
KRAS-Mutation lässt sich doch angreifen

Mutationen im KRAS-Onkogen gehören zu den häufigsten Krebs-Alterationen. So weisen etwa 13 % der nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome (NSCLC) und bis zu 3 % der kolorektalen Tumoren eine KRAS-p.-G12C-Veränderung auf. Diese aktiviert das Onkoprotein und steigert die Proliferation sowie das Überleben der malignen Zellen, schreiben die Forscher um Dr. David Hong vom Department of Investigational Cancer Therapeutics am MD Anderson Cancer Center in Houston.
Seit mehr als 30 Jahren sucht die Wissenschaft nach einer Möglichkeit, diesen Signalweg wirksam und gut verträglich zu unterbrechen. Hoffnung verspricht Sotorasib: Das präzise auf die Molekularstruktur des Onkoproteins zugeschnittene small molecule inaktiviert KRASG12C vollständig und irreversibel.
Mehr als jeder Zweite entwickelte Toxizitäten
Nach erfolgreichen präklinischen Untersuchungen prüften Dr. Hong und Kollegen, ob sich die Ergebnisse auch in einem therapeutischen Nutzen für Krebspatienten widerspiegeln. Die Forscher schlossen 129 Personen mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumoren und nachgewiesener KRAS-p.-G12C-Mutation in ihre Phase-1-Studie ein. Die Behandlung mit Sotorasib erfolgte einmal täglich per os bis zum Krankheitsprogress oder dem Auftreten inakzeptabler Nebenwirkungen. An einem NSCLC litten 59 Teilnehmer, 42 an einem kolorektalen Karzinom und 28 an anderen Tumoren. Die Betroffenen hatten im Vorfeld bis zu elf onkologische Therapien erhalten.
Dosislimitierende toxische Effekte oder Todesfälle aufgrund der Behandlung traten im Studienkollektiv nicht auf. 56,6 % der Erkrankten erlitten therapiebedingte Nebenwirkungen. Komplikationen des dritten/vierten Grads gab es in 11,6 % der Fälle, schreiben die Autoren. Am häufigsten beobachteten die Wissenschaftler Diarrhöen (30 %), Fatigue (23 %) sowie Nausea (21 %). Die drittgradigen Nebenwirkungen umfassten im Wesentlichen reversible Leberwerterhöhungen, Diarrhö, Erbrechen sowie Anämie.
Mit 32,2 % zeigte nahezu ein Drittel der Patienten mit NSCLC ein objektives Ansprechen, definiert als komplette oder partielle Response. Unter den Teilnehmern mit einem kolorektalen Tumor erreichten 7 % dieses Ergebnis. Rund 88 % derer mit Lungenkrebs bzw. 74 % derer mit kolorektalen Karzinomen erfuhren eine Krankheitskontrolle, die die Autoren als objektives Therapieansprechen oder stabile Erkrankung definierten. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug bei ihnen 6,3 Monate bzw. 4,0 Monate. Ein Ansprechen entwickelte zudem je eine Person mit einem Melanom, einem Pankreas-, einem Endometrium- und einem Appendixkarzinom.
Mangel an Bindungsstellen erschwert die Entwicklung
Seit seiner Entdeckung im Jahr 1982 gilt das mutierte KRAS-Protein als pharmakologisch nicht angreifbar: Insbesondere der Mangel an molekularen Bindungsstellen stellte die Forschung vor große Schwierigkeiten.
Mit der Entwicklung von Sotorasib ist es gelungen, das bislang Unmögliche möglich zu machen – nämlich das onkogene Schlüsselprotein zu inhibieren, schreiben Professor Dr. Patricia M. LoRusso vom Yale Cancer Center in New Haven und Professor Dr. Judith Sebolt-Leopold vom Rogel Cancer Center an der University of Michigan in Ann Arbor. Kombinationsstrategien könnten die Wahrscheinlichkeit eines kompletten Ansprechens auf eine KRASG12C-Hemmung erhöhen.
Gegenwärtig wird in Studien Sotorasib als Monotherapie und in Kombination bei Patienten mit NSCLC bzw. anderen soliden Tumoren getestet. Die beiden Wissenschaftlerinnen hoffen, dass der Entwicklung von KRASG12C-Inhibitoren Wirkstoffe gegen Ziele anderer Tumorentitäten folgen, die bislang ebenfalls als untherapierbar galten.
Quellen:
Hong DS et al. N Engl J Med 2020; 383: 1207-1217; DOI: 10.1056/NEJMoa1917239
LoRusso PM et al. A.a.O.: 1277-1278; DOI: 10.1056/NEJMe2026372