Hirnmetastasen Tumoren mit Radiochirurgie millimetergenau abtragen
Bei etwa 20 bis 40 Prozent aller Krebspatient:innen treten in fortgeschrittenen Stadien Hirnmetastasen auf. Mit einem Anteil von 50 Prozent zählen diese zu den häufigsten Tumoren des Gehirns. Während Betroffene früher bereits die Endphase ihrer Krebserkrankung ohne eine Heilungschance erreicht hätten, ermögliche vor allem die Radiochirurgie heute eine „punktgenaue, hochdosierte Bestrahlung von Hirnmetastasen“, sagte Univ.-Prof. Dr. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO), beim Deutschen Krebskongress 2022 in Berlin. Das umliegende Hirngewebe werde aber nicht geschädigt. „Eine ablative Hochpräzisionsbestrahlung ist heute genauso effektiv wie eine Metastasen-Operation, aber nicht invasiv und daher sicherer“, so Prof. Combs.
Bei bis zu zehn Metastasen erfolgreich
Bislang wurde diese „stereotaktische Bestrahlung“ nur bei vereinzelten Metastasen eingesetzt. Inzwischen ist die Radiochirurgie auch bei mehr als drei Krebsherden im Gehirn erfolgreich anwendbar, ebenso bei Rezidiven. „Früher waren multiple Hirnmetastasen oft die Ursache für das Versterben“, betont die Münchner Radioonkologin. Heute seien dies eher das Fortschreiten des Primärtumors oder Metastasen außerhalb des Gehirns.
Eine japanische Studie aus dem Jahr 2018 zeigte bereits, dass diese Methode sogar bei bis zu zehn Metastasen problemlos möglich und erfolgreich sei, so Prof. Comb. Untersucht wurden damals 784 Menschen mit nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) und Hirnmetastasen.
Die Radiochirurgie erfolgt nach genauer 3D-Planung anhand von CT- und MRT-Bildern, bei der das Bestrahlungsfeld berechnet wird. Das Tumorgewebe wird millimetergenau wie mit dem Skalpell, oft in nur einer Behandlungssitzung abgetragen. Die Methode ist aber auch vor und nach einer neurochirurgischen OP möglich.
Lange galt die sog. Ganzhirnbestrahlung als Standardbehandlung von multiplen Hirnmetastasen. Dabei wird das gesamte Gehirn (Metastasen wie gesunde Bereiche) mit einer einheitlichen Dosis bestrahlt. Diese Behandlung geht aber häufig mit Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität einher. „Das Verfahren der Ganzhirnbestrahlung hat somit in den meisten Fällen ausgedient. Es ist nicht wirksamer, aber nebenwirkungsreicher“, so Prof. Comb.
Ambulante Angebote
Für Patient:innen mit Hirnmetastasen ist die stereotaktische Radiochirurgie voraussichtlich ab Juli 2023 auch in der ambulanten Versorgung möglich, etwa bei niedergelassenen Fachärzt:innen für Strahlentherapie oder Neurochirurgie. Somit kann man schon am nächsten Tag wieder zur Arbeit gehen oder seine Chemotherapie fortsetzen.
Die fraktionierte stereotaktische Strahlentherapie, bei der die Strahlendosis über mehrere Therapiesitzungen aufgeteilt wird, wird bereits ambulant angeboten.
Quelle: g-ba.de
Weniger Nebenwirkung, hohe Heilungschancen
Die Optionen bei Hirnmetastasen seien heute vielmehr die radiochirurgische Entfernung einzelner Krebsherde oder die Kombination aus chirurgischer Entfernung und Bestrahlung. „Mit beiden Verfahren können wir eine gute Kontrolle der Hirnmetastasen erreichen. Sie sind zunehmend beherrschbar“, erklärt Prof. Combs. Diese präzisen Bestrahlungsoptionen von Hirnmetastasen böten „eine extrem hohe Heilungschance“ und hätten „extrem wenige Nebenwirkungen.“