Zusatzleistungen Welche IGeL sind sinnvoll?
Medizinische Fachgesellschaften, Krankenkassen und Patientenvertreter legen gemeinsam fest, welche Gesundheitsleistungen von den Krankenkassen übernommen werden. Damit wird sichergestellt, dass nur medizinisch und wissenschaftlich begründete Behandlungen eingesetzt und bezahlt werden. „Insgesamt funktioniert dieses System in Deutschland sehr gut“, sagt Professor Dr. Joachim Drevs, Praxis für Integrative Onkologie in Sickte.
„Allerdings fallen manche Gesundheitsleistungen durch dieses Raster, obwohl sie Patienten oft erheblichen Nutzen bringen können.“ Wollen Patienten diese Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, müssen sie aus eigener Tasche bezahlt werden. Das Problem für die Patienten ist dabei, dass sie unseriöse von seriösen Angeboten oft nicht leicht unterscheiden können.
Der gute Weg
„Das A und O für Patienten ist, dass sie sich einen onkologisch tätigen Arzt ihres Vertrauens suchen“, sagt Prof. Drevs. „Dies klingt zunächst einfach, ist aber in der Praxis oft schwer.“ Deshalb rät er allen, zunächst das Gespräch mit dem Hausarzt zu suchen. Dieser kann aus seiner Erfahrung als erster abschätzen, welche Krebsärzte zu dem Patienten besonders gut passen könnten.
„Im nächsten Schritt zählt dann fast nur noch das Bauchgefühl“, betont Prof. Drevs. „Bleibt nach dem Gespräch ein ungutes Gefühl, sollte unbedingt ein anderer Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht werden. Misstrauen zwischen Arzt und Patient ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine erfolgreiche Krebsbehandlung.“
Wann die Warnlampen aufleuchten sollten
Viele unseriöse Angebote von IGeL können leicht entlarvt werden. Immer dann, wenn eine Heilung versprochen oder sogar garantiert wird, müssen alle Alarmlampen sofort rot aufleuchten und das Angebot abgelehnt werden. „Dies liegt schlicht und einfach daran, dass es in der Medizin niemals eine Garantie auf Heilung gibt“, sagt Prof. Drevs. „Jeder, der das bei einer so ernsten Krankheit wie Krebs verspricht, ist per se unseriös.“
Sehr teure und nicht nachvollziehbare Preise für Medikamente und Behandlungen sind auch deutliche Warnhinweise dafür, dass etwas nicht stimmen kann. Das Gleiche gilt, wenn der Arzt nur auf ein einziges Medikament oder eine einzige Behandlung zurückgreifen will.
Anerkannte Krebstherapien setzen sehr oft mehrere Wirkstoffe und Methoden ein. Will der Behandler aber nur ein, unter Umständen sehr teures, Medikament oder nur ein Verfahren einsetzen, sollten Patienten unbedingt eine zweite Meinung einholen. „Will der Behandler dann auch noch verhindern, dass eine zweite Meinung eingeholt wird, kann das Gespräch bedenkenlos abgebrochen werden“, betont Prof. Drevs.
„Ein seriöser Arzt wird nämlich immer eine zweite Meinung akzeptieren, weil seine geplante Behandlung medizinisch-wissenschaftlich begründet und für Kollegen nachvollziehbar ist.“
Gut gemeint
Freunde und Bekannte haben auch immer wieder Tricks und Tipps parat, wie eine Krebstherapie ergänzt werden soll oder welcher Therapeut besonders gut helfen kann. „Diese gut gemeinten Tipps sollten Patienten immer außer Acht lassen“, sagt Prof. Drevs. „Fast keine Erkrankung ist wie die andere und kein Mensch ist oder reagiert wie der andere.“
Deshalb kann es kaum allgemeingültige Tricks und Tipps für eine spezielle Krebstherapie geben. Ausnahmen bestätigen dabei die Regel. Inzwischen sind einige allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen auch wissenschaftlich anerkannt. Sie werden von den Krankenkassen oft übernommen oder als IGel von Ärzten angeboten. Dazu gehören unter anderem eine gezielte Ernährungsberatung und Sport- und Bewegungsprogramme.
Über die Erstattung und Wirkung von bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln und zum Beispiel Misteltherapien wird derzeit noch immer diskutiert. Erstattungen durch die Kassen können dafür gesondert beantragt werden.
Die Kostenübernahme
Untersuchungen zeigen, dass Krebspatienten im Durchschnitt etwa 250 Euro im Monat für IGel ausgeben. „Daher kann es sich durchaus lohnen, bei der Krankenkasse einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen“, sagt Prof. Drevs. „Sind die Anträge gut begründet, werden die Kosten von der Krankenkasse durchaus übernommen.“ Ein Teil einer guten Begründung ist die sogenannte Risiko-Nutzen-Abwägung. Dies bedeutet, dass die Gesundheitsparameter des Patienten vor der Behandlung erhoben werden müssen. Dann muss abgeschätzt werden, welchen Nutzen die Gesundheitsleistung bringen kann und welches Risiko sie birgt.
Ohne diese Einschätzung sind Kostenübernahmeanträge meist zum Scheitern verurteilt und der Einsatz einer IGel fragwürdig. Für die Kostenübernahme gilt außerdem, dass sie immer vor der Leistung eingeholt werden sollte. Nachträglich werden Anträge nur selten oder nach langem Hin und Her bewilligt.