Prostatakrebs Früher zur Vorsorge: Interview mit Wolfgang Bosbach zum Leben mit Krebs

Autor: Heiko Schwöbel

Wolfgang Bosbach im Interview über sein Leben mit der Diagnose Prostatakrebs. © phaitoon - stock.adobe.com; privat

Im Jahr 2010 wird bei Wolfgang Bosbach Prostatakrebs diagnostiziert. Das Problem dabei ist, dass der Krebs schon weit fortgeschritten ist und damit nicht mehr geheilt werden kann. Was für die allermeisten Patienten ein Grund ist, aus dem Berufsleben auszuscheiden, ist für den profilierten Bundestagsabgeordneten und Rechtsanwalt genau das Gegenteil. Lesen Sie in Perspektive LEBEN, wie der Mensch Bosbach die Situation meistert.

Was war Ihr Antrieb, trotz der Diagnose Krebs beruflich voll aktiv zu bleiben?

Wolfgang Bosbach: Ich hatte beruflich immer das Glück, genau das tun zu können, was ich gerne tun wollte. Ganz gleich, ob als Supermarktleiter, Anwalt oder Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Motto: Mach Dir Dein Hobby zum Beruf und Du hast lebenslang Freizeit! Und solange ich, trotz einer bitteren Diagnose, genau das machen kann, was ich gerne machen möchte – warum sollte ich mein Leben grundlegend ändern? Denn trotz allem: Das Leben ist schön!

Wo und wie haben Sie dafür die Kraft tanken können?

Die beste und wichtigste Kraftquelle war stets das große Vertrauen der Menschen in meine politische Arbeit. Wenn man derart gute Wahlergebnisse erzielt, zuletzt 58,5 %, dann fühlt man sich verpflichtet, Tag für Tag sein Bestes zu geben, um niemanden zu enttäuschen. Und meine Kinder! Die wollen doch zu Hause einen fitten Papi, keinen Patienten.

Biografie

Wolfgang Bosbach, 67 Jahre alt, leitet einen Supermarkt, bevor er das Abitur im zweiten Bildungsweg macht und Jura studiert. Der Politiker und Rechtsanwalt war unter anderem stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Union und Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Mit 58 Jahren bekommt er die Diagnose Prostatakrebs gestellt. Rasch wird klar, dass die Krankheit wegen fortgeschrittener Metastasen nicht mehr geheilt werden kann. Als im Jahr 2016 ein Tumor in der Lunge festgestellt wird, verkündet Wolfgang Bosbach den Rückzug aus der aktiven Politik. In einem Interview sagt er, dass seine Gesundheit nun einen höheren Stellenwert als die Politik bekommen muss.

Welche Widerstände hatten Sie zu überwinden?

Keinen einzigen. Null Komma null. Ausnahmslos alle, private, berufliche und politische Freunde und Bekannte haben Verständnis gezeigt und geholfen, wo es notwendig und möglich war. Allerdings musste und muss ich meinem Drang zum Süßen widerstehen – leider. Aber das tut meiner Figur sowieso gut. Bilde ich mir wenigstens ein...

Was raten Sie, wenn man im Beruf aktiv bleiben will?

Puh, da tue ich mich schwer. Ich kann ja nur sagen, was für mich ganz persönlich das Beste ist. Das muss nicht für jeden anderen Patienten auch gelten. Dessen ungeachtet kann ich nur raten, offen und ehrlich zu sein. Auch sich selbst gegenüber. Krebs ist nichts, was einem peinlich sein muss, wofür man sich entschuldigen oder rechtfertigen müsste. Einfach sagen: so und so ist es nun mal – und jetzt machen wir gemeinsam das Beste aus einer schwierigen Lage.

Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?

Früher zur Vorsorge gehen! Dort war ich nie. Kein einziges Mal. Ein schwerer Fehler, denn gerade bei Prostatakrebs sind die Heilungschancen bei Früherkennung relativ gut. Und weniger googeln. Ich jedenfalls vertraue mittlerweile viel mehr in Dr. med. als in Dr. Google.