Brustkrebs beim Mann Eine seltene Diagnose – aber kein Zufall
Eine der Hochrisikogruppe für Brustkrebs bei Männern sind Patienten mit dem Klinefelter-Syndrom. Dabei handelt es sich um Männer, die ein zusätzliches X-Chromosom in ihrem Erbanlagen haben. Ihr Risiko ist bis zu fünfzigfach erhöht.
Die zweite Risikogruppe sind Männer aus Familien mit den sogenannten BRCA-2-Mutationen. Bekannt ist, dass Frauen in diesen Familien ein deutlich erhöhtes Brustkrebsrisiko haben. Wissenschaftler fanden nun heraus, dass hier auch bei Männern ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für das Mammakarzinom besteht.
Im Gespräch mit Perspektive LEBEN erklärt der Experte Professor Dr. Bernhard Wörmann die Therapiemöglichkeiten dieser seltenen Krebsart. Er ist der Medizinische Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V sowie Onkologe im Medizinischen Versorgungszentrum der Charité in Berlin.
Auch bei Männern muss eine Mammographie gemacht werden
Ein fast immer schmerzloser Knoten in der Brust wird festgestellt. Es gibt keine Allgemeinsymptome. Das ist typisch für die Diagnose Brustkrebs beim Mann. Sie unterscheidet sich nicht zu der bei Frauen. „Bei manchen Männern können wir eine Mammographie machen. In der Regel brauchen wir eine Kernspintomographie“, beschreibt Prof. Wörmann den ersten Untersuchungsschritt.
Eine Kernspintomographie kann beim Mann auch deshalb Sinn machen, weil sich bei ihm ein Tumor eher nach innen, in Richtung Brustwand, ausdehnt. Bei Frauen hingegen haben Tumoren Raum für ihr Wachstum im Brustgewebe, das beim Mann naturgemäß kaum vorhanden ist.
Mit verschiedenen Behandlungsmethoden zum Erfolg
Die Therapie der ersten Wahl ist die Operation. Der Tumor wird also zuerst chirurgisch entfernt.„Eine neoadjuvante Therapie kommt bei Männern eher nicht infrage, weil hier der Fokus nicht auf einer brusterhaltenden Operation liegt“, so der Experte. Als neoadjuvante Therapie bezeichnen Mediziner eine medikamentöse Therapie, die einer Operation vorgeschaltet wird, um den Tumor zu verkleinern und damit die Operation zu erleichtern.
Zudem untersuchen die Onkologen, ob der sogenannte Wächterlymphknoten betroffen ist. Das ist der Lymphknoten, der im Lymphabflussgebiet eines Primärtumors an erster Stelle liegt. „Ist dieser betroffen, bestrahlen wir die Lymphabflusswege nach der Operation. Zudem bestrahlen wir bei Männern auch häufiger die Brustwand – aus den bereits genannten Gründen“, erklärt Prof. Wörmann.
Rückfälle können wirkungsvoll verhindert werden
Der nächste Therapieschritt dient der Rückfallverhinderung. Das geschieht mittels einer Antihormontherapie. „In allen Geweben, also auch in den Tumorzellen, wird der Rezeptor für Hormone herunterreguliert. Das heißt, die Tumorzellen sind nicht mehr empfindlich für Hormone. Sie sterben ab“, erläutert Prof. Wörmann die Wirkweise der Antihormontherapie.
Das wird über mindestens fünf Jahre durchgeführt. Der Patient muss dafür in der Regel täglich eine Tablette zu sich nehmen. Bei Risikopatienten, die unter großen Tumoren leiden oder bei denen zudem auch noch die Lymphknoten in Mitleidenschaft gezogen sind, wird in der Regel zusätzlich noch eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt. Dies ist eine Chemotherapie, die – wie die Hormontherapie – einen Rückfall verhindern soll.
Was der HER2-Rezeptor auslösen kann
Etwa zehn Prozent der männlichen Brustkrebspatienten haben einen sogenannten HER2-Rezeptor. Dabei handelt es sich um Strukturen auf den Tumorzellen, an die bestimmte Wachstumsfaktoren andocken können, was zu verstärktem Gewebewachstum führt.
Diese Patienten können dann eine Anti-HER2-Therapie erhalten. Bewährt hat sich hierzu ein künstlich hergestellter Antikörper, der den Rezeptor für diesen wachstumsfördernden Faktor blockiert. Die Tumorzelle geht zugrunde, weil sie sich nicht mehr teilen kann.
Erhöhtes Risiko bei Klinefelter-Syndrom
Das Klinefelter-Syndrom ist eine angeborene Chromosomenstörung bei Männern. Die Betroffenen haben ein Chromosom mehr als andere Männer. Etwa jeder 500. Mann ist betroffen. Viele Träger ahnen ihr Leben lang nichts von ihrer genetischen Eigenart. Von den 80.000 Betroffenen, die rein statistisch in Deutschland leben, werden nur 10 bis 15 % diagnostiziert und therapiert – was aber wichtig wäre, um Spätfolgen wie Brustkrebs zu vermeiden.
Nebenwirkungen der Behandlung und Prognosen für die Patienten
Nebenwirkungen treten vor allem bei der Chemotherapie auf. So müssen Betroffene etwa mit Übelkeit, Einwirkungen auf das Blutbild oder Haarausfall rechnen. „Eines der Zytostatika kann zu Herzbelastungen führen. Da wir aufgrund des durchschnittlichen Erkrankungsalters eher ältere Patienten haben, überwachen wir während der Chemotherapie dann ständig das Herz mittels Echokardiographie“, so Prof. Wörmann. Die gute Nachricht lautet allerdings: Erstens lassen sich mittlerweile auch beim Brustkrebs des Mannes die Nebenwirkungen gut behandeln. Und zweitens gilt: Alles ist nur vorübergehend.
Nach der Behandlung verschwinden die Nebenwirkungen wieder recht schnell. Zudem lindern begleitende, sogenannte supportive oder unterstützende Therapien heutzutage die Nebenwirkungen auf ein erträgliches Maß. Die Prognosen für männliche Brustkrebspatienten sind gut. Die Aussichten sind, wie bei vielen anderen Krebsarten auch, abhängig von dem jeweiligen Tumorstadium. Im Stadium 1 der Erkrankung liegt die Fünfjahresüberlebensrate bei 96 Prozent und selbst im Stadium 2 noch bei 88 Prozent. Aber auch in den fortgeschrittenen Tumorstadien 3 und 4 sind die Prognosen der Patienten mit durchschnittlich über 65 Prozent relativ gut.