Rehabilitation Zurück in den Beruf: So klappt die Wiedereingliederung

Autor: Perspektive LEBEN

Patienten wissen oft nicht, dass sie auf Hilfe bei der Wiedereingliederung Anspruch haben. © iStock/alzay

Diagnose, Behandlung, Rehabilitation. Alles braucht seine Zeit und fordert die höchste Aufmerksamkeit. Der Beruf wird dabei meist völlig in den Hintergrund gedrängt. Lesen Sie, wie der Weg zurück in den Job gestaltet werden kann.

Krebserkrankungen sind oft schwere Erkrankungen, sie zu behandeln dauert meist mehrere Monate. In dieser Zeit können viele Patienten einem Beruf nicht oder nur sehr eingeschränkt nachgehen. Untersuchungen, Behandlungen und Rehabilitation nehmen die Betroffenen viel zu sehr in Anspruch. Aber sobald die Therapie Zeit dafür lässt, stellen sich viele die Frage: „Was ist mit meiner Stelle? Kann ich wieder zurück? Bin ich überhaupt fit genug?“

Es gibt Maßnahmen, die Patienten nach langer Krankheit in die Lage versetzen sollen, in ihrem angestammten oder einem anderen Beruf wieder Fuß zu fassen. Die Arbeitskraft und Teilhabe am Arbeitsleben sollen mit Rehabilitationen, Anschlussheilbehandlungen und stufenweiser Wiedereingliederung wiederhergestellt werden. Auf dieses Maßnahmenbündel haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch.

Die Ansprechpartner

Die Beratungsstellen in den Rehabilitations­einrichtungen sind erste und wichtige Anlaufstellen. Sie geben Auskunft über konkrete Unterstützungsleistungen für eine mögliche Rückkehr ins Arbeitsleben. Zentrale Ansprechpartner sind dabei die Krankenkassen oder die Rentenversicherungsträger. Unter Umständen kümmern sich auch die Arbeitsagentur oder die Berufsgenossenschaften darum, wie der Weg zurück in den Beruf gelingen kann.

Liegen nach einer schweren Krebserkrankung Behinderungen vor, können auch die sogenannten Integrationsämter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ihr Auftrag ist, die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu sichern und zu fördern. In Betrieben sind die Hauptansprechpartner der Betriebsarzt, die Schwerbehindertenvertretung, die Personalabteilung sowie der Betriebs- oder Personalrat. „Wer im Einzelfall der richtige Ansprechpartner ist, hängt von vielen Faktoren ab“, so Sascha Pfingsttag, Fachanwalt für Sozialrecht und Medizinrecht in Reutlingen. „Es hängt zum Beispiel davon ab, ob ein Patient im Berufsleben steht, ob er selbstständig tätig oder ob er als Arbeitsloser registriert ist. Deshalb rate ich immer dazu, sich frühzeitig bei den Sozialberatungen in den Kliniken zu informieren.“

Auch die Arbeitgeber können und müssen sich darüber informieren, wie Patienten nach einer schweren Krankheit wieder in das Berufsleben zurückfinden können. Ihnen stehen im Prinzip die gleichen Ansprechpartner zur Verfügung. Unter Umständen erhalten Arbeitgeber auch finanzielle Unterstützung, wenn es darum geht, Arbeitsplätze umzugestalten oder Mitarbeiter umzuschulen, um sie weiterhin beschäftigen zu können. „Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass sich Hartnäckigkeit bei den Kostenträgern für die Patienten und Arbeitgeber oft auszahlt“, sagt Sascha Pfingsttag. „Wenn nötig auch mit der Hilfe eines Anwalts.“

Der Anspruch

In den meisten Fällen werden Patienten mit der sogenannten stufenweisen Wiedereingliederung zurück in das Arbeitsleben integriert. In diesem Verfahren wird die Arbeitszeit – je nach Leistungsfähigkeit – nach und nach gesteigert. Meist beginnen die Betroffenen mit einer Arbeitszeit von zwei Stunden, die dann nach und nach im Rhythmus von zwei bis vier Wochen gesteigert wird. In dieser Zeit müssen die Arbeitgeber keinen Lohn oder Gehalt bezahlen. Die Betroffenen erhalten entweder Krankengeld, Übergangsgeld oder andere Lohnersatzleistungen. In den Betrieben wird diese stufenweise Wiedereingliederung im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements begleitet.

„Nach herrschender Lehre haben Mitarbeiter einen gesetzlichen Anspruch auf diese stufenweise Wiedereingliederung“, betont Sascha Pfingsttag. Das Landesarbeitsgericht Hamm führt dazu im Urteil 4.07.2011 – 8 Sa 726/11 aus: „Zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Die frühere Auffassung, dem Arbeitgeber stehe die Entscheidung hierüber frei, ist nach Einführung des § 84 SGB IX überholt. Im Weigerungsfall kommen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers […] in Betracht.“

Die Pflichten

„Patienten haben bei der Wiedereingliederung nicht nur Ansprüche und Rechte, sie haben auch Pflichten“, erklärt Sascha Pfingsttag. „Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber trotzdem muss es immer wieder betont werden: die Mitwirkungspflicht.“ Dies gilt in zwei wichtigen Bereichen: Zum einen muss der Arbeitnehmer ganz deutlich sagen, wo seine Grenzen sowie Schwächen liegen und welche Bedürfnisse er hat. Zum anderen muss er auch klar seine Stärken und Fähigkeiten zeigen und anwenden.

Mit anderen Worten: Er muss die Zukunft mitgestalten wollen, sonst kann die Wiedereingliederung nicht gut gelingen. „Ziehen dabei Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Sozialleistungsträger an einem Strang, gelingt die Wiedereingliederung“, betont Sascha Pfingsttag. „Unzählige Beispiele beweisen das sehr eindrücklich.“

Gute und seriöse Informationen

Selbsthilfegruppen halten oft nützliche Informationen bereit und können beraten. Auch der Krebsinformationsdienst » und die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation » stellen umfassende Informationen zur Verfügung.


Sascha Pfingsttag, Fachanwalt für Sozialrecht und Medizinrecht in Reutlingen © Privat