einer konventionellen Chemotherapie wirken hier spezielle Medikamente nur auf den Tumor. Sie blockieren ihn, verhindern weiteres Wachstum und lassen ihn absterben.“
Konnte die Brust nach der Operation erhalten werden, setzen die Ärzte energiereiche Strahlen gegen eventuell verbliebene Tumorzellen ein. Eine solche Strahlentherapie erfolgt lokal und gezielt in dem Bereich, wo eventuell noch Tumorzellen vermutet werden. Das sorgt für eine zusätzliche Sicherheit und soll Rückfälle verhindern.
Nebenwirkungen in den Griff bekommen
Patientinnen müssen nicht nur mit physischen, sondern auch mit psychischen Nebenwirkungen kämpfen. Prof. Eichbaum empfiehlt für letztere, die Hilfe eines Psychoonkologen in Anspruch zu nehmen. Er unterstützt Patientinnen während und auch nach der Therapie beim Umgang mit der Krankheit im Alltag und er hilft, psychische Belastungen zu verarbeiten.
Die physischen Belastungen während der unterschiedlichen Therapieschritte sind heute viel besser steuerbar. Dank des medizinischen Fortschritts kann vieles vermieden oder gelindert werden. „Operative Nebenwirkungen – wie Lymphödeme – sind deutlich seltener geworden und können behandelt werden“, so Prof. Eichbaum.
Volkskrankheit Brustkrebs: Die Zahlen
In Deutschland ist Brustkrebs mit einem Anteil von fast einem Drittel aller Krebserkrankungen die häufigste Krebsdiagnose bei Frauen. Das Lebenszeitrisiko wird mit 12,9 % angegeben, das heißt: Jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an dieser Krankheit. Anders ausgedrückt: In Deutschland gibt es etwa 72.000 Neuerkrankungen pro Jahr oder 171 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr. Es gibt dazu zwei Nachrichten: Einerseits haben sich in den letzten Jahrzehnten die Zahlen erhöht – u.a. durch bessere Früherkennung. Andererseits wurden im selben Zeitraum immer mehr Heilungserfolge erzielt.
Selbst Haarausfall muss nicht mehr sein
Zu den Nebenwirkungen der Chemotherapie gehören vor allem Haarausfall, Übelkeit oder Störungen des Blutbildes. Die gute Nachricht lautet allerdings: Das ist in aller Regel nur vorübergehend. Zudem gibt es die sogenannten Supportiv-Therapien. Sie lindern die Nebenwirkungen und sorgen für eine deutlich bessere Lebensqualität. Übelkeit kann zum Beispiel mit guten Begleitmedikamenten meist vollständig ausgeschaltet werden. Selbst Haarausfall müssen Patientinnen nicht mehr unbedingt hinnehmen. „Wir haben in unserer Klinik neuerdings eine Kühlhaube im Einsatz. Patientinnen können ihre Kopfhaut damit auf etwa null Grad herunterkühlen. Das Anfluten von Chemo-Substanzen an den Haarwurzeln wird so entscheidend verringert“, erklärt Prof. Eichbaum. „Ein Großteil der Haare gehen daher nicht verloren.“ Bei der Bestrahlung beschränken sich die Nebenwirkungen auf die Haut im Bereich des Strahlenfeldes. In einigen Fällen verursachen die Strahlen Rötungen – sehr selten kommt es zur Blasenbildung. Zudem können Hautreizungen auftreten. Die Haut ist trocken und juckt. Hier helfen eine entsprechende Hautpflege und lockere Kleidung, um Scheuerstellen zu vermeiden. Hautreizende Kosmetika sollten unbedingt vermieden werden. Auch hier ist alles nur vorübergehend.
Zu den Nebenwirkungen einer Hormontherapie zählen Wechseljahresbeschwerden: Hitzewallungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Hautausschläge. Nach Absetzen des Medikaments normalisiert sich in der Regel alles wieder schnell. Bei zielgerichteten Therapien müssen Patientinnen mit Fieber und Schüttelfrost rechnen. Auch können unter anderem vorübergehend Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Kopfschmerzen auftreten. Sobald die Medikamente abgesetzt sind, normalisiert sich alles wieder.
Neuerkrankungen nehmen zu – Heilungsraten aber noch mehr
„Die Zahl an Neuerkrankungen nimmt zwar zu. Das hat aber auch damit zu tun, das wir den Brustkrebs viel früher erkennen“, betont Prof. Eichbaum. „Es gibt ein sehr gutes Mammografie-Screening, sehr gute bildgebende Diagnostik. Wir sind einfach besser geworden und decken viel mehr auf.“ Das frühe Entdecken des Brustkrebses führt wiederum dazu, dass er heutzutage viel häufiger geheilt werden kann. In zertifizierten Brustzentren werden daher über 90 Prozent der Frauen mit der Diagnose eines frühen Brustkrebses geheilt.
„Die Therapie von Brustkrebs sollte daher auch in zertifizierten Kliniken erfolgen. Die Qualität wird regelmäßig überprüft. Strenge Standards müssen eigehalten werden“, empfiehlt Prof. Eichbaum. Dort sitzen die erforderlichen Experten für eine Behandlung im Rahmen einer Tumorkonferenz regelmäßig zusammen und beraten über die richtige Strategie. In Deutschland gibt es über 280 zertifizierte Brustzentren. Auf der Internet-Seite der Deutschen Krebsgesellschaft finden interessierte Patientinnen detaillierte Informationen.