Unseriöse Heilungsversprechen Wunderheiler erkennen – und unbedingt meiden!

Autor: Tina Krepela

Patienten müssen unbedingt lernen, zwischen echten und falschen Freunden zu unterscheiden. © iStock/SDI Productions

Immer wieder lehnen Krebspatienten bewährte schulmedizinische Behandlungsangebote ab und vertrauen dubiosen Heilversprechen von Scharlatanen. Diese treten im Gewand seriöser und vertrauenswürdiger Menschen auf. Lesen Sie in Perspektive LEBEN einen eindrücklichen Erlebnisbericht. Ein Scharlatan schleicht sich in die Krankheit und das Leben einer Freundin – und weiht sie einem frühen Tod.

Im letzten Jahr verstarb meine Freundin an den Folgen ihres unbehandelten Brustkrebses mit gerade 53 Jahren. Heute besuche ich die Tochter. Sie feiert ihren 24. Geburtstag. Die Sonne scheint, es duftet nach Kaffee. Zwischen den Tischgesprächen entsteht eine unterschwellige, aber dennoch deutlich spürbare Stille – wir sind bedrückt. Es ist die zweite Geburtstagsfeier ohne sie. Ihr fröhliches Wesen, ihr Lachen, ihre Anwesenheit fehlt in der Runde von Familie und Freunden.

Und da sitzt sie – im Kreise dieser Familie, die einen ihrer Menschen verloren hat: Heike, Heilpraktikerin. Eine Frau, die zu beeindrucken weiß und Vertrauen erweckt: weltoffen, freundlich, jovial, intellektuell, zugewandt und religiös. Sie wirkt sehr überzeugend.

Und behauptet, Menschen und Tiere mit Magneten zu heilen: Sie entfernt Parasiten, die zum Beispiel Krebs verursachen, mit der Kraft des Magnetismus. Sie ist die erste, die meine Freundin in ihrem Krankenbett tot gesehen hat – noch vor den Stationsärzten. Mit einem stolzen Unterton erzählt sie, dass sie etwas „gespürt“ hat. Deshalb ist sie ins Krankenhaus gefahren. Sie unterstreicht damit ihre Kompetenz und Hingabe zum Beruf und Klienten. Ich frage mich: Welches ist der schlimmste Parasit? Ein Bakterium? Ein Virus? Ein Darmwurm? Ein Krebs? Nein – Gedanken sind die gefährlichsten Parasiten: resistent und hochansteckend.

Die Diagnose

Und ich erinnere mich an die Geschichte meiner Freundin Susanne und ihren Kampf gegen den Krebs. Ein Kampf, bei dem die Medizin keine Chance bekam. Vor drei Jahren ertastet Susanne einen Knoten in der linken Brust. Die Diagnose Brustkrebs wird rasch durch die Mammographie gestellt und mit der anschließenden Biopsie differenziert bestätigt.

Kontakt

Das Infonetz Krebs der Deutschen Krebshilfe berät Betroffene nach einer Krebsdiagnose.

Die Ärzte im Brustkrebszentrum der Universitätsklinik entwickeln den Behandlungsplan mit Operation, Chemo- und Strahlentherapie. Sie betonen die Dringlichkeit und Entschlossenheit, mit der diese Form des Krebses bekämpft werden muss. Basis dafür sind Leitlinien und die Erfahrung aus tausenden erfolgreichen Behandlungen. Ich machte mir damals Sorgen, war aber auch zuversichtlich, denn die Prognose war sehr positiv. Sie klären meine Freundin auch über die Risiken und Gefahren auf.

Die Entscheidung und Konsequenz

Das ist der Punkt, an dem meine Freundin den medizinischen Weg verlässt, sich ausschließlich in die Hände von Heilpraktikern begibt und dubiose Netzwerke besucht. Dort wird ihr eine „sanfte Heilung“ ohne den Eingriff der Brustamputation versprochen. Und: „Chemotherapie ist garantiert tödlich“, behaupten die selbsternannten Heiler. Der Gedanke an die sanfte Heilung setzt sich im Verstand von Susanne fest – wie ein Parasit verbreitet er sich und wird immer stärker. Die Heilpraktikerin Heike ist die Einflussreichste unter ihnen. Immer wieder erzählt Susanne von den wohltuenden Gesprächen mit Heike.

Wunderheilungen gibt es nicht!

Vorsicht bei sogenannten „Alternativen Behandlungen“! Heilpraktiker können ergänzend zur Schulmedizin oft eine echte Hilfe für die Betroffenen sein. Sie sind jedoch nie eine Alternative. Und dabei gilt, dass jede Behandlung mit dem behandelnden Arzt besprochen werden muss.

Nur so kann sichergestellt werden, dass entsprechend den Leitlinien und den medizinisch wissenschaftlichen Standards behandelt wird und damit auch unerwünschte Neben- oder Wechselwirkungen vermieden werden. Im Zweifel muss immer eine zweite Meinung in einem spezialisierten Krebszentrum eingeholt werden. Lehnen die Anbieter dies ab, ist höchste Vorsicht geboten.

Wichtige Fragen, um seriöse von unseriösen Methoden zu unterscheiden, sind:

  • Ist die Methode in den Leitlinien enthalten?
  • Wo ist der Nutzen der Methode bewiesen worden?
  • Welche Nebenwirkungen hat die Methode?
  • Bezahlt die Kasse für diese Behandlung?

Größte Vorsicht ist geboten, wenn

  • die Methode gegen alle möglichen Krankheiten wirkt,
  • keine Nebenwirkungen beschrieben werden,
  • die Methode als Alternative zur Operation, Chemotherapie oder Strahlentherapie angeboten wird,
  • nicht mit dem Arzt darüber gesprochen werden soll,
  • ein Vertrag als Privatpatient unterschrieben werden und Klauseln zugestimmt werden muss, dass die Therapien nicht dem schulmedizinischen Standard sowie den Leitlinien entsprechen und diese Behand­lungen ausdrücklich gewünscht werden.

Ich sehe jedoch, dass es ihr immer schlechter geht. Mir wird klar, dass meine Freundin keine Chance hat – keine Chance gegen den Einfluss dieser Person. Sie setzt die Parasiten mit perfekter Tarnung ein. Ich bin eine der Letzten, die Susanne lebend gesehen hat – abgemagert, ausgezehrt, dem Tod geweiht. Brustkrebs im Endstadium – medizinisch unbehandelt.

Ich bin mir damals und heute sicher: Meine Freundin wurde von Scharlatanen in den sicheren Tod begleitet. Der Schulmedizin geben sie keine Chance, die frühe Katastrophe abzuwenden. Heike behandelt meine Freundin bis zum Schluss mit zwei Magneten, die an bestimmten „Energie-Punkten“ aufgelegt werden. So sollen Parasiten ihre angeblich krankheitserregende Kraft verlieren. Diese seien die Ursache für den Krebs. Der Körper könne sich dann selbst, ganz ohne Amputation der Brüste, davon befreien. Meine Freundin ist tot. Ihre Brüste hat sie behalten.