Komplementäre Medizin Ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität im Alltag statt alternativer Medizin
Oft fragen sich Patienten und Angehörige, ob es Alternativen zu der konventionellen Behandlung bei Krebs gibt. „Die Antwort darauf ist ganz einfach. Ein klares Nein!“, sagt Professor Dr. Jutta Hübner von der Klinik für Innere Medizin II der Universitätsklinik in Jena. „Die auf Leitlinien gestützte Behandlung von Krebs ist und bleibt das Maß der Dinge.“ Leitlinien beschreiben wissenschaftlich begründete und praktikable Vorgehensweisen und Behandlungskonzepte. Sie decken auch die Supportivtherapien ab, sprich die Behandlung der Nebenwirkungen.
Im Gegensatz zu den sogenannten alternativen Behandlungen soll die ergänzende oder auch komplementäre Medizin die eigentliche medizinischen Therapie sowie die Behandlung der Nebenwirkungen unterstützen. Sie sind oft fester Bestandteil im Therapieplan. „Allerdings werden unter den komplementären Ansätzen auch Methoden angeboten, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist“, sagt Prof. Hübner. In Kürze wird die Leitlinie Komplementärmedizin veröffentlicht. Ihr zugrunde liegen wissenschaftliche Ergebnisse aus Studien. „Diese zeigen sehr deutlich, dass alternative Ansätze zu einer schlechteren Prognose der Patienten führen. Für viele durchaus häufig verwendete Methoden wie zum Beispiel homöopathische und anthroposophische Konzepte fehlt der Beweis einer Wirkung, die über den Placeboeffekt hinausgeht. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von der fehlenden wissenschaftlichen Evidenz der Wirksamkeit. Daher rate ich von diesen Methoden ab. Das spart Geld und wertvolle Zeit“, so Prof. Hübner.
Glauben durch Wissen ersetzen
Zudem wird bei diesen Konzepten medizinisches Fachwissen des Arztes durch den Glauben an den Homöopathen oder Heiler verdrängt. Dies kann in ungünstigen Fällen unerwünschte Wechselwirkungen mit der evidenzbasierten Behandlung hervorrufen oder dringend notwendige Therapien verzögern. Seriöse Behandler werden daher immer diese Gefahren benennen und darauf hinweisen, dass für keine alternative Therapie ein Wirksamkeitsnachweis erbracht wurde.
Wenn dieser Nachweis fehlt, fällt bei alternativen und komplementären Behandlungen häufig das Stichwort Placeboeffekt. „Dies ist deshalb ein schlechtes Argument, weil kein Betroffener mit dem Glauben an diesen Scheineffekt eine wirkungsvolle Behandlung ersetzen würde, wenn er vollständig um die Unwirksamkeit und Risiken der Methode weiß“, führt Prof. Hübner aus. „Daher versuche ich in meinen Beratungen immer, das Selbstvertrauen der Patienten und ihrer Angehörigen zu stärken. Wenn die Betroffenen selbst wissen, was ihnen gut tut und wie sie sich stärken können, braucht es keinen Glauben in unbewiesene Heilversprechen von Homöopathika oder dergleichen.“
In vielen Studien bewiesen
Die Frage ist dann: Was kann ich selber tun? „Ganz einfach: Ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität sind die wesentlichen Elemente der seriösen komplementären und integrativen Onkologie“, betont Prof. Hübner. „Mit diesen Mitteln – täglich angewendet – kann die Prognose erheblich verbessert werden. Dieser statische Wert ist in vielen Studien wissenschaftlich belegt.“ Ebenso sind positive Effekte in Bezug auf Stimmung, Schmerzen, Nebenwirkungen und Heilprozesse bewiesen.
Gesunde Ernährung
„Wer von allem ausreichend isst, ernährt sich gesund und ausgewogen“, sagt Prof. Hübner. „Das heißt, keine Diäten oder Lebensmittel ausschließen, dazu selten Fertig- oder Halbfertiggerichte. Am besten nimmt man sich ein gutes altes Kochbuch und kocht wie die Großmutter mit regionalen und saisonalen Produkten, die es heute in jedem Supermarkt oder Laden um die Ecke gibt. Nahrungsergänzungsmittel können, abgesehen von ärztlichen Verordnungen, ebenso wie sogenanntes Superfood im Regal stehen bleiben. Das spart Geld und schont die Umwelt.“
Fordernde Bewegung
Zur Bewegung gehört jede körperliche Aktivität. Egal ob im Beruf, im Fitnessstudio oder im Garten. „Wichtig ist, dass man sich so bewegt, dass der Körper gefordert wird“, erklärt Prof. Hübner. „Ein Beispiel macht dies deutlich: Wer sich bisher nicht oder kaum bewegt und körperliche Anstrengung eher nicht mag, fängt damit an, den einen oder anderen Kaffee nicht mehr zu Hause, sondern im Café um die Ecke zu trinken. In der zweiten Woche geht man dann ins Café an der übernächsten Ecke und so weiter.“
Bewegung, Aktivierung und Entspannung
Krebs und Sport – geht das überhaupt zusammen? Auf jeden Fall! Im Gespräch mit Expertinnen und Experten erfahren Betroffene, worauf bei sportlicher Betätigung zu achten ist und warum auch das Thema Entspannung zu einem guten Trainingsplan dazugehört.
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Für Fittere kann der flotte Spaziergang oder der Besuch im Fitnessstudio das Richtige sein. Eine kurze Rücksprache mit dem Arzt gibt Sicherheit, sich nicht zu über- oder unterfordern. Die Landeskrebsgesellschaften und Krankenkassen stehen mit Rat und Tat bereit, Sportgruppen zu finden, die sich speziell an Krebspatienten wenden und nach der Coronakrise wieder aktiv werden können. Entsprechende Angebote finden sich zum Thema Kochen und Ernährung. „Das Motto dabei ist, (fast) alles, was Spaß macht, ist auch erlaubt – es kommt auf die Mengen an“, sagt Prof. Hübner. „Denn ohne Spaß, werden alle Vorsätze rasch über Bord geworfen und man fällt in den alten Trott zurück.“