Online-Angebote Chancen und Grenzen der Online-Therapie-Programme in der Psychoonkologie

Autor: Tina Krepela

Die Stimmungslage kann auch den Heilungserfolg beeinflussen. © iStock/oatawa

Noch immer ist das persönliche Gespräch mit dem Psychoonkologen die beste Methode seelische Belastungen der Krebserkrankung zu bewältigen. Aber trotzdem sind auch Online-Angebote wichtig und hilfreich in der Krankheitsverarbeitung.

Im Internet und in den App-Stores werden mittlerweile unzählige Gesundheits-Helfer, sogenannte eHealth-Anwendungen, angeboten. Die meisten richten sich im Grunde an gesunde Menschen, die das allgemeine Lebensgefühl, die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden verbessern sollen. Für Menschen mit echten psychischen Erkrankungen sind sie meist wenig hilfreich, da sie wichtige Aspekte der Erkrankung nicht adressesieren können und nicht auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingehen.

Deswegen ist es wichtig im Vorfeld zu prüfen, ob die digitale Intervention für die eigene Persönlichkeit geeignet ist. Gegebenenfalls sollten Patienten, die in Psychotherapie sind, dies mit ihren Therapeuten besprechen. Daher sollten Patienten diese digitalen Anwendungen nur in Abstimmung mit einem Psychotherapeuten oder Psychiater anwenden.

Die besondere Situation bei Krebs

Krebsdiagnosen und -behandlungen lösen bei Betroffenen sowie in ihrem Umfeld Angstzustände aus. Diese können belastend sein und die Lebensqualität erheblich einschränken. „Auf den ersten Blick sind die Symptome ähnlich wie bei psychisch kranken Menschen“, sagt Dr. rer. nat. Johanna Graf, Psychotherapeutin und Psychoonkologin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen. „Der gravierende Unterschied ist aber, dass Patienten mit Krebs von einer ganz realen Gefahr sowie existenzieller Not betroffen sind und sie deswegen Symptome wie Angst, depressive Reaktionen oder Panik­attacken erleben.“

Deshalb konzentriert sich die Psychoonkologie darauf, Betroffene darin zu ertüchtigen, mit den emotionalen Folgen wie der Angst einen hilfreichen und unterstützenden Umgang zu finden, um so Lebensqualität zu erhalten oder wiederherzustellen.

Wie ein Internettraining helfen kann

Auch für die Psychoonkologie gilt, dass das persönliche Gespräch zwischen Patient und Therapeut die besten Erfolge bringt. Eine der Hauptwirkungen der Therapie geht von der therapeutischen Beziehung zwischen Behandler und Patient aus. Allerdings ist die stationäre und ambulante Versorgung außerhalb der großen Onkologischen Zentren und besonders im ländlichen Raum oft nur mit großen Anstrengungen oder Einschränkungen möglich.

„Hinzukommt, dass die Patienten meist nur kurz in den Kliniken behandelt werden und damit eine regelmäßige und patientenorientierte psychoonkologische Behandlung oft erschwert wird“, sagt Dr. Graf. „Das war der Ausgangspunkt unserer Überlegung für eine webbasierte Intervention, die speziell auf die psychoonkologischen Bedürfnisse und Wünsche der Patientinnen und Patienten abgestimmt ist.“

Das Ergebnis der Idee ist das webbasierte „Make It Traninig“. Es soll krebserkrankten Patienten in ihrer schwierigen Lebensphase darin unterstützen, mit den krankheitsbezogenen Belastungen besser umgehen zu können. Das Training wurde von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Essen und der Abteilungen für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Tübingen entwickelt und wird gerade in einer Versorgungsstudie auf seine Wirksamkeit getestet.

„Make It soll nicht das Therapiegespräch ersetzen“, betont Dr. Graf. „Es soll jedoch die psychoonkologische Versorgung ergänzen und unterstützen. Vor allem auch Betroffene, die vielleicht keine psychoonkologische Hilfe in Anspruch nehmen würden, weil sie Angst vor Stigmatisierung haben oder auch weil der Anfahrtsweg zum nächsten Behandler zu weit wäre.“

In acht Blöcken zum Erfolg

Die Teilnehmer lernen, den krankheitsbezogenen Belastungen und Gefühlen zu begegnen und damit umzugehen. Dabei werden Bewältigungsstrategien individuell erarbeitet und Hintergründe, Kraftquellen, Stressmanagement und Selbstzuwendung erläutert. Die psychologischen Themen werden mithilfe von Lehrvideos, Audiodateien und Übungsblättern vermittelt. Darüber hinaus soll durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen eine wertfreie und wohlwollende Haltung erlernt werden.

Insgesamt besteht das viermonatige Training aus acht Sitzungen, die etwa 30 Minuten dauern. Unter https://makeit-essen.medizin.uni-tuebingen.de/ können sich Interessenten informieren und das Make It Training innerhalb der Studie weiterhin kostenfrei durchführen.

„Schon im Vorfeld der Studie wurde klar, dass das Training gut hilft, die Krankheitsfolgen besser zu bewältigen“, sagt Dr. Graf. „Damit ist Make It eine gute Ergänzung zum Angebot der Psychoonkologen vor Ort, die weitgehend unabhängig von Terminen und Entfernungen durchgeführt werden kann.“


Dr. rer. nat. Johanna Graf, Psychotherapeutin und Psycho­onkologin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Tübingen © Privat