Falsche Alternativen Risiken umgehen und aus einer Hand behandeln lassen

Autor: Perspektive LEBEN

Hilfreich sind nicht alternative, sondern ergänzende Verfahren – diese unterstützen die Behandlung. © Antonioguillem – stock.adobe.com

Immer wieder werden Tumorpatienten sogenannte ­alternative Therapien vorgeschlagen. Lesen Sie, warum solche Vorschläge gefährlich sein können. Und wie Sie sich vor falschen Propheten schützen.

Den meisten Menschen fallen zur Krebsbehandlung eine Operation und die Strahlen- oder Chemotherapie ein. Erst im zweiten Blick wird über eine Alternative zu klassischen Instrumenten der Schulmedizin nachgedacht und nach Methoden gesucht, die den Körper angeblich nicht so stark belasten und trotzdem heilen.

Doch was sind alternative Krebstherapien? Im Wortsinn sind alternative Methoden anstatt Operation, Strahlen- oder Chemotherapien zu verstehen. Im Alltag wird der Begriff allerdings völlig unterschiedlich verwendet. Er reicht über rein pflanzliche Arzneimittel bis zu Naturheilverfahren. Doch alle diese Therapievorschläge haben eines gemeinsam: „Die Wirksamkeit der Methode kann nicht nachgewiesen werden, weil sie schlicht nicht oder kaum vorhanden ist“, sagt Professor Dr. Jutta Hübner, Oberarzt an der Universitätsklinik Jena. Sie versprechen, mit sanfteren Methoden den Krebs zu bekämpfen. „Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass die Anbieter dieser Methoden am Leid der Patienten nur Geld verdienen wollen – ohne die Heilung im Blick zu haben.“

Die größte Gefahr: Zeit geht verloren

„Die größte Gefahr ist bei den Alternativen zweifellos, dass die Therapien nicht wirken“, betont Prof. Hübner, Professorin für Integrative Onkologie. „Bei Krebserkrankungen muss sehr oft rasch und konsequent gehandelt werden.“ Wird aber mit weitgehend wirkungslosen alternativen Methoden die Behandlung begonnen, kann unter Umständen wertvolle Zeit verloren gehen. In dieser Zeit kann der Krebs nämlich weiter voranschreiten. Für einen zweiten Versuch mit herkömmlichen Behandlungen ist dann oft die Zeit abgelaufen.

Hinzu kommt, dass Krebstherapien meist sehr weitgehend in die Gesundheit der Patienten eingreifen müssen. Zusätzliche Belastungen mit weiteren Medikamenten und Behandlungen sind daher unbedingt zu vermeiden. „Werden sogenannte alternative Therapien angewendet, kann es aber zu zusätzlichen Belastungen durch unerwünschte Wechselwirkungen kommen“, sagt Prof. Hübner. „Im schlimmsten Fall wird die eigentliche Therapie in ihrer Wirkung geschwächt oder sogar neutralisiert.“ Dies gilt auch für Medikamente, die auf rein pflanzlicher Basis hergestellt werden.

Nebenwirkungen

Selbst aktiv werden – nach Rücksprache mit dem Arzt

  • Übelkeit und Erbrechen: Zwei Esslöffel frischer und dünn geschnittener Ingwer mit einem Viertelliter Wasser überbrühen und langsam trinken.

  • Schleimhautentzündungen: Einfaches Speiseöl oder Kamillentee dünn auf die entzündeten Stellen auftragen.

  • Oberbauchschmerzen: Ein bis zwei Tassen Pfefferminztee pro Tag trinken.

  • Durchfall: Einen Apfel oder eine Karotte reiben und langsam essen.

  • Verstopfung: Dreimal am Tag einen Teelöffel Flohsamen in einen Viertelliter Wasser einrühren und trinken. Danach nochmals einen halben Liter Wasser trinken.

Darüber hinaus werden alternative Methoden oft von Behandlern ohne medizinische Ausbildung angewendet. Diese sind daher meist nicht in der Lage, eine angemessene Schmerztherapie zu verordnen. „Betroffene Patienten leiden dann oft stark – und völlig unnötig“, betont Prof. Hübner. „Mein Rat ist daher: Vertrauen Sie auf die Schulmedizin. Sogenannte alternative Methoden sind aus gutem Grund in keiner Behandlungsleitlinie als Ersatz der schulmedizinischen Verfahren vorgesehen.“

Vorsicht: Falsche Versprechen!

Angebote zu alternativen und ergänzenden Krebsbehandlungen werden im Internet und in manchen Magazinen angepriesen. Welche Angebote seriös, unseriös oder gar gefährlich sind, lässt sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Wann müssen Sie in jedem Fall vorsichtig sein?

  • Wenn damit geworben wird, dass die Therapie anstatt von Operationen, Chemo- oder Strahlentherapien eingesetzt werden soll. Warum? Es kann wichtige Zeit für eine wirksame Behandlung verloren gehen.
  • Wenn eine hundertprozentige Heilungsquote angegeben wird. Warum? Eine hundertprozentige Erfolgsquote gibt es nicht.
  • Wenn geringe oder keine Nebenwirkungen auftreten sollen. Warum? Fast alle Therapien haben Nebenwirkungen.
  • Wenn Patienten und Angehörige zur Verschwiegenheit verpflichtet werden sollen. Warum? Anerkannte Verfahren müssen sich nicht verstecken. Wenn ein Behandler Angst vor einer zweiten Meinung eines Arztes hat, will er etwas verbergen.
  • Wenn die Behandlung nicht von der Krankenkasse bezahlt wird. Warum? Anerkannte und wirksame Therapien werden von der Kasse bezahlt.
  • Wenn Sie unterschreiben müssen, dass Sie die Behandlung auf eigenen Wunsch durchlaufen wollen. Warum? Damit versucht der Behandler die Schuld für Misserfolge auf die Patienten abzuwälzen.

Komplementär statt alternativ

Moderne Krebstherapien integrieren möglichst viele Aspekte der Gesundheit in die Therapie. „Und dabei ist ganz wichtig, dass wir den Patienten so weit wie möglich einbeziehen und ihn aktivieren, Gutes für sich zu tun“, sagt Prof. Hübner. „Ergänzende, sprich komplementäre Naturheilverfahren gehören ebenso dazu wie die Ernährung, der richtige Sport oder die Treffen mit Freunden.“

Wichtig ist dabei, dass keine klassische Therapie durch eine Pseudoalternative ersetzt wird und dass alle therapeutischen Maßnahmen mit den behandelnden Ärzten abgesprochen werden. So wird sichergestellt, dass die Therapie aus einer Hand kommt, die gewünschte Wirkung entfalten kann und unerwünschte Wechselwirkungen vermieden werden.

Professor Dr. Jutta Hübner, Oberärztin und Professorin für Integrative Onkologie an der Universitätsklinik Jena © Privat