Berliner Erklärung Handlungsempfehlungen für den nutzenstiftenden und verantwortungsvollen Umgang mit medizinischen Daten
Die Teilnehmer des eHealth Summit 21 haben daher unter der Leitung von Professor Dr. Christof von Kalle und Professor Dr. Hagen Pfundner die „Berliner Erklärung“ für eine Datennutzung zum Wohle der Menschen verfasst. Sie enthält sieben Handlungsfelder:
Die Regeln der DSGVO ermöglichen sowohl medizinische Versorgung als auch öffentliche und privatwirtschaftliche Forschung und Nutzung von Daten zum Wohle der Patienten. Andere Länder nutzen diesen Spielraum längst.
Handlungsempfehlung: ein Abstimmungskonzept mit Landesdatenschutzbehörden entwickeln. – im Zentrum einer informierten und verantwortungsbewussten Datennutzung müssen Datensicherheit, der Schutz des Lebens sowie der gesundheitliche Nutzen des Einzelnen und der Gemeinschaft stehen. Datennutzung muss nach pragmatischen Kriterien geschehen, um neue Chancen für die Weiterentwicklung der Versorgung zu eröffnen.
Viele Gesundheitsdaten entstehen bei der Behandlung von Patienten durch unser solidarisch finanziertes Gesundheitssystem. Die Daten sollten daher unter Wahrung der Vertraulichkeit und der Datenschutzregeln von öffentlich wie von privat Forschenden genutzt werden können, um den medizinischen Fortschritt voranzubringen.
Handlungsempfehlung: „Code-of-Conduct“ – Patienten stellen Ihre Daten zur Verfügung, um sich selbst und anderen Patienten zu helfen. Ein „Code-of-Conduct“ schafft als freiwilliges Regelwerk einen transparenten Rahmen für die Nutzung der Daten durch alle Stakeholder auf nationaler und EU-Ebene und stärkt das Vertrauen der Bürger in die Digitalisierung der Medizin.
Patienten müssen selbst über die Verwertung ihrer Gesundheitsdaten entscheiden können.
Handlungsempfehlung: „Broad-Konsent” – die informationelle Selbstbestimmung der Patienten wird dadurch geschützt, dass die Datenverwendung nie gegen ihre Interessen erfolgen darf. Soweit eine Einwilligung der Betroffenen erforderlich ist, bietet sich dafür das Broad-Consent-Modell der Medizininformatik-Initiative an. Es sollte im Rahmen eines Opt-out-Verfahrens umgesetzt werden. Dabei legt der Bürger fest, welche Daten nicht zu Forschungszwecken geteilt werden sollen.
Durch Nutzung medizinischer Daten kann man ein lernendes System etablieren, das die Entwicklung von Innovationen und deren Integration in die Regelversorgung beschleunigt.
Handlungsempfehlung: Industrielle Gesundheitswirtschaft – der Zugang zu medizinischen Daten sollte auf Unternehmen beschränkt sein, bei denen Entwicklung und das Inverkehrbringen medizinischer Produkte geregelt sind und überwacht werden. Eine Weitergabe von anonymisierten Daten für Forschungszwecke zwischen entsprechend autorisierten Organisationen ist verpflichtend. Die reine Weitergabe von Daten sollte keinen signifikanten wirtschaftlichen Nutzen generieren, sondern erst deren innovative Nutzung.
Für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten muss flächendeckend und EU-kompatibel eine öffentliche Infrastruktur mit nachhaltiger Ressourcenausstattung zur Verfügung stehen.
Handlungsempfehlung: Vernetzung zentraler und verteilter Datencluster – dazu soll eine Institution im Sinne eines Forschungsdatennetzes aufgebaut werden. Es ist sicherzustellen, dass die Daten aus bereits bestehenden Datenbanken auch im Forschungsdatennetz genutzt werden können.
Unser Ziel ist ein lernendes und sich ständig verbesserndes Gesundheitssystem, das eine ergebnisorientierte Versorgung für alle Patienten sicherstellt. Dieses Ziel erfordert die Nutzung der Gesundheitsdaten für eine zeitnahe Umsetzung qualitätssichernder und neuer präventiver, diagnostischer und therapeutischer Lösungen.
Handlungsempfehlung: Produkte entwickeln und Wissen teilen – die Nutzung von „Real World Daten“ für die privatwirtschaftliche und akademische Forschung erfolgt mittels anonymisierter und pseudonymisierter Gesundheitsdaten unter Wahrung aller gesetzlichen Regelungen, um neue Arzneimittel, Medizintechnologien oder datenbasierte Gesundheitsprodukte rasch in die Versorgung zu den Patienten zu bringen.
Die digitale Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist in Deutschland noch mit Ängsten und Unklarheiten behaftet. Deswegen müssen sowohl Geber als auch Nehmer wissen, dass klare Regeln und höchste Sicherheitsstandards bei der Nutzung von Gesundheitsdaten zur Anwendung kommen.
Handlungsempfehlung: Kompetenzaufbau der Bürger – um eine bewusste Entscheidung von Bürgern zu ermöglichen, muss ein entsprechender Kompetenzaufbau durch geeignete Informationskampagnen gewährleistet sein. Er kann beispielsweise in Schule, Lehre, Fachausbildung und sonstiger Aus-, Weiter- und Fortbildung erfolgen.
Kongressbericht: 7. Interdisziplinäres Symposium „Innovations in Oncology – Vision Zero“