Punktgenaue Therapien Es geht auch schonend
Bevor der Arzt eine Therapieempfehlung aussprechen kann, muss er ein detailliertes Bild über den Zustand der Prostata bekommen. „Wir benötigen eine umfangreiche und präzise Bildgebung, um eine genaue Diagnose stellen zu können. Hierzu nutzen wir etwa die Magnetresonanztomographie“, erklärt Dr. Thomas Dill. Der Facharzt für Urologie ist Leiter der Klinik für Prostata-Therapie im Medizinischen Zentrum Heidelberg, einem der größten Zentren Europas seiner Art. Erhärtet sich durch die Bildgebung der Verdacht auf einen Tumor, führt der Experte zur weiteren Bestätigung eine zielgerichtete Biopsie durch. Dr. Dill betont: „Mit dieser schrittweisen Vorgehensweise ersparen wir einigen Patienten die Biopsie beziehungsweise diesen Eingriff.“
Organschonend dank Teilbehandlung
Die Behandlungstrategie erfolgt beim Prostatakrebs stets individuell für jeden Patienten. „Wir gehen niemals stur nach Leitlinien vor. Wichtig ist nämlich, auf die Wünsche des Erkrankten einzugehen und diese mit einzubeziehen“, sagt Dr. Dill.
Bei heilbaren Tumoren können die Ärzte auf diverse Behandlungsmöglichkeiten zurückgreifen. In Deutschland wird noch die radikale Prostatektomie, also die vollständige operative Entfernung der Vorsteherdrüse, bevorzugt. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass nur wenige Betroffene davon tatsächlich profitieren. „Wir setzen immer mehr auf schonende und organerhaltende Verfahren, die den Tumor zielgenau bekämpfen. Hierzu gehört die sogenannte fokale oder Teilbehandlung der Prostata, wie die HIFU-Therapie, das IRE-Verfahren und die photodynamische Therapie“, erläutert Dr. Dill.
Hitzeareale zerstören Krebszellen
High Intensity Focused Ultrasound, kurz HIFU, ist ein neuartiges minimal-invasives Verfahren. Ein hochintensiver fokussierter Ultraschall erzeugt punktgenaue Hitzeareale in einem zuvor bestimmten Gewebebereich. Das Krebsgewebe lässt sich so auf 90–100 °C über maximal drei Sekunden erhitzen. Das führt zum Absterben der Tumorzellen. Der Schließmuskel wird bei dieser Therapie maximal geschont, sodass eine spätere Inkontinenz unwahrscheinlich ist. Das Gleiche gilt für die Potenznerven. „Anders als bei einer konventionellen Strahlentherapie, die teilweise noch als Alternative zur Prostatektomie angewendet wird, kann die HIFU-Therapie wiederholt werden, sollten zum Beispiel nachfolgend Rezidive auftreten“, so Dr. Dill.
Spannungsimpulse gegen den Tumor
Das Verfahren der irreversiblen Elektroporation, kurz IRE, kommt ohne Hitzeentwicklung aus. Es stellt eine weitere Alternative zur radikalen Prostatektomie dar. IRE nutzt kurze Spannungsimpulse, um Krebszellen zu zerstören. Die unterschiedlich starken und nur wenige Mikrosekunden langen Impulse öffnen die Poren der Krebszellen, was zu deren Absterben führt. Das gesunde Gewebe wächst problemlos nach und die gesunden Areale der Prostata, wie Blutgefäße und andere Flüssigkeitsleiter, werden im höchsten Maße geschont. Gesunde Zellen ersetzen dann die abgestorbenen Krebszellen im Rahmen des natürlichen Wachstums.
Ein Laser zielt auf den Krebs
Dr. Dill und sein Team behandelten kürzlich weltweit als Erste einen Prostatakrebspatienten mit sogenannten Photosensibilisatoren. Das sind Substanzen, die sich hauptsächlich in Tumorzellen anreichern. „Wir haben die Photodynamische Therapie, eine neuartige Form der Krebstherapie unter Verwendung von Licht, erstmals zusammen mit einer besonderen photoaktiven Substanz, dem Chlorin E6 (Ce6), eingesetzt. Diese wird dem Patienten als Kurzinfusion injiziert“, erklärt Dr. Dill. „Die Substanz reichert sich in Tumorgeweben 20-fach stärker an als in gesunden Zellen. Erreicht nun monochromatisches Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge das Ce6 in den Tumorzellen, wird die Energie des Laserlichtes übertragen. Die Tumorzelle verliert ihre Struktur und stirbt ab.“ Umgebende Zellen ohne Ce6 in direkter Nachbarschaft bleiben von dem Laserlicht weitgehend unbeeinflusst, da das Laserlicht nur in Kombination mit dieser lichtaktiven Substanz seine Wirkung entfalten kann.