Nebenwirkungen So kommen Sie nach der Chemotherapie wieder ins Gleichgewicht

Autor: Perspektive LEBEN

Heutzutage lässt sich eine ganze Menge gegen Nebenwirkungen der Behandlung tun. © drubig-photo – stock.adobe.com

Manche Behandlungen greifen nicht nur den Tumor an. Auch Mund, Magen und Darm können in Mitleidenschaft gezogen werden. Lesen Sie hier, was Ärzte tun können, um die Verdauung im Takt zu halten.

Mund und Rachen

Chemotherapien können die Schleimhäute in Mund und Rachen stark angreifen. Warum? Krebszellen teilen sich schnell und häufig. Die Chemotherapie zielt genau auf diese Zellen. Aber die Zellgifte der Chemotherapie können nicht immer zwischen guten Zellen und Krebszellen unterscheiden. Daher werden auch die gesunden Zellen in den Schleimhäuten beschädigt.

Die Folge können Verletzungen und Entzündungen der Schleimhäute im Mund und Rachen sein, sodass die Patienten nur unter Schmerzen kauen und schlucken können. Der Geschmack und die Lust zu essen gehen dann oft verloren.

„Entzündungen treten, wenn überhaupt, in den ersten vier bis fünf Tagen nach der Behandlung auf“, sagt Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Chefapotheker des Universitätsklinikums Tübingen. Er rät daher, schon im Vorfeld der Therapie antibakterielle Mundspülungen anzuwenden. Der Mund sollte mehrmals am Tag gespült werden. Auch zwischen den Mahlzeiten. Die Zähne sollten nur mit sehr weichen Zahnbürsten geputzt werden.

Damit werden Entzündungsherde und Verletzungen schon im Vorfeld beseitigt oder vermieden. „Während der ersten Tage nach der Therapie empfehle ich, auf Scharfes, Hartes, Trockenes und auf Zitrusfrüchte im Essen konsequent zu verzichten“, so Prof. Lipp.

Akute Schleimhautverletzungen werden mit Antibiotika behandelt. Gegen die Schmerzen kann ein örtlich wirkendes Betäubungsmittel eingesetzt werden. Sie lindern die Schluckbeschwerden. Die Patienten können dann milde Speisen meist gut essen.

Erbrechen und Übelkeit

Heutzutage sind Erbrechen und Übelkeit bei Chemotherapien keine zwangsläufigen Nebenwirkungen. „Die Gespenster aus den frühen 80er Jahren sollten wirklich niemanden mehr schrecken“, sagt Prof. Lipp. „Seit fast 20 Jahren kennen wir die Zusammenhänge, die zu Übelkeit führen, gut genug, um das Erbrechen während der Therapie zu unterbinden.“

Bewegung und frische Luft: So bleiben sie fit in der Therapie

Wann immer es Ihr Zustand zulässt – versuchen Sie, sich in frischer Luft zu bewegen. Studien zeigen: Wer sich bewegt, fördert nicht nur seine körperliche Leistungsfähigkeit, sondern bewältigt auch die Krebstherapie besser.

Verantwortlich für Übelkeit und Erbrechen ist der Botenstoff Serotonin in unserem Darm und Gehirn. Er wird vom Darm normalerweise nur dann freigesetzt, wenn Gift über die Nahrung aufgenommen wird. Er sorgt dann dafür, dass uns übel wird und dass wir erbrechen – also eine echte Schutzfunktion vor Vergiftungen. Die Gifte der Chemotherapie sollen die Krebszellen in unserem Körper bekämpfen. Diese starken Gifte lösen im Darm die gleichen Reaktionen aus wie die Gifte in der Nahrung.

„Mit Medikamenten, die die Aufnahme des Serotonins im Darm und Gehirn hemmen, wird das Erbrechen wirksam unterbunden“, sagt Prof. Lipp. „Die Übelkeitsgefühle können wir allerdings noch nicht so gut unterdrücken.“ Nach 24 Stunden sind diese Nebenwirkungen der Therapie meist verschwunden.

„Informieren Sie unbedingt Ihren Arzt, wenn Sie unter Reisekrankheit leiden oder empfindlich gegen Übelkeit sind“, rät der erfahrene Apotheker Prof. Lipp. „Scham oder Zurückhaltung sind hier völlig fehl am Platz.“ Die Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen müssen rechtzeitig, wie verordnet, eingenommen werden, damit sie gut und sicher wirken können.

Chemotherapien lösen auch manchmal Entzündungsreaktionen in Magen und Darm aus. Diese können dann in der Folge zu Übelkeit und Erbrechen führen. Mit Kortison werden diese Reaktionen wirksam unterdrückt. „Seien Sie also nicht überrascht, wenn Sie während und nach Behandlung Kortison verabreicht bekommen“, sagt Prof. Lipp. „Es dient Ihrer Gesundheit und Ihrem Wohlbefinden.“

Durchfall und Verstopfung

Chemotherapien können im Dickdarm Entzündungen auslösen. Diese können dann zu Durchfall führen. Ihr Arzt unterscheidet dabei vier Grade: Beim schwersten Grad müssen Patienten sieben bis neun Mal auf die Toilette. „Bitte suchen Sie dann sofort einen Arzt auf. Der Verlust von Salzen und Wasser kann zu schweren Schäden führen“, warnt Prof. Lipp. „Hier ist kein Heldentum gefragt!“

Mildere Formen des Durchfalls können mit zum Beispiel Loperamid gut behandelt werden. „Patienten fragen bitte den Arzt nach der für sie richtigen Dosierung“, rät Prof. Lipp. Die Dosierung der Packungsbeilage bezieht sich nämlich auf eine infektiöse Durchfallerkrankung. Für Patienten mit einer Chemotherapie gelten andere Empfehlungen. Wird der Durchfall von Fieber begleitet, sollten Sie rasch den Arzt informieren. Er wird dann die notwendigen Schritte zur Behandlung einleiten.

Manche Chemotherapien legen die Nerven im Dickdarm lahm. Dadurch können die normalen Darmbewegungen reduziert und Verstopfungen ausgelöst werden. Mit abführenden Speisen, ausreichend Flüssigkeit und milden Abführmitteln können diese Nebenwirkungen gut im Zaum gehalten werden.


Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Chefapotheker des Universitätsklinikums Tübingen © Privat