Hilfsmittel richtig beantragen Was es nur auf Antrag gibt

Autor: Perspektive LEBEN

Es lohnt sich, genau hinzuschauen: Eine Krankenkasse kann sich nicht auf das Verzeichnis berufen – es gibt auch mehr! © Trueffelpix – stock.adobe.com

Nach schwerwiegenden Erkrankungen können Körperfunktionen ausgefallen oder beeinträchtigt sein. Mit Hilfsmitteln können diese Funktionen zum Teil ausgeglichen werden. Lesen Sie, wie Sie Hilfsmittel richtig beantragen.

Hilfsmittel sollen zum einen immer dann eingesetzt werden, wenn durch sie der Erfolg der Krankenbehandlung gesichert werden kann. Zum anderen sollen sie körperliche Behinderungen überwinden helfen. Grundsatz dabei ist, dass mit den Hilfsmitteln ein möglichst weitreichender Behinderungsausgleich geschaffen wird.

Typische Hilfsmittel sind Brillen, Hörgeräte, Prothesen, Rollstühle und so weiter. Diese sollen helfen, die Folgen einer Behinderung zu überwinden oder weiteren Schäden vorzubeugen. Sind Hilfsmittel bei der Behandlung nötig, stellt der Arzt ein entsprechendes Rezept aus.

Das Verfahren

Dieses Rezept wird bei der Krankenkasse vor der Anschaffung zur Prüfung und Genehmigung eingereicht. „Das ist bei Hilfsmitteln anders als bei Medikamenten und ganz wichtig zu beachten“, sagt Sascha Pfingsttag, Fachanwalt für Sozialrecht in Reutlingen. „Die Krankenkassen müssen den Einsatz von Hilfsmitteln nämlich prüfen und genehmigen.“ Dabei gilt, dass egal ob ein Antrag bei der Krankenkasse, Renten-, Unfall- oder Pflegeversicherung gestellt wurde, innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung getroffen werden muss. Wird ein Gutachter eingeschaltet, verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen.

Erst dann sollten die Versicherten tätig werden. Das Verfahren ist aber in aller Regel ganz einfach und für den Patienten unkompliziert. Mit dem Rezept geht er zu dem Händler oder Handwerker, der das Hilfsmittel bereitstellen soll. Meist sind das Sanitätshäuser, Apotheken oder Orthopädie-Werkstätten. Fachleute nennen sie auch gerne Leistungserbringer. Sie übernehmen für die Patienten meist das Antrags- und Genehmigungsverfahren bei der jeweiligen Krankenkasse. Ab und an beschränken sich bestimmte Krankenkassen auf bestimmte Leistungserbringer. Liegt die Genehmigung vor, kann das Hilfsmittel beschafft werden.

Die Hilfsmittel der Krankenkassen

Im sogenannten Hilfsmittelverzeichnis sind alle Gegenstände verzeichnet, die ein Arzt bei entsprechenden Gründen und Anlässen verschreiben kann und von den Krankenkassen in aller Regel auch bezahlt werden. Ziel ist dabei immer, den Behandlungserfolg zu sichern und die Behinderung direkt auszugleichen. Auf dieses Verzeichnis haben sich die Spitzenverbände der Krankenkassen verständigt.

„Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass dieses Verzeichnis nicht abschließend ist“, sagt Rechtsanwalt Pfingsttag. „Eine Krankenkasse kann sich in einer Ablehnung also nicht darauf berufen, dass das Hilfsmittel nicht im Verzeichnis steht.“ In allen strittigen Fällen kann sowohl der Versicherte als auch die Krankenkasse den sogenannten Medizinischen Dienst der Krankenkassen in Anspruch nehmen. Er soll als neutrale Stelle die Notwendigkeit und die Eignung eines Hilfsmittels im konkreten Einzelfall begutachten und eine Empfehlung aussprechen. Dabei ist es besonders hilfreich, wenn der Arzt ausführlich darlegt, warum dieses Hilfsmittel eingesetzt werden soll.

Leider ist es manchmal nötig, einen Anwalt einzuschalten, um in einem Widerspruchs- oder Klageverfahren ein besonderes oder besseres Hilfsmittel zu erstreiten. Denn gerade die Krankenkassen ignorieren häufig besondere Bedürfnisse und spezielle medizinische Umstände.

Es gibt auch andere Hilfsmittel

Hilfsmittel können auch dazu dienen, die Wiedereingliederung in das private, gesellschaftliche oder berufliche Leben besser oder überhaupt zu bewerkstelligen. Typische Hilfsmittel, die die Wiedereingliederung unterstützen können, sind zum Beispiel Sprachverstärker für Kehlkopfkrebspatienten, Orientierungshilfen für Erblindete, Esshilfen und so weiter. „Diese Hilfsmittel dürfen von der Krankenkasse nicht erstattet werden“, betont Rechtsanwalt Pfingsttag. „Ansprechpartner sind in diesen Fällen die Renten-, Unfall- oder Pflegeversicherungen.“

Die Kosten, die Versicherte tragen müssen

Versicherte müssen meist einen Eigenanteil bezahlen. Fachleute sprechen dabei von einer Zuzahlung. Diese Zuzahlung beträgt 10 Prozent des Kaufpreises. Mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro pro Verordnung. Liegt die Summe aller Zuzahlungen über der sogenannten Belastungsgrenze von 2 Prozent der Bruttoeinnahmen, können sich Versicherte von zukünftigen Zuzahlungen des laufenden Jahres befreien lassen.­

Für chronisch Kranke beträgt die Belastungsgrenze 1 Prozent der Bruttoeinnahmen. Patienten unter 18 Jahren sind von der Zuzahlung befreit. Entsorgungskosten für Hilfsmittel werden von der Krankenkasse nicht übernommen.

Bei Fragen zu Hilfsmitteln sind die Krankenkassen meist erste Ansprechpartner. Auch die Ärzte wissen in aller Regel, welche Hilfsmittel bezahlt werden. Übrigens: Gebrauchsgegenstände, die auch in einem normalen Haushalt vorhanden sind, sind in den allermeisten Fällen keine Hilfsmittel, die von den Krankenkassen oder Versicherungen bezahlt werden. Typische derartige Gebrauchsgegenstände sind Schuhlöffel, Elektrokleingeräte und Elektromesser.


Sascha Pfingsttag, Fachanwalt für Sozialrecht in Reutlingen © Privat