Hautkrebs Immun-Checkpoint-Inhibitoren an die Front – So lassen sich Immunblockaden lösen
1. Wie Krebszellen über die Rezeptoren das Immunsystem zu überlisten versuchen
Die Zellen unseres Immunsystems sind stets auf der Suche nach Fremdkörpern, die nichts in unserem Leib zu suchen haben. Dafür gibt es eine Freund-Feind-Erkennung dieser Zelle. Sie muss so eingestellt sein, dass die Immunzellen fremde Zellen in unserem Körper erkennen. Werden diese Fremdkörper erkannt, greifen die Immunzellen diese Krebszellen an und zerstören sie.
Gleichzeitig darf das Immunsystem aber die gesunden Zellen nicht angreifen. Um diese Balance in unserem Körper aufrechtzuerhalten, tragen die Immunzellen viele Rezeptoren auf der Oberfläche, mit denen die Aktivität der Immunzellen reguliert, d.h. je nach Erfordernis verstärkt oder gehemmt wird. Sind diese Rezeptoren besetzt, werden der Immunzelle Signale gegeben, nicht anzugreifen.
Die Sicht auf den Feind ist sozusagen verstellt und die Waffen sind gesichert. So wird verhindert, dass sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper wendet und gesunde Zellen bekämpft. Sind die Rezeptoren allerdings nicht besetzt, ist die Zelle aktiv und kämpft. Diese Rezeptoren werden auch als Kontrollpunkte oder Immun-Checkpoints bezeichnet.
2. Tarnen und täuschen
Viele Krebsarten greifen in die Regelungsmechanismen unseres Immunsystems ein. Beim schwarzen Hautkrebs haben Wissenschaftler inzwischen herausgefunden, wie dieser aggressive Krebs in manchen Fällen das Immunsystem besonders täuscht. Er verfügt über Möglichkeiten, bestimmte Immun-Checkpoints auf den Zellen des Immunsystems zu besetzen und damit die Aktivität des Immunsystems gegen den Krebs einzudämmen. Die Killerzellen sehen den Tumor, aber sie bekämpfen ihn nicht.
„Das Fatale ist dabei, dass der Tumor größer wird – aber die Anzahl der Tumorzellen gar nicht so stark ansteigt“, sagt Dr. Anja Gesierich, Oberärztin, Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Würzburg.
„Im Bereich des Tumors sammeln sich nämlich unglaublich viele Immunzellen, die förmlich darauf warten und lauern, den Tumor zu bekämpfen.“ Diese sind aber blockiert, weil die Immun-Checkpoints durch die Tumorzellen besetzt sind. Die Immunzellen bleiben deshalb wirkungslos.
3. Die Blockade lösen
Mittlerweile stehen Medikamente zur Verfügung, die manche der Checkpoints so besetzen, dass die Blockade durch den Krebs aufgehoben wird. Seine Täuschungsmanöver sind damit wirkungslos, die „Bremsen“ werden gelöst und die Immunzellen können ihrer Aufgabe ungehindert nachgehen: Sie bekämpfen den Krebs.
Fachleute sprechen bei diesen Medikamenten von den sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren. Diese Medikamente sind seit 2011 verfügbar und waren zu Beginn nur für die Behandlung von besonders schweren Erkrankungen zugelassen. Die ersten Wirkstoffe zeigten schon bei circa 25 Prozent der Fälle sehr gute Ergebnisse. Aber die Nebenwirkungen waren zum Teil gravierend, weil sich das „enthemmte“ Immunsystem auch gegen gesunde Zellen der Patienten richten kann. Betroffen von solchen Nebenwirkungen sind beispielsweise der Darm, die Haut und die Leber.
Inzwischen stehen weitere Medikamente zur Verfügung, die ein vergleichbares Wirkprinzip zeigen. „Seit knapp einem Jahr können wir sogar einen Immun-Checkpoint-Inhibitor zur Dauermedikation einsetzen“, sagt Dr. Gesierich. „Und Wissenschaftler lassen nicht nach, weitere Inhibitoren zu entwickeln.“ Hoffnungen setzen die Mediziner dabei in die Kombination mehrerer unterschiedlicher Inhibitoren. Die Erfolge sprechen dabei für sich. So konnten mit Hilfe dieser neuen Medikamente die Überlebensraten bei fortgeschrittenem schwarzen Hautkrebs deutlich verbessert werden.