Brustkrebs Brust erhalten ja oder nein – Leitlinien weisen den Weg

Autor: MPL-Redaktion

Eine vollständige Heilung ist heute möglich. © iStock/Staras

Nach der Diagnose Brustkrebs wünschen sich viele Frauen eine brust­erhaltende Operation. Lesen Sie in Perspektive Leben, wann diese Methode eingesetzt werden kann und warum eine umfassende Aufklärung darüber so wichtig ist.

Ist Krebs in der Brust diagnostiziert, sind Operation, Chemotherapie und Bestrahlung meist die Mittel der Wahl. Welche Behandlungsmethoden zu welchem Zeitpunkt zum Einsatz kommen, hängt von ganz vielen und ganz individuellen Faktoren ab.

Die Leitlinien versammeln Erfahrung

Bei der Therapieplanung und Behandlung greifen die Ärzte und Behandler daher meist auf die „Interdisziplinäre S-3-Leitlinie für die Diagnostik,Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms“ zurück.

„Dieser permanente wissenschaftliche Austausch hat die Behandlungen dieser Krebsart so stark verbessert, dass sehr viele Patienten vollständig geheilt werden können, wenn das Karzinom rechtzeitig entdeckt wird“, sagt Dr. Mario Marx, Chefarzt der Klinik für Brustchirurgie an den Elblandkliniken in Radebeul. „Die interdisziplinäre S-3-Leitlinie weist den Ärzten und den betroffenen Patientinnen den Weg zu einer optimierten Behandlung.“ Untersuchungen zeigen nämlich eindeutig, dass Patienten bessere Aussichten auf Heilung haben, wenn sie diesen Leitlinien entsprechend behandelt werden. Daher rät Dr. Marx: „Wenn immer möglich sollen sich Brustkrebspatienten in einem anerkannten und zertifizierten Brustkrebszentrum vorstellen, das nach diesen Leitlinien arbeitet. Dort können sie sehr sicher sein, dass die individuell beste Therapie, entsprechend den aktuellen Leitlinien, geplant und durchgeführt wird.“

Die Leitlinien weisen in den allermeisten Fällen eindeutig in die eine oder andere Richtung. Sowohl für den Arzt und den Patienten besteht also meist kein Zweifel, ob die Brust vollständig abgenommen werden muss oder ob brusterhaltend operiert werden kann. Wenn eine Zweitmeinung eingeholt wird, ist das ein Zeichen von Souveränität von Patientin und Arzt. Für einen individuell abgestimmten Weg in der Behandlung gibt es genügend Spielraum, denn die Leitlinien sind keine Richtlinien.

Die Brust erhalten – ein häufiger Wunsch

Alle betroffenen Patientinnen müssen vor der Behandlung, im Wissen um die Diagnose, über die Möglichkeiten einer brusterhaltenden Behandlung mit Bestrahlung und einer Brustdrüsenentfernung sowie die entsprechenden Operationsmethoden aufgeklärt werden.

Bei der brusterhaltenden Operation wird lediglich das Tumorgewebe und dessen Tumorvorstufen und ein Saum mit offensichtlich gesundem Brustgewebe um den Tumor herum entfernt. Damit soll sichergestellt werden, dass möglichst alle kranken Zellen aus der Brust entfernt sind. Das restliche gesunde Drüsengewebe, die Haut und die Brustwarze sollen dabei so gut wie möglich erhalten bleiben. Das entfernte Gewebe wird zur weiteren Untersuchung in die Pathologie weitergereicht, und dort werden umfangreiche Untersuchungen zum Tumor und zu den Lymphknoten durchgeführt.

Diese Untersuchungen dauern ein paar Tage. Konnten nicht alle Tumorzellen entfernt werden, muss über eine erneute Operation entschieden werden.

Nach einer brusterhaltenden Operation wird eine Bestrahlung der operierten Brust und gegebenenfalls der Lymphabflusswege vorgenommen. „Eine brusterhaltende Operation mit Entfernung der notwendigen Lymphknoten ohne Bestrahlung führt zu einer dramatisch hohen Wiedererkrankung der operierten Brust, einem sogenannten Lokalrezidiv“, sagt Dr. Marx. „Regelmäßige Nachuntersuchungen sichern ab, dass Rezidive frühzeitig entdeckt werden.“

Die Krankheit bestimmt die Behandlung

„Natürlich wünschen sich die Patienten, dass die Eingriffe so gering wie nötig sind“, betont Dr. Marx. „Das berücksichtigen wir bei der Therapieplanung immer.“ Aber der Fokus liegt in dieser Phase der Behandlung ganz klar auf dem Kampf gegen den Krebs. Darüber hinaus ist auch zu bedenken, dass brusterhaltende Operationen nur bei bestimmten Krebsarten möglich sind. Zudem muss das Verhältnis von Tumor- und Brustgröße klein sein. Dies ist deshalb so wichtig, weil der Operateur um den Tumor herum zur Sicherheit gesundes Gewebe operieren muss. Je nachdem wie viel Brustgewebe entnommen werden muss, kann sich der kosmetische Eindruck der Brust verändern.

Ist die Lage aber nicht eindeutig, muss gut überlegt werden, was zu tun ist. Dann sind Arzt und Patient gefordert, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. „Dabei ist eine gute und umfassende Aufklärung das A und O. Es gilt, Chancen und Risiken angemessen gegenüberzustellen“, sagt Dr. Marx.

Dafür verwendet der erfahrene Arzt gerne einen Vergleich: Wenn man mit einem Röntgengerät in einer Kirschtorte einen Kirschkern entdecken würde, könnte man das Tortenstück herausnehmen, ohne dass die anderen Stücke davon betroffen oder weitere Kirschkerne in der Torte zu erwarten sind.

„Das ist im Brustgewebe aber ganz anders“, betont Dr. Marx. „Die Brust ist nämlich keine Torte.“ Die Brust ist von einem Milchgangsystem individuell durchwoben, über das sich der Krebs unentdeckt verbreiten kann. „Im Kampf gegen den Krebs müssen wir uns aber ganz sicher sein, dass keine weiteren Tumorherde in der Brust verbleiben“, sagt Dr. Marx. „Deshalb sind die Grenzen für die brusterhaltende Operation in den Leitlinien so klar gezogen worden.“

Aufbau der weiblichen Brust

Die weibliche Brust besteht aus der Brustdrüse mit dem sie umgebenden Fett- und Bindegewebe sowie den Nerven und Gefäßen, die das Gewebe versorgen, sowie der Haut, der Brustwarze und dem Warzenvorhof.

Das Drüsengewebe innerhalb der Brust läuft auf die Brustwarze zu und mündet dort im Milchkanal nach außen. Um den Ort einer Veränderung in der Brustdrüse erkennen und angeben zu können, wird die Brust in vier Quadranten eingeteilt.

Die meisten Tumoren wachsen übrigens nach den ärztlichen Erfahrungen im Quadranten außen oben, also zwischen Schlüsselbein und Achselhöhle.

Die zweite Meinung

Die Leitlinien, die die Ärzte anwenden, können von Patientinnen gut verstanden werden, da diese gemeinsam mit den Patientinnenvertretern erstellt wurden. Zum besseren Verständnis stehen medizinischen Laien darüber hinaus sogenannte Patientenleitlinien unter dem Stichwort „Patientenleitlinie Brustkrebs“ im Internet zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe können Patienten Therapiepläne und dergleichen oft sehr viel besser nachvollziehen und verstehen. „In den allermeisten Fällen haben die Patienten auch noch ausreichend Zeit, sich eine zweite Meinung eines Kollegen einzuholen“, sagt Dr. Marx. „Diese zweite Meinung schafft dann die für den Betroffenen so wichtige Sicherheit, dass der Arzt zusammen mit dem Patienten das richtige Vorgehen entschieden hat und die Behandlung erfolgreich angegangen werden kann und verläuft.“


Dr. Mario Marx; Chefarzt der Klinik für Brustchirurgie, Elblandkliniken Radebeul © privat